Warum legt die SVP heute ein Positionspapier zur Kulturpolitik des Bundes vor? Wir räumen gerne ein, dass die Kultur bislang nicht zu unseren Schwerpunktgebieten zählte und die SVP – wie übrigens…
Warum legt die SVP heute ein Positionspapier zur Kulturpolitik des Bundes vor? Wir räumen gerne ein, dass die Kultur bislang nicht zu unseren Schwerpunktgebieten zählte und die SVP – wie übrigens die meisten andern Parteien auch – nicht über ein prägnantes kulturpolitisches Profil verfügte. Dies möglicherweise im Gegensatz zu den Rotgrünen, die zwar nicht unbedingt über vertiefte kulturpolitische Einsichten verfügen, aber immer zur Stelle sind, wenn es um Geldforderungen geht. Linke Politik ist eine reine Politik des Materialismus und des Egoismus: Die linke Lösung für jedes Problem heisst Geld, Geld und noch mehr Geld – auch und gerade in der Kulturpolitik. Umso nötiger ist ein Gegengewicht in Form einer grundsätzlich anderen Auffassung über die Kultur. Aus diesem Grund hat die SVP Schweiz erstmals ein Positionspapier zur Kulturpolitik des Bundes erarbeitet. Doch es gibt noch andere Gründe: Als wählerstärkste Partei ist die SVP eine wichtige Stimme in allen politischen Themen – auch in der Kulturpolitik. Die Kulturaufwendungen des Bundes beanspruchen beträchtliche Steuermittel und sind darum durchaus von öffentlichem Interesse. Und schliesslich verfügt die SVP heute über genügend kulturpolitisch interessiertes Personal mit einer Kulturkompetenz, die den Vertretern der andern Parteien zumindest ebenbürtig ist.
Was ist Kultur?
Unter Kultur verstehen wir ganz allgemein das, was die Menschen in ihrem Handeln hervorbringen. Kultur bedarf zu ihrer Erhaltung der Pflege und Förderung. Gerade der freiheitliche, föderalistische Staat hat das Ziel, ein geistiges Klima zu schaffen, das eine kulturelle Vielfalt ermöglicht. Sie darf keinesfalls als „Staatskultur“ befohlen oder verordnet werden, doch kann der Staat seinen Bürgern den Zugang zu kulturellen Einrichtungen erleichtern. Auf Zensur, Gängelung und Ausgrenzung im Kulturbereich ist zu verzichten, doch gilt dies genauso für die Kritik an eben dieser Kultur. Die Kulturpolitik geht davon aus, dass die Kultur durch die Öffentlichkeit gefördert werden kann, etwa durch die staatliche Unterstützung des künstlerischen Schaffens oder durch Kulturwahrung und -vermittlung durch staatliche Institutionen oder Private (Stiftungen, Sponsoren oder Mäzene).
Kultur ist Sache der Kultur
Kultur ist nach Ansicht der SVP grundsätzlich weder eine Angelegenheit des Bundes noch der Kantone oder der Gemeinden. Denn eine öffentlich geförderte Kultur läuft immer Gefahr, dass sie dem kurzlebigen modischen Zeitgeist huldigt, statt länger gültige, über die Tagesaktualität hinausgehende Werte zu schaffen. Staatliche Kulturpolitik kann darum höchstens ergänzenden Charakter haben. Denn öffentliche Unterstützung der einen Projekte heisst zugleich immer Diskriminierung aller nicht geförderten Projekte. Privates Mäzenatentum oder Sponsoring sind besser geeignet, vielfältige Entwicklungen zu ermöglichen. Darum sind private Kulturstiftungen und Spenden gezielt zu fördern und steuerlich zu begünstigen. Staatlich betriebene Kulturpolitik führt nämlich oft dazu, dass die politischen Entscheidungsträger jene Kultur gezielt unterstützen, die ihnen politisch am ehesten entspricht. Im Gegenzug lassen sich viele Kulturschaffende – unbelastet von der notwendigen Sachkenntnis – von linken Parteien für entsprechende politische Kampagnen, Parolen und Wahlkomitees einspannen. Damit kommt es zu Mauscheleien und korruptionsähnlichen Zuständen: Der linke Politkuchen unterstützt den linken Kulturkuchen – und umgekehrt.
Mehr Markt in der Kultur
Die Kultur hat durchaus auch mit Marktwirtschaft und den Gesetzen von Angebot und Nachfrage zu tun. Der Wettbewerb der Ideen soll auch in der Kultur spielen. Eine Produktion, die am Publikum vorbei zielt, macht keinen Sinn. Kommerziellen Erfolg soll jene Kultur haben, die dem Publikum gefällt. Wer Kitsch oder seichte Unterhaltung geniessen will, soll dies ebenso können, wie jene, die Perfomances jenseits des „guten Geschmacks“ lieben. Nur sollten beide Richtungen nicht durch die Öffentlichkeit finanziert werden.
