Vernehmlassung

Faire Abstimmungskampagnen

Die SVP erachtet den Bericht der Staatspolitischen Kommission als einen Affront gegenüber den mündigen Bürgern und dem schweizerischen System der direkten Demokratie. Die Gesetzesvorlage lehnt sie…

Antwort der Schweizerischen Volkspartei (SVP)

Die SVP erachtet den Bericht der Staatspolitischen Kommission als einen Affront gegenüber den mündigen Bürgern und dem schweizerischen System der direkten Demokratie. Die Gesetzesvorlage lehnt sie daher entschieden ab.

1. Der mündige Bürger als Fundament der Demokratie

Die Mündigkeit des Bürgers ist gleichsam Fundament wie Voraussetzung für jedes demokratisch strukturierte Gemeinwesen. In der direkten Demokratie bildet die Gesamtheit der Bürger zusammen mit dem Parlament die Legislative. Zusammen mit den Kantonen sind die Stimmbürger Verfassungsgeber.

Jeder mündige Bürger kann abstimmen und wählen, sich aber auch wählen lassen und so staatsbürgerliche Verantwortung übernehmen. Zu diesen Bürgerrechten gesellen sich, dies erfordert der genossenschaftliche Gedanke der Schweiz, die Bürgerpflichten. An oberster Stelle steht die Wehrpflicht, welche der mündige Bürger als Angehöriger der Schweizer Armee wahrzunehmen hat.

So steht die Milizarmee neben dem Milizparlament; in der Mitte aber ist immer der mündige Bürger.

2. Parteien sind wichtig, aber nicht entscheidend

Parteien spielen in der Demokratie eine Rolle. Ihre Bedeutung ist in der repräsentativen Demokratie jedoch höher als in der direkten Demokratie der Schweiz. So ist denn die Nennung der Parteien in Art. 137 BV rein deklamatorischer Natur. Diesen elementaren Punkt jedoch verschweigt der Bericht der staatspolitischen Kommission gänzlich.

Der Aussage, Parteien seien „zentrales Bindeglied zwischen Volk und staatlicher Gewalt“ ist entschieden zu widersprechen. Parteien sind das Volk. Dort, wo sie sich als über dem Volk stehend begreifen, haben sie keinen Erfolg mehr in ihrem Wirken. Die Wahlresultate verschiedener Bundesratsparteien zeigen dies in aller Deutlichkeit.

2.1. Erfolgreiche Parteien spüren keine „Erosionstendenzen“

Die Aussage, dass sich „seit rund 20 Jahren“ an der Basis der Parteien „Erosionstendenzen bemerkbar“ machen würden (S. 11), ist in dieser Generalität falsch. Die Parteien, so der erläuternde Bericht der Staatspolitischen Kommission, hätten „trotz punktuellen Neugründungen von Orts- und Kantonalparteien“ zusammen rund einen Fünftel ihrer Mitglieder verloren. Wenn besagter Bericht davon spricht, dass die SVP einen „Rückgang der Zahl der Parteiaktiven“ von „ca. 30 Prozent“ hätte verzeichnen müssen (S. 12), so ist dies frei erfunden und entbehrt jeder sachlichen Grundlage. Es ist bedenklich, dass sich die Kommission solch esoterischer und wirklichkeitsferner Aussagen bedienen muss, um ihre fehlgeleiteten Anliegen zu untermauern.

Wir gestatten uns den Hinweis, dass die Vermutungen und Unterstellungen der SPK-NR auf die Schweizerische Volkspartei in keiner Weise zutreffen. In den vergangenen 10 Jahren hat die SVP im Durchschnitt jede Woche eine Orts- oder Bezirkspartei gegründet. Dies war mit dem Gewinn von mehreren Tausend Mitgliedern verbunden.

Ebenso absurd ist der Hinweis, dass „finanzstarke Interessenverbände“ die Abstimmungsresultate „unter Umgehung der Parteien“ über Gebühr beeinflussen können. Dies bringe die Gefahr mit sich, dass der „Volkswillen einseitig beeinflusst“ werde, was wiederum dem „Ansehen der Parteien“ und „dem Ansehen der politischen Institutionen des Landes“ schade.

Mit Verlaub: Derartige Aussagen sind derart dumm und wirr, dass eigentlich jeder Kommentar dafür zu schade ist. Umso mehr Bauchweh verursacht es, dass derartiges Geplauder in einem Bericht zu finden ist, der – unter welchen Umständen auch immer – von einer Mehrheit der Kommission verabschiedet worden ist.

Man wird den Eindruck nicht los, dass die Vorlage darauf angelegt ist, wenig erfolgreiche Parteien wie die SP, FDP oder CVP, welche tatsächlich unter Erosionstendenzen leiden, staatlich zu stützen. Die Erosion, welche sich am Fundament der Freisinnigen oder der Sozialdemokratischen Partei bemerkbar macht, ist indessen keine systemimmanente Erscheinung, sondern liegt vielmehr an der schlechten politischen Arbeit und den oftmals unverständlichen Haltung besagter Vereinigungen.

2.2. Staatliche Parteienförderung: der falsche Ansatz

Der Bericht stellt richtig fest, dass die direkte wie auch indirekte staatliche Parteienförderung in der Schweiz „nicht mehrheitsfähig“ sind (S. 12). Dies mit gutem Grund: Staatliche Unterstützung für Parteien passt nicht ins Milizsystem der Schweiz. Darum wird auch die Frage, ob die Erhöhung der Fraktionsbeiträge – im gleichen Atemzug sind die Erhöhungen der Entschädigungen für die Ratsmitglieder zu nennen – wirklich eine „nennenswerte Verbesserung“ (S. 12) seien, mit Fug und Recht gestellt.

