1. Die Schengen/Dublin-Versprechungen
Im Abstimmungsbüchlein für den 5. Juni 2005 hat der Bundesrat über die
„Assoziierung“ an Schengen und an Dublin“ das Blaue vom Himmel herunter versprochen:
Schengen ist im Interesse der Schweiz, bringt flüssigen Grenzverkehr, mehr Sicherheit, keinen Abbau von Zollanlagen (das stimmt, man lässt sie zum Teil einfach verfallen!), die Kontrollen an der Aussengrenze werden verschärft; Wirtschaft und Tourismus profitieren; es gibt beträchtliche finanzielle Einsparungen im Asylbereich; Souveränität und direkte Demokratie bleiben gewahrt; Schengen hat keinen Zusammenhang mit dem EU-Beitritt; es gibt einheitliche Kriterien für Visa (Gesuche werden eingehend geprüft); das Bankgeheimnis bei den direkten Steuern ist vertraglich abgesichert; die Schweiz wird Weiterentwicklungen des Schengen-Rechts, die das Bankgeheimnis betreffen, nicht übernehmen; die Mitsprache der Schweiz bei Weiterentwicklungen des Schengen-Rechts ist gewährleistet; die Minderaufwendungen wegen Dublin sind wesentlich grösser als die jährlichen Kosten von 7,4 Millionen für Schengen und Dublin.
2. Die Schengen-Realität
Schengen ist ein Raum der Unsicherheit
Mit Schengen wurde ein „grenzenloses Europa“ im Sinne des Schengener Evangeliums geschaffen, das da heisst: „Die Binnengrenzen dürfen an jeder Stelle ohne Personenkontrolle überschritten werden. Den zuständigen Grenzbehörden ist es damit verwehrt, überhaupt noch Binnengrenzkontrollen vorzunehmen. Mit der Befreiung der Grenzkontrollen entfällt die Verpflichtung, aufgrund des Überschreitens der Binnengrenzen ein gültiges Grenzübertrittsdokument vorzuzeigen oder vorzulegen“.
Diese Bestimmungen unter Artikel 2 des Schengener Durchführungsübereinkommens vom 26.4.1994 haben in der Tat ein „grenzenloses Europa“ gebracht – grenzenlos insbesondere auch für Illegale und Kriminelle.
Schengen ist zum Unsicherheitsraum geworden. Und im Verbund mit der Personenfreizügigkeit und mit dem derzeitigen Laissez-faire im Asylbereich hat Schengen zu einer unkontrollierten Zuwanderung mit gravierenden Folgen geführt.
Schengen zerstört unsere Souveränität
100 „Weiterentwicklungen des Schengen Besitzstands“
Mit Schengen hat sich die Schweiz fremdem Recht (dem bereits bestehenden Schengenrecht, dem „acquis communautaire“) im Umfang von über 500 Seiten unterworfen.
Noch viel gravierender ist: Wir haben mit Schengen die Katze im Sack gekauft. Denn unter dem schönfärberischen Begriff „Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands“ müssen wir konstant Anpassungen ans „dynamische“ Schengenrecht, also neues fremdes Recht, übernehmen, und zwar ohne Mitentscheidungsrecht. Gegenwärtig behandelt der Bundesrat Weiterentwicklung Nr. 106, etliche sind in der Pipeline. Dabei stellen sich die politischen Instanzen bei diese neuen fremden Gesetze gar nicht die Frage, ob sie im Interesse der Schweiz sind – was von Schengen kommt, muss abgesegnet und angenommen werden. Sonst könnten wir ja noch unseren Schengen-Beitritt aufs Spiel setzen! Mit Schengen wurde die Schweiz zur Befehlsempfängerin Brüssels degradiert. Dies vor allem im Asyl- und Ausländerrecht, in den Bereichen Grenzkontrolle, Visapolitik, Waffenrecht, im Justiz- und Polizeibereich, im Finanz- und Steuerbereich, beim Staatsrecht und beim Betäubungsmittelrecht.
Die zwingende Übernahme der nächsten 100 „Weiterentwicklungen des Schengen Besitzstandes“ (die man in Bundesbern eifrig beklatschen wird), ist eine Frage der Zeit. Das bringt für unser Land einen immer grösseren Souveränitätsverlust. Wir haben immer weniger zu sagen und immer mehr zu zahlen.