Geschichtliche Entwicklung
Frühe Formen der Kulturförderung bestanden in prestigeträchtigen Bauten der kirchlichen oder politischen Machthaber. Dazu kamen öffentlich geförderte oder geduldete, oft auch zensurierte Geistliche Spiele und Theater. Der Föderalismus verhinderte, dass in der Zeit von Aufklärung und Gründung des Bundesstaats in der Schweiz wie andernorts etwa eine Staatsgalerie oder ein Staatstheater entstand. Institutionen zur Stärkung der nationalen Identität wurden aber die Eidgenössische Technische Hochschule (1854), das Schweizerische Landesmuseum (1890), die Schweizerische Landesbibliothek (1894) ebenso wie grosse Landesausstellungen oder der Beginn des Denkmalschutzes. Im Zuge der Geistigen Landesverteidigung vor dem Zweiten Weltkrieg begegnete der Bund der totalitären Bedrohung mit vermehrten Anstrengungen der Identitätsstiftung: 1938 wurde die Subvention der Radioverbindung zu den Auslandschweizern sowie die Anerkennung des Rätoromanischen als Landessprache beschlossen, 1939 erfolgte die Gründung der Pro Helvetia zur Förderung des künstlerischen Schaffens, der Volkskultur und der Verständigung über die Sprachgrenzen im Inland hinweg. 1949 trat die Schweiz der UNESCO bei, vermied aber bilaterale Kulturabkommen. 1958 wurde ein Artikel zum Filmschaffen, 1962 einer zum Heimatschutz in der Bundesverfassung verankert.
Eine im Nachgang der 68-er Bewegung lancierte „Kulturinitiative“, wonach ein Prozent der Staatsausgaben für kulturelle Zwecke vorzusehen sei, scheiterte 1986 ebenso an der Volksabstimmung wie 1994 ein moderaterer Vorschlag. Im Rahmen der Totalrevision der Bundesverfassung wurde 1999 der Kulturpolitik eine Verfassungsgrundlage gegeben und dem Bund die Kompetenz zur Kulturförderung aufgetragen.
Primat der Kantone
Die Kulturpolitik der Schweiz soll den föderalistischen, dezentralen Strukturen unseres Landes entsprechen. Sie soll nicht die Einheitlichkeit anstreben, sondern die Vielfalt. Sie soll sich nicht dem Kulturdirigismus der EU unterwerfen, sondern dem Zusammenhalt der Sprachregionen dienen und die Minderheiten schützen. Der Staat soll gegenüber der Eigeninitiative und der privaten Förderung nur subsidiär wirken. Primär sind die Kantone, nicht der Bund für die Kulturförderung zuständig; dabei stellen sich beispielsweise für den dreisprachigen Gebirgskanton Graubünden ganz andere Aufgaben als den Kantonen Basel-Stadt oder Genf.
Zu viele Akteure in der Kulturpolitik
Auf dem Gebiet der Kulturpolitik gibt es heute auf Bundesebene eine (zu) grosse Anzahl von Akteuren. Das Bundesamt für Kultur formuliert die Kulturpolitik, bereitet Erlasse vor und koordiniert bzw. finanziert die instutionelle Förderung von Film, Lesen, Kunst- und Denkmalpflege, Kulturvermittlung usw. Die Stiftung Pro Helvetia mit einem Jahresbudget von fast 33 Millionen Franken wird vollumfänglich vom Bund getragen. Im Sinne einer Entschlackung der Strukturen und dem Abbau von Doppelspurigkeiten ist die Integration der Pro Helvetia in die Organisation für Landeswerbung vorzunehmen. Dabei ist unabdingbar, die Mittel massiv zu reduzieren und die Aufgaben auf wenige Bereiche zu beschränken. Das Kompetenzzentrum für Kultur-Aussenpolitik wurde 2004 in der heutigen Form geschaffen und soll mit 1,5 Millionen und rund 10 Mitarbeitern Kulturprojekte unterstützen, die der Friedensförderung und der Verbreitung der Menschenrechte dienen. Die im Jahr 2000 ins Leben gerufene Präsenz Schweiz soll international Verständnis und Sympathie für unser Land schaffen und seine Vielfalt und Attraktivität zur Geltung bringen. Die Organisation besitzt zurzeit ein Budget von gut 10 Millionen Franken und beschäftigt 24 Mitarbeiter. Für die Durchführung von Weltausstellungen stehen Separatbudgets zur Verfügung.
Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) nutzt einen Teil ihres Budgets zur Förderung der lokalen Kultur in den Einsatzgebieten als Entwicklungsinstrument sowie die Verbreitung der „Südkultur“ in der Schweiz. Dazu beansprucht das DEZA gut 8 Millionen Franken pro Jahr.
Organisation straffen
Angesichts dieser Vielzahl von Organen und Institutionen muss es in Kulturfragen zu Doppelspurigkeiten und Kompetenzgerangel kommen. Dabei hätte eigentlich das Bundesamt für Kultur die ausschliessliche Kompetenz im Bereich der Kulturpolitik des Bundes. Darum müssen die Organe und Aufgaben der Kulturpolitik konsequent gestrafft werden. Die Kulturpolitik des Bundes hat sich auf eine einzige Verwaltungseinheit zu konzentrieren, deren Aufgabenbereich klar definiert ist.