Auch wenn es rein sozialversicherungsrechtlich gute Gründe zur Angleichung der Militärversicherung an die Kranken- und Unfallversicherung gibt, kann die SVP der vorliegenden Revision nicht…
Antwort der Schweizerischen Volkspartei
Auch wenn es rein sozialversicherungsrechtlich gute Gründe zur Angleichung der Militärversicherung an die Kranken- und Unfallversicherung gibt, kann die SVP der vorliegenden Revision nicht zustimmen. Erstens wird von Einsparungen gesprochen, welche wenig plausibel erscheinen, respektive aufgrund der Demographie der Militärversicherungs-Leistungsbezüger mortalitätsbedingt ohnehin eintreten würden. Zweitens werden Leistungen von Armeeangehörigen gekürzt, welche in Erfüllung ihrer Militärpflicht zu Schaden kommen. Eine solche Regelung führt zu einer weiteren Verminderung der Attraktivität des Militärdienstes sowie der Armee als Arbeitgeber. Besonders stossend sind aus Sicht der SVP sämtliche vorgeschlagenen Einsparungen für die Milizangehörigen, insbesondere die Schlechterstellung beim Invaliditätsanspruch, die Reduktion bei den Hinterlassenenrenten sowie bei der Abgeltung des Integritätsschadens.
Mit der Revision des MVG werden folgende Ziele angestrebt: Aktualisierung des MVG, Verbesserung der Synergien mit der SUVA im Bereich der Führung und Einsparungen in der Höhe von 5 bis 10 Prozent des Finanzbudgets in den Jahren 2009 bis 2011. Allerdings hat die SVP gegenüber der hier präsentierten Vorlage erhebliche Vorbehalte:
Einschränkungen des Unfall- und Krankenversicherungsschutzes für die Miliz
Die Revision sieht vor, die Haftung des Bundes während des Urlaubes und bei Dienstunterbrüchen zu beschränken und für das Ausmass der Leistungen bei Unfall auf das UVG und bei Krankheit auf das KVG abzustellen. Damit wird an einem Verfassungsgrundsatz gerüttelt. Denn in Art. 59 Abs. 5 BV steht, dass „Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitliche Schäden erleiden oder ihr Leben verlieren“ angemessen entschädigt werden sollen. Dies bedeutet, dass der Schutz der Armeeangehörigen (AdA) umfassend zu verstehen und nicht nur auf die reine Dienstzeit begrenzt ist. Mit der vorgeschlagenen Änderung entsteht für bestimmte Personengruppen (Selbständigerwerbende, Studenten, Erwerbslose) unter Umständen eine Versicherungslücke, denn das Risiko Erwerbsausfall/Invalidität/Tod bei Krankheit ist ab dem 11. Tag Urlaub oder bei Dienstunterbruch nicht mehr gedeckt. Des weiteren ist vorgesehen, die Integritätsrente durch eine Integritätsentschädigung nach UVG zu ersetzen, was erneut zu einem massiven Abbau der Militärversicherungsleistungen führt, nachdem bereits 2004 die Integritätsschadenrenten um 40 Prozent im Rahmen des Entlastungsprogramms 2004 gekürzt worden sind. Die vorgesehene Integritätsentschädigung trägt dem Haftpflichtcharakter der Militärversicherung zu wenig Rechnung. Ein AdA könnte somit bei einem schlimmen Militärunfall nur noch die maximale Genugtuung in der Höhe einer Integritätsentschädigung nach UVG im Umfang von 126’000 Franken geltend machen. Dies entspricht oft nur der Hälfte einer möglichen Genugtuung nach Haftpflichtrecht (Art. 47 OR). Dies bedeutet, dass ein AdA für die Schäden in Ausführung seiner Vaterlandspflicht schlechter entschädigt wird als privatrechtlich Versicherte. Ausserdem wird ein Mindesterwerbsunfägigkeitsgrad für die Erlangung einer IV-Rente nach MVG von 10 Prozent eingeführt, was ebenfalls eine Verschlechterung der Versicherungsausstattung bedeutet. Des Weiteren werden die Leistungen der Hinterlassenenrente massiv nach unten korrigiert: Überlebende Ehegatten erhalten keine Renten mehr, die Elternrente wird aufgehoben und im Falle von mehreren Hinterlassenenrenten werden zusätzliche Kürzungen vorgenommen.
Abbau der Leistungen für Berufsmilitärs
Der hier vorgeschlagene Abbau beim Versicherungsschutz des beruflich versicherten Personals im Krankheitsfall führt zu einer erneuten Schlechterstellung des militärischen Berufspersonals. Dies entgegen dem Willen der GPK des Nationalrates, welche den Bundesrat angehalten hat, Massnahmen zu Gunsten des militärischen Berufspersonals zu ergreifen. Das Vertrauen in den Arbeitgeber Armee würde dadurch einmal mehr strapaziert.
Unklare Höhe der Einsparungen
Im Vernehmlassungsbericht wird klar gestellt, dass es „schwierig ist, die Einsparungen…()… abzuschätzen, da die Militärversicherung weiterhin für die bereits laufenden Fälle und deren Spätfolgen haftet (S. 17)“. Weiter wird gesagt, dass es mortalitäts- und rekrutierungsbedingt ohnehin zu Einsparungen in der Militärversicherung kommt: „ Aufgrund der Alterstruktur der Rentenbezüger und der abnehmenden Zahl der Neurenten, die in den letzten Jahren von der Militärversicherung gewährt wurden, ist in den kommenden Jahren mit einem weiteren Rückgang der Ausgaben zu rechnen.“ Allerdings hätte das VBS im Falle der Verwirklichung der Vernehmlassungsvorlage zusätzliche Taggelder im Umfang von 5,3 Millionen Franken zu berappen. Ausserdem resultiert eine massive Zusatzbelastung der ohnehin schon sanierungsbedürftigen Bundespensionskasse Publica.
Die sozialversicherungsrechtliche Intention der Stossrichtung der Revision ist zwar lobenswert, sie respektiert allerdings die Gefahren des Sonderstatusverhältnisses aller AdA nur ungenügend. Sie führt zu Leistungskürzungen bei Personen, welche in Erfüllung ihrer obligatorischen Dienstpflicht zu Schaden gekommen sind. Solchen Milizsoldaten schlechtere Leistungen zu gewähren, obwohl bei genauerer Betrachtung mehr als zweifelhafte Einsparungsmöglichkeiten bestehen, ist die SVP nicht bereit. Die SVP lehnt die Revision des MVG ab, da diese zu einer weiteren Schwächung unserer Milizarmee führen würde.