Die SVP lehnt die vorliegende Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes entschieden ab. Der Entwurf beinhaltet einer Reihe unannehmbarer Änderungen. So ist es unter Integrationsgesichtspunkten…
Vernehmlassungsantwort der Schweizerischen Volkspartei (SVP)
Die SVP lehnt die vorliegende Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes entschieden ab. Der Entwurf beinhaltet einer Reihe unannehmbarer Änderungen. So ist es unter Integrationsgesichtspunkten gänzlich inakzeptabel, die Mindestaufenthaltsdauer für Bürgerrechtskandidaten von 12 auf 8 Jahre zu senken. Eine Einschränkung der Kantone bei der von ihnen definierten Mindestaufenthaltsdauer ist ebenfalls nicht hinnehmbar. Überdies widersetzt sich die SVP energisch dem Ansinnen, den auf Gemeindeebene zuständigen Einbürgerungsbehörden relevante Informationen über die Kandidaten, wie etwa deren Religionszugehörigkeit, aus Datenschutzgründen vorzuenthalten. Im Weiteren ist der Katalog der Integrationskriterien unvollständig. Die SVP verlangt deshalb, dass bei den Einbürgerungskandidaten zusätzlich eine Akzeptanz der hiesigen Grundwerte und eine Vertrautheit mit den lokalen Gegebenheiten erkennbar sein sollte. Ebenfalls sollten von ihnen finanzielle Selbständigkeit und grundlegende Kenntnisse über die Funktionsweise unseres Bundesstaates sowie über dessen Geschichte verlangt werden. Von Männern ist ferner die Bereitschaft zur Leistung von Militärdienst zu fordern und schliesslich sollte die Verurteilung für schwere Straftaten ein definitives, unverjährbares Einbürgerungshindernis darstellen.
Der Entwurf für eine Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes ist abzulehnen. Zum einen werden inakzeptable Änderungen ins Auge gefasst und zum anderen zahlreiche wichtige Anforderungen an den Einbürgerungsprozess unterschlagen.
Zu den einzelnen Artikeln:
Formelle Einbürgerungsvoraussetzungen, Art. 9 lit. b VE
Es ist es zwar richtig, die C-Bewilligung als formelle Einbürgerungsvoraussetzung zu statuieren (Art. 9 lit. a); nicht akzeptabel hingegen ist eine Herabsetzung der zwölfjährigen Wohnsitzfrist auf 8 Jahre. Diese noch dazu „im Sinne eines Anreizes für eine rasche Integration“ vorzuschlagen, gleicht einem Schildbürgerstreich. Bei allen ausländerrechtlichen Ermessensabwägungen bezüglich Integration stellt die Dauer der Anwesenheit das gewichtigste Kriterium dar. Sowohl unter diesem zentralen Gesichtspunkt als auch angesichts der weitgehenden direktdemokratischen Mitbestimmungsrechte, welche mit dem Erwerb des Bürgerrechts verbunden sind, ist eine Verkürzung der Wohnsitzfristen von 12 auf 8 Jahre nicht hinnehmbar.
Des Weiteren ist zu fordern, dass die in den Gesuchsunterlagen angegebene Nationalität der Einbürgerungskandidaten mit der Realität übereinstimmt. Gerade im Zusammenhang mit den Auflösungen resp. Neubildungen von Staaten auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien ist es in der Vergangenheit öfters vorgekommen, dass Einbürgerungskandidaten unter einer falschen Staatsbürgerschaft geführt wurden. Entspricht die angegebene Nationalität nicht der Wahrheit, läuft das auf eine problematische Irreführung der Stimmbürger resp. der Einbürgerungsbehörde hinaus. Es geht letztlich um die Garantie der unverfälschten Willensäusserung.
Kantonale und kommunale Aufenthaltsdauer, Art. 18 VE sowie Variante
In diesem Zusammenhang ist auch Art. 18 VE inklusive Variante abzulehnen, beschneiden diese Bestimmungen doch die Kantone und Gemeinden in ihrer Freiheit, für den Erhalt des Kantons- resp. Gemeindebürgerrechts eine eigene Mindestaufenthaltsdauer auch von mehr als drei Jahren bzw. einem Jahr vorzusehen.
Anrechnungsfähige Aufenthaltstitel, Art. 33 Abs. 2 VE
Die vorläufige Aufnahme darf nicht an die für eine Einbürgerung relevante Aufenthaltsdauer angerechnet werden. Vorläufig aufgenommen werden in aller Regel Asylsuchende, deren Antrag und damit Recht auf Asyl abgelehnt wurde, die aber aus technischen Gründen nicht in ihr Herkunftsland zurückgeschafft werden können. Aufgrund des abgewiesenen Asylantrags besteht bei dieser Personengruppe keinerlei Integrationsinteresse. In der Phase dieses prekären Status der vorläufigen Aufnahmen sind auch keine Integrationsmassnahmen vorzusehen, muss die Rückschaffung doch jeden Moment bevorstehen.
