Es gilt sowohl das schriftliche wie das gesprochene Wort, wobei sich der Redner vorbehält, stark vom Manuskript abzuweichen.
Mit dem Alter kommt man zur weisen Einsicht: «Es gibt nichts Neues unter der Sonne, stets schon ist es dagewesen.»
Das gilt auch – und vor allem – für die Europapolitik der Schweiz.
Seit dem Ende des Kalten Krieges – 1989 – drängen die Politiker wie verängstigte Hühner unter den angeblichen Schutz und Schirm von internationalen Gebilden. Alle noch so kleinen Figuren spüren Aufbruchstimmung und Grössenwahn. Das Bewährte zählt nicht mehr, dafür das Gernegrosse, das Internationale. Ich höre jetzt noch einen freisinnigen Politiker, der zur 700-Jahrfeier auf dem Rütli sagte: «Wir müssen aufpassen, dass wir nicht vom Sonderfall zum Sonderling werden.»
So ist festzustellen, dass es praktisch alle, die Rang und Namen haben – kurz: die classe politique –, seien es Bundesräte, Parlamentarier, die ganze Bundesverwaltung, praktisch das ganze Verteidigungsdepartement (VBS), fast magisch hineinzieht: in die NATO, die UNO und die EU. Die schweizerische Unabhängigkeit, die Volkssouveränität, unsere Neutralität, die direkte Demokratie missachten sie! Warum?
Die Gründe sind einfach: So kann man sich vom lästigen Schweizer Volk im Nacken befreien. Es passt der classe politique nicht, dass das Schweizer Volk die Macht hat, Gesetzesvorlagen zurückzuweisen und abzusetzen. Die Volkssouveränität diszipliniert die Verwaltung und die Politiker, die ja stets «im Namen des Volkes» handeln sollten.
Es stört die classe politique, dass das Volk der Souverän ist. Aber genau das soll so bleiben, weil das die Stärke der Schweiz ist.
Unbegreiflicherweise streben Bundesrat und mit Sicherheit auch das Parlament wieder einmal in die EU. Selbstverständlich wie stets unter verlockenden Titeln. Einmal lockt man mit der Teilnahme am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), dann wieder mit einem Rahmenvertrag oder gänzlich verlogen: mit «Bilateralen III».
Doch gemeinsam ist allen Begriffen: Es gilt, die Schweiz zu einer Kolonie der EU zu machen, um sie schliesslich in die EU zu führen. Unsere eigenen gewählten Politiker geben die freie, prosperierende und souveräne Schweiz auf, um ihre eigene Bedeutung zu steigern. Auch heute wieder – alles wiederholt sich.
Wie es damals zuging, können Sie nach dreissig Jahren in den Bundesratsprotokollen lesen.
Der Bundesrat stimmte einem EWR-Vertrag nur zu, wenn dieser ein Veto-Recht der Schweiz beinhalten würde, heisst es dort. Doch zwei angesäuselte Bundesräte verspielten dieses Veto-Recht und liessen sich von der EU über den Tisch ziehen. Der Verhandlungsleiter Prof. Dr. Franz Blankart wurde vor die Türe gestellt. Und so stimmten die beiden bundesrätlichen Vertreter dem Vertrag ohne Vetorecht zu. Als man dies realisierte, reichte der Bundesrat – um diesen Nachteil zu beseitigen – ein Beitrittsgesuch ein. Wer, wo, wann welche Rolle gespielt hat, ist interessant zu lesen.
Doch das Schweizer Volk rebellierte. Es ist für die Regierenden keine rühmliche Geschichte.
Am 6. Dezember 1992 verwarfen bei einer Stimmbeteiligung von fast 80 Prozent Volk und Kantone den EWR-Vertrag. Das Schweizer Volk rettete die Schweiz. Doch was wir jetzt über dreissig Jahre erlebt haben, zeigt sich heute schwarz auf weiss: Der Bundesrat peilte das Gegenteil des Volkswillens an, freilich ohne es zuzugeben.
Schauen Sie in die Protokolle von 1994! Sie sind heute zugänglich, sie verraten uns die damalige Stimmung im Bundesrat. Auch ich bin darüber erschrocken. Statt sich Sorgen um Land und Leute zu machen, statt den Willen des Volkes zu akzeptieren, suhlten sich die damaligen Bundesräte in Selbstmitleid, eigenen Befindlichkeiten und ihrem angekratzten Ego.
Ein CVP-Bundesrat – Flavio Cotti – erklärte trotzig, «dass die Volksentscheide die Geschichte dieses Landes nie gestoppt haben». Also weiter wie bisher: auf in die EU und Preisgabe der Schweiz!
Ein FDP-Bundesrat – Kaspar Villiger – behauptete wörtlich: «Es ist bitter für eine Regierung, feststellen zu müssen, dass eine Volksmehrheit Lügnern mehr Vertrauen schenkt.» Zu den Lügnern zählte er aber nicht den Bundesrat, der 1998 die jährliche Zuwanderung mit der EU-Freizügigkeit mit höchstens 8000 bis 10’000 vorausgesagt hat.
