Die SVP lehnt die VCS-Initiative „Für den öffentlichen Verkehr" entschieden ab. Ebenfalls klar abgelehnt und an den BR zurückgewiesen wird der direkte Gegenentwurf FABI. Beide Vorlagen verstossen…
Vorlage Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI) – Gegenentwurf zur Volksinitiative „Für den öffentlichen Verkehr“
Antwort der Schweizerischen Volkspartei (SVP)
Die SVP lehnt die VCS-Initiative „Für den öffentlichen Verkehr“ entschieden ab. Ebenfalls klar abgelehnt und an den BR zurückgewiesen wird der direkte Gegenentwurf FABI. Beide Vorlagen verstossen nicht nur in krasser Weise gegen das Verursacherprinzip, sondern schaffen vielmehr weitere Sachzwänge, welche in Zukunft zu weiteren Steuer- und Abgabeerhöhungen bei der Strasse führen werden.
Mit dem Vorschlag, die bislang befristeten Einnahmen des Strassenverkehrs für den FinöV-Fonds neu unbefristet in den vorgeschlagenen Bahninfrastrukturfonds (BIF) fliessen zu lassen, wird zudem die seit Jahrzehnten andauernde Zweckentfremdung der Strassenmittel in Milliardenhöhe zugunsten der Schiene permanent zementiert – ohne Absicht, die finanzielle Baustelle „öffentlicher Verkehr“ jemals reformieren zu wollen. Ein solches Vorgehen ist zutiefst wirtschafts- und strassenfeindlich. Die Entwicklungsmöglichkeiten des wichtigsten Verkehrsträgers der Schweiz – der Strasse – werden damit in unverantwortlicher Weise eingeschränkt.
Zum Geist der strassendiskriminierenden Vorlage passt auch, dass mit dem Entwurf vorderhand nur die Finanzierung und Projekte des öffentlichen Verkehrs geregelt werden sollen. Erst in einem nächsten Schritt, wenn die Transferleistungen der Strasse zur Schiene unter Dach und Fach gebracht wurden, sind Lösungen für den Strassenverkehr vorgesehen. Ein solch durchschaubares, einseitiges Vorgehen kann und darf nicht akzeptiert werden. Um eine mehrheitsfähige Vorlage zu erhalten, sind die Finanzierung und Vorhaben beider Verkehrsträger parallel und in getrennten Fonds, mit Beseitigung jeglicher Zweckentfremdung, zu regeln. Die VCS-Initiative ist deshalb ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung zu bringen.
Allgemeines
Gut funktionierende Verkehrsinfrastrukturen sind von eminenter Bedeutung für Wirtschaft, Wachstum und Wohlstand eines Landes. Die Schweiz ist hier immer noch in einer guten Ausgangslage – Ausbau und Investitionen sind aber angesichts des explosionsartigen Bevölkerungswachstums der letzten Jahre und der dadurch stark ansteigenden Mobilität unumgänglich. Viele Strecken sind längst an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt. Wird hier in Zukunft nicht entschlossen Gegensteuer gegeben, wird der bereits heute in die Milliarden gehende volkswirtschaftliche Schaden weiter anwachsen. Eine Vorlage zur Finanzierung zukünftiger Infrastrukturen ist daher klar nötig. Notwendig ist aber auch, dass die bestehenden Probleme im Bereich der Verkehrsfinanzierung endlich gelöst werden. Nur durch ein konsequentes Entflechten der Finanzierungsströme und einem klaren Bekenntnis zum Verursacherprinzip wird es gelingen, die bestehenden und künftigen Herausforderungen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur zu meistern. Der Entwurf in der vorliegenden Form genügt diesen Ansprüchen jedoch klar nicht.
