Würde man einen Schengen-Befürworter fragen, was Schengen für Auswirkungen auf die Schweiz habe, so würde er kurz antworten: Es ändert sich faktisch nichts. Als Nicht-Mitglied der EU-Zollunion sei…
Würde man einen Schengen-Befürworter fragen, was Schengen für Auswirkungen auf die Schweiz habe, so würde er kurz antworten: Es ändert sich faktisch nichts. Als Nicht-Mitglied der EU-Zollunion sei es der Schweiz weiterhin erlaubt, an der Grenze Warenkontrollen durchzuführen. Bei solchen Warenkontrollen könnten begleitend auch weiterhin diejenigen Personen kontrolliert werden, welche diese Waren mitführen. Denn ohne zuvor festgestellt zu haben, wem ein mit Waren beladenes Auto gehöre, könne man gar keine Warenkontrolle durchführen. Zusätzlich zu dieser Warenkontrolle und zur Möglichkeit, begleitend diejenigen Personen zu kontrollieren, welche diese Waren mitführen, könne auch bei jedem an der Grenze – bei Vorliegen eines polizeilichen Anfangsverdachtes – eine Personenkontrolle durchführt werden. Damit ändere sich an der Grenze faktisch nichts.
Wer dies glaubt, hat das Hauptziel von Schengen/Dublin nicht begriffen. Bei einer Annahme von Schengen/Dublin wird die Schweiz einen Vertrag unterschreiben, der klar festhält, dass keine verdachtsunabhängigen Kontrollen mehr durchgeführt werden dürfen. Warenkontrollen dürfen nicht zum Zweck der Personenkontrollen verwendet werden. Sollte die Schweiz Schengen tatsächlich beitreten, so müssen zweifelsohne mobile Grenzkontrollen im Landesinnern stattfinden, um die Sicherheit einigermassen gewährleisten zu können. Wer also behauptet, an der Grenze ändere sich faktisch nichts, verkennt den Schengener Vertrag.
Schengen bedeutet Sicherheitsverlust
Entgegen den Behauptungen der Befürworter, die Schengen als Sicherheitsprojekt verkaufen wollen, wurde Schengen nicht geschaffen, um die Sicherheit zu erhöhen, sondern einzig und allein, um die Reisefreiheit zu gewährleisten. Im Abkommen von Schengen wird statuiert, dass jeder die Landesgrenze ohne Kontrollen überschreiten kann. Die Schweiz wäre deshalb verpflichtet, die Personenkontrollen an den Grenzen abzuschaffen. An deren Stelle müssten andere Massnahmen greifen: Die sogenannte Schleierfahndung, die Verstärkung der Schengen-Aussengrenze sowie das Schengener Informationssystem (eine Datenbank mit den Daten international gesuchter Personen = SIS-Fahndungssystem).
Wenn auch gewisse Vorteile eines Anschlusses an das SIS-Fahndungssystem nicht von der Hand zu weisen sind, so bleibt unserem Land dennoch Sicherheitsrisiko. Der EU ist es nämlich trotz hoher Investitionen bis heute nicht annähernd gelungen, ihre Aussengrenzen wirksam zu sichern. Diese sind löchrig und alles andere als dicht. Die Mittelmeerstaaten Griechenland, Italien, Frankreich und Spanien sehen sich überfordert, ihre jeweilige Mittelmeerküste vor illegalen Einwanderern und vor Kriminaltouristen zu schützen. Mit der EU-Osterweiterung hat sich dieses Problem noch dramatisch verschärft. Abgesehen davon, dass die neuen Mitgliedstaaten der EU erst in etwa drei bis fünf Jahren überhaupt in der Lage sein werden, ihre Aussengrenzen auch nur annähernd zu schützen, wird eine lückenlose Kontrolle gar nie möglich sein. Herr Dr. Ulfkotte hat beschrieben, dass sich die Europäische Union seit der Auflösung ihrer inneren Grenzen immer mehr zum beliebten Standort der Organisierten Kriminalität gemacht und dass Drogenhandel, Prostitution, Menschenhandel, illegale Einwanderung und Terrorismus vor den Aussengrenzen der EU schon lange nicht mehr Halt machen. Inskünftig gilt diese Situation auch für die Schweiz. Kriminelle und Illegale nämlich, die die Schengen-Aussengrenze überwunden haben, geniessen auch volle Bewegungsfreiheit innerhalb unseres Landes. Freie Fahrt für alle.
