GastroSuisse lehnt es ab, dass sich die Schweiz gesetzlich zum Netto-Null-Ziel bis 2050 verpflichtet. Damit fordert das vom Parlament verabschiedete Gesetz faktisch ein Verbot von Heizöl, Gas, Diesel und Benzin. In der Folge steigt der Strombedarf bis 2050 massiv. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass man diesen zusätzlichen Strombedarf (im Inland) decken kann. Das wird zusätzlich zu einer Versorgungslücke, zu einer Energie- und Stromkrise führen.Von Casimir Platzer, Präsident GastroSuisse
Von Casimir Platzer, Präsident GastroSuisse
Bereits heute haben wir Mühe, die Kernkraftwerke zu ersetzen und den durch Technologisierung und Digitalisierung steigenden Strombedarf zu decken. Solange wir nicht wissen, wie wir die Ziele erreichen, gehören die Ziele nicht in ein Gesetz geschrieben. Wo die Nachfrage das Angebot übertrifft, können die Preise geradezu explodieren! Einen Vorgeschmack darauf hatten wir im letzten Jahr. Die Energiemärkte reagieren besonders sensibel auf eine Angebotsverknappung, auch aufgrund der besonderen Preisbildung in der Energiewirtschaft.
Die Schweiz hat sich bereits im Pariser Klimaabkommen zum Netto-Null-Ziel bekannt. Auch GastroSuisse unterstützt das Netto-Null-Ziel. Jedoch ist nicht garantiert, dass wir es in der vorgegebenen Frist tatsächlich erreichen. Für den Fall, dass die Ziele verfehlt werden, braucht die Schweiz den notwendigen Handlungsspielraum, auf fossile Energieträger zurückgreifen zu können. Andernfalls werden Energiesicherheit und Preisstabilität akut gefährdet sein.
Das Gastgewerbe lebt davon, seiner Kundschaft den bestmöglichen Service zu bezahlbaren Preisen bieten zu können. Aber dafür müssen Hotels und Restaurants beheizt werden und Essen muss gekocht werden können. Angesichts der relativ moderaten Margen ist das Gastgewerbe zwangsläufig auf stabile Strompreise angewiesen. Sprunghafte Preisentwicklungen belasten das Gastgewerbe stark. Dementsprechend sind die steigenden Betriebskosten aktuell die grösste Sorge im Gastgewerbe. Im Jahr 2022 gaben 83,3 Prozent der befragten Verbandsmitglieder an, dass die steigenden Betriebskosten zu den drei grössten Herausforderungen zählen. Dieser Anteil ist seit 2021 um fast das Dreifache gestiegen. Die Energiekosten haben sich teilweise vervielfacht. Das SRF hat letzten Oktober getitelt: «Strompreis-Schock für grösstes Basler Kaffeehaus». Statt 20’000 Franken musste das Kaffeehaus bei gleichem Stromverbrauch fast 200’000 Franken für Strom pro Jahr bezahlen. Meine Damen und Herren, das war bereits im Jahr 2022 kein Einzelfall und könnte mit dem neuen Stromfresser-Gesetz schon bald zur Normalität werden.
GastroSuisse lehnt es ab, dass die Politik auf dem Buckel der KMU das Netto-Null-Ziel mit einer Frist ins Gesetz festschreibt, solange die Entscheidungsträger nicht dafür garantieren, dass das Ziel ohne drastische Kostensteigerungen erreicht wird. Für unseren Verband ist klar: Bevor Verbote verhängt werden, müssen zuerst Lösungen auf den Tisch und Massnahmen umgesetzt werden, welche die Versorgungssicherheit unseres Landes sicherstellen. Ansonsten droht uns früher oder später ein böses Erwachen.
Das Nein von GastroSuisse zum Stromfresser-Gesetz bedeutet nicht ein Nein zum Klimaschutz! Eine Netto-Null-Gesellschaft muss das Ziel sein. GastroSuisse ist der Klimaschutz ein grosses Anliegen. Der Wintertourismus leidet immer stärker unter dem Klimawandel. Der Verband engagiert sich seit Jahren für Energiesparmassnahmen, für eine Reduktion von Lebensmittelabfällen und für einen nachhaltigen Tourismus. Das Gastgewerbe ist sich seiner Verantwortung bewusst. Es ist darum bemüht, seinen Teil dazu beizutragen, damit das Netto-Null-Ziel erreicht wird.
So unterstützen wir unsere Mitglieder beispielsweise mit Tipps zum Energiesparen, etwa in der Form einer Checkliste, die 90 Energiespartipps für die Branche zusammenfasst. Seit 2019 bewerben wir gegenüber unseren Mitgliedern die professionelle Energieberatung für KMU mit unserem Projekt PEIK. In diesem Pilotprojekt unterstützen wir Verbandsmitglieder sogar finanziell, wenn sie eine PEIK-Energieberatungen in Anspruch nehmen. Zudem sensibilisieren wir die Branche laufend übers Energiesparen. Auch die gastgewerblichen Betriebe sind sehr aktiv. Und mir persönlich kann auch niemand Tatenlosigkeit vorwerfen. Unser Hotel in Kandersteg wird seit über 20 Jahren mit Holzschnitzel geheizt. Seit fast 30 Jahren haben wir ein Storm-Lastenmanagementgerät im Einsatz, welches die Stromspitzen bricht, und ich selber fahre seit über 8 Jahren elektrisch.
Aber ein Netto-Null-Ziel kann man nicht per Gesetz daherreden. Gemäss der Vorlage des Stromfresser-Gesetzes müssen alle Unternehmen in der Schweiz bis spätestens 2050 Netto-Null-Emissionen ausweisen. Wie jedes der 30’000 gastgewerblichen Unternehmen dieses Ziel erreichen soll, wie es die enormen Investitionen und die viel höheren Strompreise finanzieren kann und vor allem wie die Zielerreichung nachgewiesen werden soll, steht in den Sternen. Die Gesetzesvorlage liefert keine Antworten darauf. Es droht ein enormer administrativer Aufwand für die KMU. Das Gesetz regelt weder die genauen Pflichten der Unternehmen noch die Frage der Sanktionierung. Diese Aspekte werden erst nachträglich geregelt. Solange das Parlament keine verlässlichen Pläne präsentieren kann, stellen gesetzlich festgeschriebene Ziele ein ernstzunehmendes Risiko dar.
Geschätzte Damen und Herren, noch mehr für den Strom bezahlen? Nein Danke.