Nicht nur, dass der wichtigste Verkehrsträger – die Strasse – aussen vor bleibt und damit elementare Vorhaben und Engpassbeseitigungen in diesem Bereich nicht stattfinden können, sondern auch die Tatsache, dass die ungerechtfertigte Zweckentfremdung von Strassengelder zur Schiene weiter gefestigt wird, zeigt klar die ideologische Stossrichtung der Vorlage. Ein neuer Entwurf hat den Ansprüchen aller Verkehrsträger zu genügen. Einer ideologischen Bevorzugung eines Verkehrsträgers zum Nachteil eines anderen ist eine klare Absage zu erteilen.
Finanzierung
Zentral bei der Lösung der künftigen Probleme der Verkehrsinfrastruktur ist die Finanzierung. Im Bericht des Bundesrates zur Zukunft der nationalen Infrastrukturnetze in der Schweiz vom letzten Jahr wird der Bedarf an finanziellen Mitteln für Ausbau und Unterhalt der Strasseninfrastruktur in den Jahren 2010 bis 2030 auf gesamthaft 78 Mrd. CHF veranschlagt. Für den Ausbau und Unterhalt der Schieneninfrastruktur wird für den gleichen Zeitraum gemäss Bericht mit einem Mittelbedarf von rund 95 Mrd. CHF gerechnet. Problematisch dabei ist, dass bei der Schiene lediglich 20 Mrd. CHF und der Strasse nur 28 Mrd. CHF davon gedeckt sind. Eine Lösung der Finanzierungsproblematik ist daher unumgänglich.
Elementar für eine nachhaltige Finanzierung sind neben den verkehrspolitischen Grundsätzen – Verursacherprinzip, keine Steuern ohne Zweckbindung oder auf Vorrat sowie bedarfsgerechte Finanzierung – auch der Ansatz des Kosten/Nutzungsverhältnis und der Einbezug der Wirtschaftlichkeit. Alle Vorhaben im Verkehrsbereich haben grundsätzlich diese Kriterien zu erfüllen. Ziel muss sein, dass mit minimalem Einsatz von Kapital der grösstmögliche Nutzen generiert wird. Dabei sind der künftige Unterhalt und die Betriebskosten ebenfalls in diese Analyse miteinzubeziehen. Genügen Projekte diesen Ansprüchen nicht, so sind alternative Lösungen zu suchen.
Der vorliegende Entwurf kann diesbezüglich klar nicht überzeugen. Weder wird damit das bestehende Finanzierungsgeflecht gelöst, noch das seit Jahrzehnten bestehende Transferzahlungssystem von Strassengeldern zur Schiene abgeschafft. Im Gegenteil: Die Vorlage zementiert die in krasser Weise gegen das Verursacherprinzip verstossende Zweckentfremdung der Strassenmittel und will diesen strassenfeindlichen Ansatz sogar in der Verfassung festschreiben.
Damit unterscheidet sich der Gegenvorschlag des Bundesrates nur marginal von der VCS-Initiative. Die Zahlen der Quersubventionierungen zeigen dies deutlich: In den Jahren 2029 bis 2040 würden die jährlichen Transferzahlungen der Strasse zur Schiene gemäss VCS-Initiative rund 2 Mrd. CHF ausmachen. Beim direkten Gegenvorschlag des Bundesrates belaufen sich die Quersubventionierungen im selben Zeitraum auf rund 1,8 Mrd. CHF jährlich. Eine solche Zweckentfremdung spottet jeder Beschreibung und ist angesichts der früheren Beschlüsse, wonach die Erträge des Strassenverkehrs zeitlich befristet für den Schienenverkehr verwendet werden, ein regelrechter Skandal. Per Saldo würden damit dem Strassenverkehr auf Dauer etwa gleichviele Mittel entzogen, wie das bei der VCS-Initiative der Fall wäre – dies notabene vor den Hintergrund, dass auch bei der Finanzierung der Strassenverkehrsinfrastruktur akuter Handlungsbedarf herrscht. Mit einer konsequenten Beseitigung jeglicher Zweckentfremdung von Strassengeldern würden künftig genügend Mittel für deren Infrastruktur zur Verfügung stehen und zwar ohne zusätzliche Erhöhungen bei Vignette, Treibstoffpreisen oder anderen die Strasse betreffenden Abgaben.