3. Die Schengener Negativ-Bilanz: konkrete Beispiele
- Löcherige Aussengrenze: Die angeblich sichere Schengen-Aussengrenze ist löcherig wie ein Emmentaler Käse. Namentlich die südliche Aussengrenze ist laut der EU-Kommission praktisch unkontrollierbar geworden. Die Behörden melden zwar immer wieder triumphierend die Festnahme von einigen Kriminellen und loben das Schengener Informationssystem SIS.
Aber nachdem Heerscharen von Kriminaltouristen dank Schengen unbehelligt in unser Land kommen, wollen wir doch hoffen, dass wenigstens ein paar zusätzliche Kriminelle verhaftet werden!
Tatsache ist, dass gesamtschweizerisch, und vor allem in den grossen Grenz- oder grenznahen Städten, die Kriminalität stark ansteigt. In Basel gehen 56% der Strafanzeigen auf die importierte Kriminalität zurück.
Obwohl in den letzten 10 Jahren rund eine halbe Million Ausländer eingebürgert wurden, zeigt die polizeiliche Kriminalstatistik 2009 vor allem bei den Gewaltverbrechen einen erschreckend hohen Ausländeranteil. Bei den Tötungsdelikten sind es 59,1%, bei Vergewaltigungen 62%. Der Ausländeranteil in unseren Gefängnissen lag 2009 bei 70,2%.
Im Genfer Gefängnis Champ-Dollon sind von den 3100 Insassen gar 90,5% Ausländer und nur 9,5% Schweizer. Schengen lässt grüssen.
- Visahoheit nach Brüssel delegiert: Wir können nicht mehr frei entscheiden, wer für die Einreise in unser Land ein Visum braucht. Seit dem 19.12.2009, also quasi als Weihnachtsgeschenk, gilt auch für Serbien, Montenegro und Mazedonien (die noch nicht zu Schengen gehören) die Visafreiheit für den ganzen Schengenraum, also auch für die Schweiz. Seither kommen regelmässig viele Cars mit solchen „Touristen“ in die Schweiz.
Im Fall Libyen, wo uns der laut Schengenrecht zulässige Visastopp gegenüber 180 Libyern wenigstens für einmal etwas hätte bringen können, kamen wir unter massivsten Druck unserer „Schengen-Freunde“. Die EU hat vor Ghaddafi kapituliert. Denn unsere angeblichen EU-Freunde sahen ihre Eigeninteressen bedroht. Max Göldi, in einem libyschen Kerker eingesperrt, wird die Solidarität der Schengen-Staaten und die Erfolge dieser EU-Kooperation sicher zu schätzen wissen!
Auch im Schengenbereich zählen eben knallharte Eigeninteressen. Aussenpolitik ist Interessenpolitik. Nur der Bundesrat hat das noch nicht begriffen!
- Das Dublin-Abkommen (Asylbereich) funktioniert schlecht: Südländer wie Italien, Griechenland oder Spanien setzen neue Asylbewerber nur zum Teil auf die Datenbank „Eurodac“. So können diese nach der „Weiterreise“ nach Norden (in die attraktive Schweiz) nicht ins Erstasylland überstellt werden. Im Jahre 2009 mit 16’005 neuen Asylgesuchen, betrug die effektive Rückübernahmequote durch „Erstasylländer“ nur rund 10%. Statt der „beträchtlichen finanziellen Einsparungen“ im Asylbereich wurden 2009 Nachtragskredite von 159 Millionen Franken beschlossen, die Kosten für das Asylwesen dürften 2010 bei gegen 1 Milliarde Franken liegen.
Unser Bundesverwaltungsgericht (früher Asylrekurskommission) sorgt zusätzlich dafür, dass Dublin nicht funktioniert: Rückschaffungen ins Erstasylland Griechenland werden regelmässig gestoppt, weil die Rechtslage für Asylanten dort „ungenügend“ sei.(TA, 5.1.2010)¨
- Die vom Schweizer Volk beschlossene Ausschaffungshaft von maximal 24 Monaten muss wegen Schengen auf maximal 18 Monate verkürzt werden. Falls die Ausschaffung nach Ablauf dieser Frist nicht erfolgt, müssen Ausschaffungshäftlinge freigelassen werden. Eine EU-Richtlinie, die durch alle Schengen-Staaten zwingend übernommen werden muss, verlangt nun auch noch unabhängige Beobachter bei Zwangsausschaffungen.