Leistungsfähiges GWK
Obwohl gänzlich von Schengen-Aussengrenzen umgeben, hat das Schweizerische Grenzwachtkorps allein im Jahr 2004 88’735 Personen an der Grenze zurückgewiesen und 35’294 Personen der Polizei übergeben. Demnach hat das GWK trotz angeblich gut geschützter Aussengrenzen beinahe 100 Verhaftungen pro Tag vorgenommen. In 1’880 Fällen konnten gefälschte Ausweise sichergestellt werden. Weiter wurden 269 Kilo Kokain und 97 Kilo Heroin beschlagnahmt, was eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Die vom GWK im letzten Jahr an der Grenze aufgegriffenen 6’943 illegalen Personen konnten auf der Stelle zurückgewiesen werden. Bei einem Schengen-Beitritt und mobilen Kontrollen im Landesinnern, könnten illegale Einwanderer – sofern man solche im Landesinnern überhaupt noch aufgreifen kann – nicht mehr sofort ausgewiesen werden. Man wird erst mühsam eruieren müssen, in welchem Land sie allenfalls bereits einen Asylantrag gestellt haben, um sie dann in diesen Staat zurückzuweisen oder allenfalls in ihren Heimatstaat auszuschaffen. Grenzkontrollen sind deshalb die effektivste Massnahme, um zu verhindern, dass illegale Einwanderer überhaupt ins Landesinnere kommen.
Die Schengen-Befürworter behaupten, Schengen befreie uns von verschärften Grenzkontrollen der Nachbarstaaten. Demgegenüber würden diese bei einem Nein zu Schengen noch stärker bewacht. Hierzu gilt es anzuführen, dass die Schweiz täglich 700’000 Grenzübertritte vorwiegend von Pendlern zählt. Es reisen jedoch täglich bedeutend mehr ausländische Pendler in die Schweiz ein- und aus, als dies Pendler mit Schweizer Staatsangehörigkeit tun. Die Frage, welchen Pendlern ein Nachbarland mit einer solchen Massnahme mehr schaden würde ist deshalb schnell beantwortet. Die Schweiz wird deshalb auch bei einem Nein zu Schengen keine Auswirkungen zu gewärtigen haben.
Unklar ist heute aber auch die Frage der so genannten Schleierfahndung. Im Vorzimmer des EU-Ministerrates liegt ein Antrag der EU-Kommission, wonach die Schleierfahndung abzuschaffen sei, weil sie gegen Art. 19 des Abkommens über die Reisefreiheit verstosse. Die Diskussion dazu ist noch im Gange und es ist nicht auszuschliessen, dass wir mit der künftigen Rechtsübernahme ein Verbot der rückwärtigen Personenkontrolle übernehmen müssten.
Schengen bedeutet Souveränitätsverlust
Schengen/Dublin wäre der am weitest gehende Vertrag, den die Schweiz je mit der EU abgeschlossen hat. Selbst im EWR war der Bereich der inneren Sicherheit nicht enthalten. Schengen/Dublin ist ein dynamischer Vertrag. Mit ihrem Beitritt müsste die Schweiz im Bereich der Sicherheitspolitik nicht nur den vollständigen und sehr umfassenden bisherigen Rechtsbestand, den „Schengen-acquis“, sondern auch die künftige Weiterentwicklung des Schengen-Rechtes automatisch übernehmen. Aus dem Assoziationsabkommen geht klar hervor, dass die EU entscheidet und die Schweiz umsetzt. Nach einem Beschluss über eine neue Massnahme wird die Schweiz von der EU darüber informiert, worauf die Schweiz entscheiden kann, ob sie diese Massnahme übernehmen will oder nicht. Will die Schweiz eine neue Massnahme nicht übernehmen, so wird ihr der Vertrag gekündigt. Faktisch wird der Schweiz, was die Weiterentwicklung von Schengen anbetrifft, ein gestaltendes Mitwirkungsrecht zuerkannt, das ihr erlaubt, auf allen Ebenen der Diskussion dabei zu sein (sog. decision shaping); an den Abstimmungen über eine Massnahme (sog. decision making) kann sie jedoch nicht teilnehmen. Praktisch bedeutet dies also, dass die Schweiz von ihrem Wahlrecht nicht Gebrauch machen und sämtliche Massnahmen übernehmen wird.
Wenn die Schweizer Delegation bei der Ausgestaltung von neuen Schengen-Regelungen im Gemischten Ausschuss mitdiskutieren darf, so müssen jeweils die 26 Polizeihoheiten der Kantone berücksichtigt werden. Einmal Mitglied des Schengener Systems würden im Polizeibereich zweifelsohne Zentralisierungstendenzen einsetzen, weil unser föderalistisch organisiertes System dem hohen Brüsseler Tempo ganz einfach nicht standhalten kann. Dazu kommt, dass, je grösser die EU wird, der Einfluss der lediglich assoziierten Mitglieder – also Norwegen, Island und die Schweiz – immer kleiner wird. So, wie die Schweiz jetzt bereits im Gemischten Ausschuss Einsitz nimmt, werden ab April auch Rumänien und Bulgarien als künftige EU-Mitglieder im Ausschuss Einsitz nehmen. Als künftige EU-Miglieder wird deren Einfluss von Anfang an grösser sein, als jener der Schweiz.