Die EU-Turbos gaben nach dem EWR-Nein also nicht auf. Sie retteten sich in den neunziger Jahren mit bilateralen Verträgen. Anstelle von Staatssekretär Blankart schickte der Bundesrat den EU-Turbo Jakob Kellenberger nach Brüssel. Die Schweizer Haltung entspreche jener von «Inselbewohnern mit beschränktem Interesse für das Festland», höhnte Kellenberger. Man log frisch drauf los. Bilaterale Verträge stünden an Stelle des EU-Beitritts, gaukelten die Diplomaten vor, aber in Wirklichkeit hatten sie den Zweck, die Schweiz in die EU zu führen.
So müssen wir uns nicht wundern, dass sie schlechte Bilaterale Verträge aushandelten, speziell die Personenfreizügigkeit mit der EU. Der Bundesrat – insbesondere der Freisinnige Pascal Couchepin – rechnete mit einer jährlichen Zuwanderung von 8000 bis höchstens 10’000 EU-Bürgern. Er hat sich leider um fast den Faktor 10 geirrt. Und obendrein gab es eine Guillotineklausel, die bei der Ablehnung eines der sieben Verträge alle hinfällig machte. Selbstverständlich wurden auch hier die Gegner als Lügner bezeichnet. Heute weiss man, wer die Lügner waren. Es ist offensichtlich: die classe politique.
Nach dem angenommenen Paket der Bilateralen I von 1999 folgten 2004 die Bilateralen II.
Hier schweigt des Sängers Höflichkeit. Es wurde versprochen: Mit Schengen sinkt die Kriminalität, mit Dublin gibt es praktisch keine Asylsuchende mehr. Die Kosten für Schengen/Dublin bezifferte der Bundesrat im Abstimmungsbüchlein mit 7,4 Millionen Franken pro Jahr. In Wahrheit sind es bereits weit über 100 Millionen Franken im Jahr.
Der EU-Ministerrat hielt 2008 unmissverständlich fest, dass der bilaterale Weg beendet sei. Die EU verlangte stattdessen ein Rahmenabkommen mit der Schweiz, das die «Übernahme des gemeinschaftlichen Besitzstandes bei allen Abkommen» sowie einen Mechanismus, «mit dem die regelmässige Aktualisierung und einheitliche Auslegung dieser Abkommen gewährleistet wird» beinhaltete.
Auch die EU-Kommissarin Viviane Reding sprach Klartext: «Ich bin seit längerem der Meinung, dass der Weg der bilateralen Vereinbarungen ausgedient hat.» 2021 hatte der Bundesrat die Kraft, diesen Vertragsentwurf zurückzuweisen.
Doch heute sind wir wieder so weit. Der Vertrag, den uns Frau von der Leyen und Frau Amherd vor Weihnachten schmackhaft machen wollten, ist kein bilateraler Vertrag. Er beendet den bilateralen Weg mit der EU für immer. Die EU soll in Zukunft Schweizer Gesetze bestimmen, und die EU-Gerichtsbarkeit entscheidet endgültig. Zudem soll die Schweiz jährlich 350 Millionen Franken an die EU bezahlen. Obwohl der Bundesrat 2021 das Gleiche zurückgewiesen hat, ist er heute damit einverstanden. Er hat Angst vor der Kritik der Euro-Turbos und vor der EU!
Und so krankt auch der neu ausgehandelte Anbindungsvertrag, der noch nicht einmal einen Namen hat, wieder genau am gleichen Grundübel, wie der vom Volk abgelehnte EWR-Vertrag und wie der schon vom Bundesrat abgelehnte Rahmenvertrag 2021: Die EU würde hierzulande anstelle des Souveräns von Bürgern und Kantonen zum Gesetzgeber, und oberste Richter ausserhalb unseres Territoriums werden von der Schweiz akzeptiert. So etwas tun nur Kolonien. Und für diese koloniale Segnung soll sich die Schweiz verpflichten, noch 350 Millionen jährlich zu zahlen.
Dieser neue Kolonialvertrag ist das Gegenteil eines bilateralen Vertrages, der beidseitig auf Augenhöhe vereinbart wird. Wer jetzt noch immer vom «bilateralen Weg» oder von «Bilateralen III» schwafelt, benutzt Gaunerworte! Jedenfalls ist er ein Lügner.
Also, meine Damen und Herren, wir treten ein weiteres Mal gegen Lügner an. Widerstand, nicht Anpassung ist gefragt.
Das ist die grosse Aufgabe der SVP – einmal mehr.
Meine Damen und Herren, wir sind nicht bereit, jene Freiheit, die unsere Ahnen in heissen Kämpfen errungen haben, preiszugeben! Wir werden das nie, nie, nie zulassen!
Nehmen wir ein Vorbild an unseren Vorfahren. Was ist im 15. Jahrhundert im Schwabenkrieg geschehen? Sind heute nicht auch wieder «Schwaben» – ich denke an Frau von der Leyen – am Werk?
Tun wir es genau wie jene Hallauer Bürger, die sich im Schwabenkrieg 1499 dem römisch-deutschen Reich nicht unterordnen wollten, Sie riefen den schwäbischen Landsknechten zu:
«Mir tond’s nid, mir tond’s nid, mir tond’s nid!
Und wenn mir’s no taated, so taated’s üseri Wiiber nid!»
Das gilt heute je länger, je mehr.