So kann es nicht weitergehen – Herr Bundesrat Jans, handeln Sie jetzt!

Ich bin Kantonsrat im Kanton Zürich, seit über 14 Jahren im Gemeinderat und heute Gemeindepräsident der 12’000-Seelen-Gemeinde Bassersdorf. Ich bin ein Realpolitiker. Real sind die grossen Probleme im Asylbereich, unter denen die Gemeinden leiden.

Wenn wir vom Thema Asyl sprechen, dann sprechen wir primär über die Aufgabe von Gemeinden, Menschen ein Obdach zu gewähren und sie in lokale Ausbildungs- und Sozialstrukturen und hoffentlich irgendwann auch in die Wirtschaftsstrukturen zu integrieren.

Untragbarer Anstieg der Asylaufnahmequote
Diese Aufgabe ist in den letzten zwei Jahren für die Gemeinden massiv schwieriger geworden. Vor nicht einmal drei Jahren war die Asylaufnahmequote im Kanton Zürich bei 0,5%. Eine 10’000-Einwohner-Gemeinde musste also 50 Personen unterbringen. Danach stieg die Quote auf 1,3% und im Juli 2024 sogar auf 1,6%. Damit muss eine Gemeinde mit 10’000 Einwohnern neu 160 Asylanten unterbringen und betreuen – das ist drei Mal mehr als vor drei Jahren. Bei Familien braucht es zudem Platz in den örtlichen Schulen. Das stellt uns vor riesige personelle und infrastrukturelle Herausforderungen, welche die Gemeinden nicht mehr stemmen können.

Bundesrat verkennt die Situation
Bereits vor rund 12 Monaten haben zahlreiche Gemeinden aus dem Zürcher Unterland Asylvorsteher Beat Jans einen Brief geschrieben und auf diese Situation hingewiesen. Ich zitiere: «Es ist uns wichtig, frühzeitig über den Stand der Arbeiten beziehungsweise über die äusserst angespannte Situation in den Gemeinden zu informieren.» Und: «Wir rufen dringend dazu auf, dass auch andere Wege gesucht werden, als stetig die Aufnahmequote für die Gemeinden zu erhöhen, im Wissen, dass die Städte und Gemeinden dies zurzeit nicht mehr bewältigen können.»

Zusätzlich habe ich im April 2024 im Zürcher Kantonsrat eine Anfrage eingereicht mit dem Titel «Gemeinden am Limit – Aktive Unterstützung durch den Kanton, bei Erfüllung der Asyl-Aufnahmequote per 01.07.2024». Darin habe ich betont, dass der Kanton unseren Gemeinden Landreserven zur Verfügung stellen soll, damit sie die Lasten besser tragen können. Zudem habe ich unsere Kantonsvertreter aufgefordert, bei Bundesrat Beat Jans auf die Situation hinzuweisen, damit nicht noch mehr Asylanten in die Kantone und Gemeinden verteilt werden.

Schliesslich fand im Dezember 2024 ein von der SVP Schweiz organisiertes Gespräch mit Asylvorsteher Beat Jans statt, an dem ich auch teilnahm. Ich habe dort die Situation in den Gemeinden geschildert und abermals um Hilfe gebeten. Bis jetzt ohne Erfolg.

Wenn ich nun die Berichterstattung der letzten Wochen verfolge, bei der von einer angeblichen Reduktion der Asylgesuche im Jahr 2025 berichtet wird, bin ich mehr als irritiert. Es scheint in Bern nicht klar geworden zu sein, dass unsere Gemeinden schon lange am Limit sind. Wir kämpfen heute bei jeder einzelnen ankommenden Person darum, eine Bleibe zu finden.

Austrocknung des Wohnungsmarkts
Damit wir als Gemeinde nur schon die Personen unterbringen können, die bereits hier sind, müssen Unterkünfte gebaut werden. Dies bedeutet bei der bestehenden Gesetzgebung, den politischen Prozessen und Bauabläufen eine Entwicklungszeit von 18-24 Monaten. Allerdings scheitern solche Bauprojekte vor dem Volk: In sehr, sehr vielen Gemeinden sagt die Stimmbevölkerung Nein zu den entsprechenden Millionenkrediten. Die Ablehnung wird immer öfter damit begründet, dass man damit ein Zeichen setzen und Bern mitteilen wolle: Es reicht! Zur Unterbringung der Asylanten müssen die Gemeinden also Wohnungen anmieten, die sie dem ohnehin ausgetrockneten Markt entziehen.

Kosten explodieren
Ein weiteres Thema sind die hohen Kosten, die den Steuerzahlern durch die aktuelle Asyl-Politik entstehen. Dies nicht nur für Unterbringung und Betreuung der Asylanten, sondern auch in den Schulen, im Gesundheitswesen und auf den Verwaltungen.

Die Fallpauschale, die wir Gemeinden erhalten reicht bei weitem nicht, die anfallenden Kosten zu decken. In Bassersdorf belaufen sich die budgetierten Kosten im Jahr 2025 für das Asylwesen auf rund 4,57 Millionen Franken. Abzüglich der Fallpauschalen bleibt immer noch ein Betrag von rund 1,17 Millionen Franken, dies entspricht fast 4 Steuerprozenten, die die Gemeinde zu tragen hat. Die personellen Aufwendungen sind da noch nicht eingerechnet. Das heisst konkret, dass neben dem Betrag für die Fallpauschale, die ja auch durch uns Steuerzahler finanziert wird, die Einwohner von Bassersdorf zusätzlich nochmals rund 4 Steuerprozente aus der eigenen Tasche bezahlen. Diese Situation findet an der Basis keine Akzeptanz mehr – es gilt zu handeln!

Schweizer Gemeinden sind am Limit
Ich betone hier: Mir geht es nicht um eine ideologische Debatte, sondern um politische Realitäten:

  1. Schweizer Gemeinden sind am Limit und können die geforderten Quoten nicht bewältigen.
  2. Die Kosten explodieren und der Wohnungsmarkt wird weiter ausgetrocknet.
  3. Das Problem wird in Bern ignoriert oder dessen realpolitscher Hintergrund geht in der Polemik der Debatte unter.

Der Bund kann nicht länger am Souverän vorbeipolitisieren, sondern muss neue mehrheitsfähige Lösungen schaffen.

Ich fordere deshalb den zuständigen Bundesrat Beat Jans auf, jetzt zu handeln. Denn selbst wenn 2025 der angekündigte Rückgang der Asylgesuche eintrifft, reicht dies nicht aus, um die Bevölkerung, die Kantone und Gemeinden zu entlasten. Wir sind auch in einem Jahr nicht so weit, die jetzt schon zugewiesenen Asylanten unterzubringen.

– Christian Pfaller, Kantonsrat und Gemeindepräsident, Bassersdorf (ZH) 

 
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