Die Kostenbremse-Initiative ist nicht zielführend – es braucht umsetzbare Lösungen und mehr Wettbewerb

Wir alle ärgern uns über die stark steigenden Krankenkassenprämien und die Kostensteigerung im Gesundheitswesen. Während die Löhne in den letzten 10 Jahren im Durchschnitt 6 Prozent gewachsen sind, stiegen die Kosten in der obligatorischen Krankenversicherung um sagenhafte 31 Prozent. Unser Gesundheitswesen gilt als eines der Besten der Welt. Aber wohl auch als eines der Teuersten.

Esther Friedli
Esther Friedli
Ständerätin Ebnat-Kappel (SG)

Dass die Gesundheitskosten in den letzten Jahren so stark gestiegen sind, hat mehrere Gründe:

  • Der Staat breitet sich im Gesundheitswesen immer mehr aus. Es wird immer mehr reguliert und kontrolliert. Die Bürokratie hat stark zugenommen – es müssen immer mehr Dinge notiert werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen klagen über die hohe Pflicht, alles schriftlich festzuhalten.
  • Es gibt immer weniger Wettbewerb – und dies auch, wie vorhin genannt, weil sich der Staat immer mehr ausbreitet.
  • Die Gesellschaft verändert sich. Wir werden alle immer älter und der Anteil der Menschen über 70 Jahre in der Gesellschaft wird grösser. Zudem nehmen auch chronische Erkrankungen zu.
  • Der medizinische und technologische Fortschritt bringt auch mit sich, dass neue Therapien immer teurer werden. Und diese neuen Therapien wollen wir im Krankheitsfall auch gerne nutzen.
  • Es bestehen im Gesundheitswesen immer noch viele Fehlanreize, Doppelspurigkeiten und ineffiziente Strukturen.
  • Der «Rundumservice» ist für alle Leute, die in unserem Land leben, verfügbar – selbst wenn sie erst seit kurzem hier leben und noch keinen Beitrag zur Finanzierung geleistet haben.

Sie sehen, es besteht viel Handlungsbedarf.

Am 9. Juni stimmen wir über die Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen», die sogenannte Kostenbremse-Initiative der Mitte ab. Die Initiative hat einen attraktiven Titel – wer will schon nicht tiefere Prämien? Wer will im Gesundheitswesen keine Kostenbremse?

Doch was will die Initiative genau: Die Initiative verpflichtet den Bund, in der obligatorischen Krankenversicherung eine Kostenbremse einzuführen. Dies in Zusammenarbeit mit den Kantonen, den Krankenkassen und den Erbringern der medizinischen Leistungen, beispielsweise Der Ärzteschaft. Dabei muss der Bund dafür sorgen, dass die Kosten nicht viel stärker steigen als die durchschnittlichen Löhne und die Gesamtwirtschaft. Beträgt das Kostenwachstum zwei Jahre nach Annahme der Initiative mehr als 20 Prozent des Wachstums der Löhne und haben die Kassen und Leistungserbringer – also die Tarifpartner – keine kostendämpfenden Massnahmen beschlossen, dann müssen Bund und Kantone entsprechende Massnahmen ergreifen. Diese Kostenbremse muss bereits im darauffolgenden Jahr Wirkung zeigen.

Das ist wohl gut gemeint und auch verlockend. Aber bei genauem Hinsehen erweist sich das, was gut gemeint ist, oft als schlecht. Oder in der Medizinsprache gesprochen «Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker».

Die Risiken und Nebenwirkungen dieser Initiative sind die starre Koppelung an die beiden Punkte «Kosten der schweizerischen Gesamtwirtschaft» und «Entwicklung durchschnittliche Löhne». Die Koppelung nur an diese beiden Faktoren ist nicht zielführend, weil sie zu einseitig ist. Problematisch ist zudem, dass diese Initiative – wie dies schon bei anderen Initiativen der Fall war – überhaupt nichts darüber aussagt, wie die Kosten im Gesundheitswesen gebremst werden sollen geschweige denn dazu, was die Konsequenzen sind. Im schlimmsten Fall würde die Initiative zu einer Rationierung im Gesundheitswesen führen. Das kann aber nicht unsere Absicht sein.

Im Gegensatz zu anderen Volksinitiativen hat das Parlament hier einen sogenannten indirekten Gegenvorschlag erarbeitet. Dieser tritt in Kraft, wenn die Initiative abgelehnt wird.

Warum ein indirekter Gegenvorschlag? Was die Initiative richtig aufnimmt: Die Kosten im Gesundheitsbereich wachsen völlig unkontrolliert. Es ist eigentlich der einzige Bereich im Sozial- und Gesundheitswesen, der noch keine Ziele zur Dämpfung der Kosten hat. Daher wurden im indirekten Gegenvorschlag Kosten- und Qualitätsziele in der obligatorischen Krankenkassenversicherung aufgenommen. Damit soll die Kostenentwicklung gestoppt werden. Aber es soll eben nicht nur die Entwicklung der Löhne berücksichtigt werden, sondern auch die Demografie und der technologische Fortschritt. Aktuell beraten wir im Parlament die Vorlage mit dem Titel «Kostendämpfungspaket». Wir haben uns in der Gesundheitskommission gerade diese Woche intensiv mit verschiedenen Vorschlägen befasst, wo Kosten gespart werden können. Dabei wird alles berücksichtigt – die Medikamente, die Leistungserbringer, Fehlanreize, etc.

Ich bitte Sie, die starre Initiative der Mitte klar abzulehnen. Wir brauchen im Gesundheitswesen umsetzbare Lösungen und mehr Wettbewerb. Damit wir alle auch in Zukunft bei Krankheit oder Unfall auf die bestmögliche Gesundheitsversorgung zählen können.

Esther Friedli
Esther Friedli
Ständerätin Ebnat-Kappel (SG)
 
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