- Eine erneute Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes, vom Bundesrat am 31.3.2010 beschlossen, verlangt folgendes: Ausländer, die ein nationales Visum für einen mehr als dreimonatigen Aufenthalt in einem Schengenstaat haben, können neu im gesamten Schengenraum herumreisen, also auch in der Schweiz.
- Kostenexplosion: Der jährliche Kostenbeitrag der Schweiz für den Schengen-Aussenfonds beträgt statt den 7,4 Millionen Franken (die im Abstimmungsbüchlein genannt wurden) rund 50 Millionen Franken, wenn man eine Vollkostenrechnung macht. Überdies müssen wir ein neues Verwaltungs- und Kontrollsystem aufbauen, bestehend aus einer „zuständigen“ Behörde, einer „Bescheinigungsbehörde“ und einer „Prüfungsstelle“. Dazu kommen die Anpassungen für die Schengen-Informatik von rund 150 Millionen Franken zu Beginn des Schengener Informationsprojektes. So teuer und so perfekt war Selbstentmündigung wohl noch nie!
- Verschärftes Waffenrecht: Die Schweiz muss u.a. ein computergestütztes Waffenregister einführen, die Daten 20 statt 10 Jahre aufbewahren, die Kennzeichnungspflicht ausweiten etc.
- Angriff auf das Bankkundengeheimnis: Eines der wichtigsten bundesrätlichen Ziele beim Schengenbeitritt war angeblich die Wahrung des Bankkundengeheimnisses. Entsprechend figurierte der Begriff „Bankgeheimnis“ 41mal in der bundesrätlichen Botschaft zu den Bilateralen II. Im Text des Abkommens sucht man den Begriff jedoch vergeblich. Dennoch verkündete Bundesrat Deiss damals: „Das bedeutet, dass wir im Kern das Bankgeheimnis völkerrechtlich verankert haben. Das ist ja das Fantastische.“ (Weltwoche, 26.5.2005). Der Bundesrat hat sozusagen erfolgreich gelogen.
Das „Fantastische“ hat sich längst zum Gegenteil gewandelt: Schon damals hat Xavier Oberson, ein renommierter Genfer Universitätsprofessor, vor der Schwächung des Bankkundengeheimnisses gewarnt, denn „die EU-Beamten dürften in unserem Land schnüffeln und die gesammelten Informationen für andere Zwecke – etwa für den Bereich der direkten Steuern – verwenden.
Das Schengen-Informationsaustausch-Gesetz, seit dem 1.1.2010 in Kraft, verpflichtet die Schweizer Behörden zur unaufgeforderten Weitergabe von Informationen und Daten, „die bei Strafverfolgungsbehörden vorhanden sind“, bzw. die für die Verhütung und Verfolgung gewisser Straftaten (auch im Finanz- und Steuerbereich) von Bedeutung sein können. Das Ganze ist eine Vorstufe zum automatischen Informationsaustausch.
- Etappe zum EU-Beitritt: Schengen, zurecht als Trojanisches Pferd bezeichnet, dient immer mehr der Vorbereitung für den EU-Beitritt der Schweiz.
Mit dem Beitritt zum Schengen/Dublin-Abkommen hat die Schweiz das fundamentale Recht eines souveränen Staates, nämlich die Kontrolle über sein Territorium und die Einreisen, geopfert. Und dafür haben wir auch noch Millionen und Abermillionen zu zahlen.
Noch 1999 hat der damalige Bundesrat Schengen abgelehnt, weil dabei „Souveränitätsübertragungen an supranationale Instanzen unerlässlich“ seien. (Botschaft vom 23.6.1999 zu den Bilateralen I). Auf Deutsch: Wir wurden mit Schengen zu Befehlsempfängern Brüssels degradiert!
Nachdem das Schweizer Volk mit Schengen angelogen wurde, ist es an der Zeit, die Fakten zu diesem Abkommen und seinen Folgen transparent auf den Tisch zu legen. Der Bundesrat muss nun endlich eine detaillierte Situationsanalyse der Schengen-Folgen (inkl. Vollkostenrechnung) vorlegen. Bis dahin braucht es ein Moratorium für neue Schengen-Gesetzesanpassungen und damit verbundene Zusatzausgaben. Sollte die ehrliche und transparente Analyse die Befürchtungen über die gravierenden Mängel und negativen Auswirkungen des Abkommens für die Schweiz bestätigen, muss das Abkommen meiner Ansicht nach gekündigt werden.