Zugestimmt werden kann hingegen dem Vorschlag, die Kantone und insbesondere die Bahnbenutzer verstärkt an der Finanzierung zu beteiligen. Diese erhalten durch die vorgesehenen Projekte einen klaren Mehrwert. Mit dem Einbezug der Bahnbenutzer wird zudem ein erster Schritt in Richtung Verursacherprinzip getan. Ziel muss aber sein, dass in Zukunft jeder Verkehrsträger jene finanziellen Mittel bekommt, welche er generiert und damit die Nutzer ihre Infrastruktur finanzieren, so wie es heute bereits bei der Strasse der Fall ist. Entschieden abgelehnt wird dagegen die Plafonierung des Fahrkostenabzugs bei der direkten Bundessteuer. Diese Massnahme würde einmal mehr massiv die Autopendler belasten, was angesichts der bereits bestehenden Zweckentfremdung der Strassengelder und aufgrund der Tatsache, dass der Strassenverkehr bereits heute seine Kosten deckt, klar abzulehnen ist. Eine solche Pendlerstrafe für Autofahrer benachteiligt zudem die ländlichen Regionen und widerspricht damit auch dem Raumkonzept und dem in der Bundesverfassung festgehaltenen Grundsatz der dezentralen Besiedelung.
Die in der Botschaft erwähnte Vereinfachung des Systems der Finanzierungsquellen ist ebenfalls nicht vorhanden. Auch mit dem FABI-Gegenvorschlag wird der Schienenverkehr künftig aus mehreren Gefässen (BIF, IF, SFSV) finanziert. Die Finanzierung der Verkehrsinfrastrukturen bleibt damit weiter ein Flickwerk ohne die dringend geforderte und nötige Transparenz. Aus diesem Grund fordert die SVP einmal mehr, dass für die künftige Verkehrsfinanzierung zwei voneinander getrennte, unabhängige und das Verursacherprinzip respektierende Fonds für Strasse und Schiene geschaffen werden.
Fazit
Die Vorlage ist ein Frontalangriff auf den Strassenverkehr. Sie schafft weder die dringend nötige Transparenz, noch führt sie zu einer nachhaltigen Finanzierung aller Verkehrsträger. Mit der unbefristeten Einlage von Strassenverkehrsmitteln in den BIF wird die bisher praktizierte Zweckentfremdung verfassungsmässig zementiert. Einem solchen Taschenspielertrick des Departements UVEK auf Kosten der Autofahrer wird die SVP nie zustimmen. Die künftige Finanzierung der Verkehrsinfrastrukturen hat sich am Verursacherprinzip zu orientieren. Jegliche Transferzahlungen von einem Verkehrsträger zum anderen werden grundsätzlich abgelehnt.
Es kann und darf nicht sein, dass der kostendeckende Strassenverkehr sich ad infinitum an der Finanzierung und dem Unterhalt der Schieneninfrastruktur beteiligen muss. Jeder Verkehrsträger hat die Mittel zu bekommen, die er generiert.
Alle Vorhaben und Projekte eines Verkehrsträgers sind künftig zudem einer konsequenten Kosten-/Nutzenanalyse unter Einbezug der Wirtschaftlichkeit zu unterziehen. Dabei sind auch die künftigen Kosten von Unterhalt und Betrieb mit einzubeziehen. Maximaler Nutzen bei minimalem Kapitaleinsatz muss die Devise sein. Regionale Sonderwünsche oder ideologisch motivierte Benachteiligung einzelner Verkehrsträger haben dabei keinen Platz.
Um eine möglichst umfassende, allen Verkehrsmitteln gerechte Finanzierung zu ermöglichen, ist die strassenfeindliche VCS-Initiative rasch und ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung zu bringen. Der vorliegende Entwurf FABI ist aufgrund der oben postulierten Anmerkungen zu überarbeiten und dem Parlament erst nach der Volksabstimmung zur Initiative vorzulegen.