Die Aussage, dass Parteien in anderen europäischen Ländern auch in den Genuss der direkten Zuwendung staatlicher Leistungen kommen und sogar „über kostenlose Sendezeit an Radio und Fernsehen“ verfügten, ist vollkommen belanglos. Die Verfassungssysteme der anderen europäischen Staaten unterscheiden sich grundlegend von demjenigen der Schweiz und lassen sich nur schwer mit dem direkt-demokratischen System und der föderalistischen Struktur der Eidgenossenschaft vergleichen. Den Parteien und damit auch der Parteienfinanzierung kommt im Ausland eine ganz andere Bedeutung zu, welche weder zum schweizerischen System passt noch anzustreben ist.

3. Wie erreichen wir „faire Abstimmungskampagnen“?

Wenn die SPK es als staatspolitisch bedenklich erachtet, dass es Abstimmungskämpfe gibt, die „öffentlich und medial kaum stattfinden, weil keine nennenswerten finanziellen Interessen vorhanden sind und deshalb nur minimale Mittel für eine Kampagne aufgewendet werden müssen“, so ist sie daran zu erinnern, dass die Einschätzung der politischen Relevanz einer bestimmten Sachvorlage in einer Demokratie doch dem Souverän – und nicht parlamentarischen Kommissionen – obliegt.

Wer meint, ein grosses persönliches Engagement eines Abstimmungskomitees erfordere staatliches Tätigwerden und hierzu gar den „service public“ als Argument heranzieht, hat die Grundmechanismen der schweizerischen Demokratie nicht wirklich begriffen.

Widersprüchlich ist schliesslich die Aussage, dass es nicht nur um eine Stärkung der politischen Parteien, sondern „aller politisch direkt an den Sachabstimmungen Beteiligten, also auch der Initiativ- und Referendumskomitees“ gehen müsse (S. 13), wo doch weiter oben beklagt wird, wie schädlich finanzstarke Interessenverbände für das Ansehen der Parteien seien (S. 12). Warum Initiativ- und Referendumskomitees, nicht aber Verbände unterstützt werden sollen, vermag die Kommission in ihrem Bericht sodann nicht schlüssig darzulegen.

3.1. Gesetz über Mitwirkung der Parteien ist unnötig

Zu meinen, eine Abstimmungskampagne sei dann zielführend, wenn ihr ein „Bundesgesetz über die Mitwirkung der politischen Parteien an der Meinungs- und Willensbildung des Volkes“ zugrunde liege, ist absurd und einer Demokratie unwürdig.

Der mündige Bürger ist selber in der Lage, zu entscheiden, welche Abstimmungsvorlage ihn interessiert und welche nicht. Sodann liegt es in der Freiheit jedes Einzelnen, an einer Abstimmung teilzunehmen oder auch nicht. Dass hierfür auch noch Gesetze geschaffen werden, kommt nicht in Frage.

3.2. Geld ist nicht entscheidend in Abstimmungskämpfen

Die Kommissionsmitglieder haben offensichtlich wenig Erfahrung mit Abstimmungs- und Wahlkämpfen, wenn sie meinen, die Geldmittel seien der alleinige und entscheidende Faktor für den Abstimmungs- oder Wahlerfolg.

Ein Beispiel: Für die Kampagne zur Volksinitiative gegen Asylmissbrauch standen dem Initiativkomitee rund 200’000 Franken zur Verfügung – eine für schweizerische Verhältnisse tiefe Zahl. Trotzdem erreichte die Initiative am 24.11.2002 über 49,9% der Stimmen und wurde beinahe angenommen. Das Geld ist also nicht entscheidend für den Erfolg eines politischen Anliegens bzw. für den Erfolg einer Kampagne.

Entscheidend sind viel mehr eine klare Botschaft die Motivation der Bürger zur Stimmabgabe durch eine überzeugende Begründung die Glaubwürdigkeit des Abstimmungskomitees bzw. der Partei, welche das betreffende Anliegen vertritt. Diese Faktoren jedoch kann die Staatspolitische Kommission nicht gesetzlich verordnen – sie hängen von den politischen Gruppierungen und deren Exponenten allein ab.

4. Verschiedenes

4.1. Ja zur politischer Werbung an Radio und Fernsehen

Gegen politische Werbung an Radio und Fernsehen hat die SVP nichts einzuwenden. Die Möglichkeit hierzu ist jedoch über eine Änderung des Radio- und Fernsehgesetzes zu bewerkstelligen und nicht durch staatliche Subventionsbeiträge und Zwangsausstrahlungen. Besagte Werbeausstrahlungen sind sodann privat zu finanzieren.

4.2. Staatspolitische Kommission hat andere Aufgaben

Die SVP ist befremdet über diese Aktivitäten und Darlegungen der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates. Sie lassen auf ein offensichtlich gestörtes Verhältnis zu den Mechanismen und Instrumenten der direkten Demokratie schliessen.

Es würde der Kommission gut anstehen, sich um die wirklichen Probleme unseres Landes zu kümmern, statt mit derart wirklichkeitsfernen und teils völlig absurden Ausschweifungen Steuergelder zu verbrauchen.

Das Anliegen und die entsprechende Vorlage sind gänzlich unberechtigt, unverhältnismässig, wettbewerbsverzerrend, und stehen in direktem Widerspruch zu unserem Staatssystem der direkten Demokratie. Daher wird es von der SVP klar abgelehnt.

 
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