Die Volksschule hat den Auftrag, Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen sowie soziale Fähigkeiten zu vermitteln. Diese Kompetenzen bilden die Basis für lebenslanges Lernen und eine erfolgreiche schulische oder berufliche Laufbahn.
Als langjähriger Bildungsdirektor eines kleinen Kantons habe ich das Privileg, die Schulen in den 11 Gemeinden von Nidwalden mindestens einmal pro Schuljahr zu besuchen. Dadurch erhalte ich regelmässig wertvolle Einblicke ins Schulgeschehen, kann den Puls vor Ort spüren und den Austausch mit Schulbehörden, Schulleitungen sowie Lehrpersonen intensiv pflegen. Zudem kann ich auf Basis dieser Erfahrungen Fehlentwicklungen korrigieren. Seit 2010 habe ich als Bildungsdirektor folgende Massnahmen umgesetzt:
Wiedereinführung der Notengebung in der 3. und 4. Klasse. Zuvor
erhielten Kinder erst ab der 5. Klasse Noten (2013).
- Beibehaltung des traditionellen Kindergartens wobei nur eines der beiden Kindergartenjahre obligatorisch ist. Dies wurde durch einen Volksentscheid bestätigt. Nidwalden verzichtet auf das Modell der Grund- oder Basisstufe (2015).
- Stärkung der Grundkompetenzen in der Primarschule durch die Einführung von 273 zusätzlichen Lektionen (+20%) in Deutsch und Mathematik (2015/16).
- Beibehaltung der Fächer Geschichte und Geografie als benotete Fächer, auch im Rahmen des Lehrplans 21 (2017).
- Abschaffung des «lautgetreuen Schreibens» um korrektes Schreiben von Anfang an zu fördern (2018).
- Erhöhung des Einschulungsalters um vier Monate ab 2020. Entgegen dem landesweiten Trend sollen die Kinder in Nidwalden später und reifer in den Kindergarten eintreten (2020).
- Einführung neuer Leistungstests, die den Lernerfolg in allen Gemeinden überprüfen.
- Intensivierung der kantonalen Schulaufsicht.
Unsere Nidwaldner Schulen bereiten unsere Kinder und Jugendlichen hervorragend auf das Berufsleben vor – wovon unter anderem die Lehrabschlussquote von 98-99% in der Berufsbildung in den letzten Jahren zeugt –womit Nidwalden schweizweit führend ist. Auch beim Fremdsprachenaustausch – der in enger Zusammenarbeit mit dem Kanton Wallis stattfindet – belegt Nidwalden eine Spitzenposition.
Allerdings läuft in der Volksschule gemäss meinen Erfahrungen und Beobachtungen noch immer zu viel falsch:
- Der integrative Unterricht ist gescheitert
Nidwalden führte 2010 als erster Kanton das integrative Schulsystem ein. Seitdem beobachte ich die Entwicklung mit wachsender Besorgnis. Der integrative Unterricht überfordert sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Lehrpersonen, was zu einem kontinuierlichen Rückgang der Lernqualität führt. Mein Fazit nach 14 Jahren: In vielen Klassen herrschen Unruhe und ein Mangel an Disziplin, die die Konzentrationsfähigkeit der Schüler stark beeinträchtigen. Wenn Kinder das Klassenzimmer verlassen müssen oder einen Gehörschutz tragen, um sich konzentrieren zu können, deutet dies darauf hin, dass der Unterricht entweder zu wenig geführt ist oder durch verhaltensauffällige Kinder zu stark gestört wird. Es braucht wieder gezielte Förderklassen und zeitlich begrenzte Separationsmöglichkeiten, um betroffene Kinder optimal zu unterstützen und Lehrpersonen zu entlasten.
- Unkontrollierte Zuwanderung wirkt sich auf die Bildung aus
Die unkontrollierte Asyl- und Zuwanderungspolitik führt zu einer stark zunehmenden Zahl fremdsprachiger Kinder in den Klassen, was die Integration erschwert. Durch das Fehlen von Integrationsklassen verschärft sich diese Problematik seit Jahren. Viele Lehrpersonen sehen sich mit einer wachsenden Bandbreite an Leistungsniveaus und Bedürfnissen konfrontiert, die im regulären Unterricht kaum zu bewältigen sind. Ich plädiere für die Errichtung regionaler Integrationsklassen, in denen fremdsprachige Kinder und Jugendliche zunächst die deutsche Sprache auf Niveau A2 erlernen, bevor sie in die Regelklasse aufgenommen werden.
- Grundkompetenzen und sinkende Leistungen
Zahlreiche Tests belegen, dass die Leistungen in den Grundkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen tendenziell sinken. Ohne eine solide Basis in diesen Bereichen wird es schwierig, in anderen Fächern erfolgreich zu sein. Eine stärkere Fokussierung auf diese Grundkompetenzen und die Reduktion der Fremdsprachen im Unterricht sind dringend notwendig.