Schengen besteht als besondere Rechtsmasse im EU-Recht. Seitdem Schengen im Jahre 1999 ins EU-Recht überführt wurde, sind für immer mehr Gesetze und Beschlüse, welche Schengen betreffen, der EU-Ausschüsse zuständig. Dort aber ist die Schweiz nicht Mitglied. Sie wird also spätestens in ein paar Jahren, wenn sämtliche Schengen-Beschlüsse im EU-Rat gefällt werden, nicht einmal mehr mitdiskutieren können. Dann stellt sich – wie bereits heute bei Norwegen und Island – die Frage eines EU-Beitritts, was ja das eigentliche Fernziel vieler Schengen-Befürworter ist.
Schweiz verliert eigene Visapolitik
Bei einem Schengen-Beitritt müsste die Schweiz zugunsten einer Harmonisierung zahlreiche Kompetenzen an Brüssel abgeben und dabei u. a. auch ihre freie Visa-Politik verlieren. Schengen erfasst Visa für Kurzaufenthalte von maximal drei Monaten, also typischerweise Touristenvisa. Ein von einem Schengen-Mitglied ausgestelltes Visum berechtigt seinen Inhaber zur Einreise ins Territorium auch der übrigen Schengen-Staaten. Die Tourismusbranche argumentiert, dass heute Touristen mit einem Schengen-Visum den administrativen und finanziellen Mehraufwand für ein Schweizer-Visum scheuen und deshalb einen Bogen um unser Land machen würden. Die Zahlen beweisen jedoch das Gegenteil. Die Schweiz weist in den letzten Jahren gerade bei Touristen aus den Wachstumsmärkten Indien und China hohe Zuwachsraten auf. Offenbar gewichtet gerade die meist gut situierte Kundschaft aus China und Indien den Sicherheitsaspekt höher als den geringen Mehraufwand für das Zusatzvisum. Die Schweiz kann heute mit einer selbständigen Visa-Politik frei bestimmen, welche Länder der Visumspflicht unterstellt werden. Zudem kann die Schweiz bei entsprechender Sicherheitsvoraussetzung das Schengen-Visum einseitig anerkennen. Dies wird übrigens mit mehreren Staaten (u. a. Thailand) bereits seit Jahren praktiziert. Wie entscheidend es ist, dass wir die Visa-Politik nicht aus den Händen geben, zeigt der jüngste Visa-Skandal in Deutschland.
Wegen der fahrlässigen deutschen Visa-Politik hat sich die Zahl der erteilten Visa von den üblichen 100’000 auf rund 300’000 erhöht. Die Deutsche Botschaft in Kiew hat seit dem Jahr 2000 Kurzzeitvisen von maximal 3 Monaten Gültigkeitsdauer beinahe Voraussetzungslos an ukrainische Gesuchsteller erteilt. Von diesen „Touristen“ ist kaum einer mehr in sein Heimatland zurückgekehrt. Es versteht sich von selbst, dass diese im offenen Schengenraum nicht mehr auffindbar sind. Unterdessen nehmen in der EU der Menschenschmuggel, die Zwangsprostitution und die Schwarzarbeit zu. Man liest über Sklavenhandel und Zwangsprostitution. Mit der Abschaffung der Grenzkontrollen wird dies auch in der Schweiz zur Tagesordnung.
Die seit Wochen in Deutschland und seit zwei Wochen auch in der Schweiz zutage getretenen Visa-Skandale zeigen die Schwächen des Schengener Abkommens klar auf: Das Verfehlen einzelner Regierungen und korrupter Botschaften arbeitet der organisierten Kriminalität direkt in die Hände. Die Folgen davon hat der gesamte Schengen-Raum zu tragen, indem er plötzlich mit Tausenden von „Einwanderern“ überschwemmt wird.
Nein zu Schengen
Mit dem Beitritt zu Schengen werden zentrale Säulen unseres Rechtsstaates wie die innere Sicherheit und die Souveränität in Frage gestellt. Die Schweiz wird den gesamten bisherigen Schengen-Aquis übernehmen müssen. Sollte die Schweiz inskünftige Weiterentwicklungen im Schengen-Recht nicht übernehmen, wird ihr der Vertrag aufgekündigt. Dieses Verfahren bedeutet nichts anderes als die Abgabe von Souveränität an die EU.
Sie haben es gehört: Am letzten Donnerstag hat das „überparteiliche Komitee“ Nein zu Schengen der Bundesverwaltung über 85’000 Unterschriften übergeben, womit das Referendum zu Schengen/Dublin klar zustande gekommen ist. Demnach wird das Volk am 5. Juni über das weitreichende Schengen/Dublin abstimmen können. Der Entscheid wird keine Auswirkungen auf die anderen 8 Dossiers haben, da die 9 Abkommen der Bilateralen II nicht voneinander abhängig sind. Wird Schengen/Dublin abgelehnt, treten die anderen 8 Abkommen trotzdem in Kraft. Deshalb kann Schengen/Dublin getrost abgelehnt werden.