- Überforderung durch Fremdsprachen
Zwei Fremdsprachen in der Primarschule überfordern viele Schülerinnen und Schüler und führen zu Defiziten in der Schulsprache Deutsch. Die Realität zeigt sich auch in den seit Jahren sinkenden PISA-Resultaten. Eine Fremdsprache in der Primarschule genügt. Hier ist eine Anpassung dringend erforderlich.
- Lehrplan 21 führt zur Überlastung
Der Lehrplan 21 bewertet alle Fächer gleichwertig, was besonders im Bereich der Fremdsprachen zu einer Überlastung führt. Die notwendige Vertiefung in Deutsch und Mathematik kommt dadurch zu kurz. Eine Redimensionierung des Lehrplans ist daher notwendig.
- Noten sind notwendig
Ich bin ein klarer Befürworter von Schulnoten und lehne die aktuelle ideologisch geprägte Debatte über deren Abschaffung entschieden ab. Transparente Leistungsbeurteilungen sind notwendig, um den Lernfortschritt klar zu dokumentieren und kommunizieren. Alternative Beurteilungsformen werden ohnehin in traditionelle Notenmassstäbe übertragen. Sinnvoll erachte ich die Notengebung ab der 2. Primarklasse.
- Korrektes Schreiben statt „lautgetreues Schreiben“
Das lautgetreue Schreiben hat sich als ineffektiv erwiesen. Vielmehr führt dies zu unnötigen Schwierigkeiten und falschen Schreibgewohnheiten, die später nur schwer zu korrigieren sind. Kinder sollen von Anfang an die korrekte Rechtschreibung erlernen, ohne dass dies direkt zu Notenabzügen führt.
- Es braucht mehr Frontalunterricht
Das Konzept des selbstorganisierten Lernens benachteiligt vor allem leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler. Ein geführter Unterricht mit klaren Strukturen ist weitaus effektiver. Frontalunterricht soll wieder vermehrt als erfolgreiche Unterrichtsform anerkannt werden.
- Altersdurchmischtes Lernen schmälert den Lernerfolg
Dort, wo die strukturellen Bedingungen und Klassengrössen eine Zusammenlegung von verschiedenen Jahrgängen sinnvoll machen, wurde dies schon immer so gehandhabt. Wenn jedoch aus rein ideologischen Gründen das altersdurchmischte Lernen durch die Zusammenführung verschiedener Jahrgänge praktiziert wird, überwiegen die Nachteile für den Lernerfolg deutlich gegenüber den vermeintlichen ideologischen Vorteilen. Diese Praxis führt oft zu einer Überforderung der Lehrpersonen und beeinträchtigt den individuellen Lernfortschritt der Schülerinnen und Schüler. Eine Differenzierung im Unterricht kann in solchen Fällen nicht ausreichend gewährleistet werden, wodurch das Lernniveau insgesamt sinkt.
- Genderdebatte ist in der Schule unnötig
Die Genderdebatte und ihre Auswirkungen auf den Schulunterricht sind unnötig. Der Fokus sollte auf der Beherrschung der Sprache liegen, nicht auf ideologischen Diskussionen. LGBT+ Themen haben insbesondere in der Primarschule keinen Platz.
- Sexualerziehung ist primär Sache der Eltern
Die Sexualerziehung liegt primär in der Verantwortung der Eltern. Die Schule kann unterstützend wirken, jedoch muss die elterliche Erziehungskompetenz gewahrt bleiben.
- Digitalisierung im Unterricht – mit Augenmass
Der Einsatz digitaler Mittel soll gezielt und begrenzt erfolgen. Digitale Werkzeuge dürfen den persönlichen Kontakt zwischen Lehrperson und Schülern sowie den traditionellen Unterricht nicht ersetzen.
- Es braucht mehr Praxis an den Pädagogischen Hochschulen
Die Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen ist zu theorielastig. Eine stärkere Praxisorientierung, insbesondere im Bereich der Klassenführung, ist dringend erforderlich.
- Rückbesinnung auf bewährte Methoden
Ich plädiere für eine Rückkehr zu bewährten Lehr- und Lernmethoden. Der Fokus muss auf klaren, praxisnahen Grundlagen liegen, um den Lernerfolg sicherzustellen.
Diese Massnahmen spiegeln meine Überzeugung und meine Erfahrung wider, dass die Volksschule auf klare, praxisnahe und lernwirksame Grundlagen setzen muss, um den Schülerinnen und Schülern eine bestmögliche Bildung zu bieten und sie optimal auf ihre Zukunft vorzubereiten.