Schutz der Privatsphäre / Datenbekanntgabe, Art. 17 VE / Art. 45 VE
Problematisch sind ferner die Formulierungen in Art. 17 VE: Einbürgerungskandidaten müssen eine gewisse Einschränkung ihrer Privatsphäre dulden. Es kann nicht sein, dass den für die Einbürgerung zuständigen Gemeindebehörden wie Einbürgerungskommissionen oder Gemeindeversammlungen für die Integration relevante Informationen über die Kandidaten aus Datenschutzgründen vorenthalten werden können. Es sind deshalb die überaus interpretationsoffenen Generalklauseln in Art. 17 Abs. 1 und 3 VE zu streichen. Neben der Staatsangehörigkeit und der Aufenthaltsdauer ist insbesondere auch die Religionszugehörigkeit der Kandidaten anzugeben und entsprechend in Art. 17 Abs. 2 VE aufzunehmen.
In Art. 45 Abs. 1 VE ist das Modalverb „kann“ durch ein „muss“ zu ersetzen. Das BFM muss auch den auf kantonaler und lokaler Ebene mit der Einbürgerung betrauten politischen Behörden auf Anfrage sämtliche Personendaten – insbesondere auch Strafregisterauszüge und andere bezüglich begangener Straftaten relevante Informationen – über die Einbürgerungskandidaten bekannt geben. Zwecks Wahrung des Datenschutzes gegen aussen ist den Vertretern der lokalen Einbürgerungsbehörden immerhin die persönliche Einsichtnahme in entsprechende Informationssammlungen zu gewähren.
Begründungspflicht, Art. 16 VE
Was die seitens des Bundesgerichts in zwei fraglichen Entscheiden aus dem Jahr 2003 statuierte Begründungspflicht angeht, so verlangt die SVP, dass an diese keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Es darf dem einfachen Bürger nicht durch komplizierte materielle Begründungserfordernisse verunmöglicht werden, an Gemeindeversammlungen einen Ablehnungsantrag zu stellen.
Einbürgerungsvoraussetzungen / Integrationskriterien, Art. 11 und 12 VE
Die SVP verlangt einige Präzisierungen bei den Einbürgerungsvoraussetzungen. Einbürgerungskandidaten müssen über die „schweizerischen Lebensverhältnisse“ hinaus auch mit den konkreten örtlichen Gegebenheiten vertraut sein (Art. 11 Bst. b). Auch ist von den einbürgerungswilligen Männern in einem Bst. e zu Art. 11 zu verlangen, dass sie sich grundsätzlich zur Leistung von Militärdienst bereit erklären. Im Weiteren muss – als Ergänzung zur Bestimmung über die Sicherheitsgefährdung (Bst. c) – die Verurteilung für schwere Straftaten ein definitives, unverjährbares Einbürgerungshindernis darstellen (Bst. d).
Die Absicht, über die gesamte Rechtsordnung kohärente Anforderungen an den Integrationsgrad zu schaffen, wäre grundsätzlich zu begrüssen; die hierzu nötige Umschreibung des Integrationsbegriffs in Art. 12 VE ist vorliegend jedoch ungenügend. Richtig ist, die Aufzählung nicht abschliessend zu halten. Ebenso bilden die erwähnten Kriterien zentrale Voraussetzungen, doch fehlt das Erfordernis einer Akzeptanz der hiesigen Grundwerte. Der Begriff „grundlegende Prinzipien der Bundesverfassung“ ist nicht ausreichend, da er sich nur auf die Rechtsordnung, nicht aber auf die mehrheitlich gelebten gesellschaftlichen Werte bezieht.
Die SVP verlangt ferner als zusätzliche Einbürgerungsvoraussetzung, dass Kandidaten keine Sozialhilfe beziehen dürfen (Art. 11 Bst. f VE).
Schliesslich fehlt die Anforderung, über die für einen Staatsbürger grundlegendsten Kenntnisse unseres Bundesstaates sowie dessen Geschichte zu verfügen.
Einbezug der Kinder, Art. 30 VE
An dieser Stelle ist vorzusehen, dass Ehepartner sowie deren minderjährige Kinder nur noch gemeinsam eingebürgert werden können – und dies nur, wenn alle Familienmitglieder die für eine Einbürgerung erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. Mit einer solchen Bestimmung könnte der Tendenz entgegen getreten werden, dass etwa in sprachlicher Hinsicht schlecht integrierte Familienmitglieder mit der Begründung nachträglich dennoch eingebürgert werden, der Vater oder Ehemann sei ja bereits Schweizer. Das Erfordernis der Familieneinbürgerung würde innerhalb der fraglichen Familien einen zusätzlichen Anreiz für alle Mitglieder schaffen, die lokale Sprache zu erlernen und sich um die eigene Integration zu bemühen.
Entzug des Bürgerrechts, Art. 42 VE
Der Entzug des Bürgerrechts darf nicht nur eine Option sein, sondern muss bei Doppelbürgern als Regel statuiert werden, wenn diese wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts, wegen einer Vergewaltigung oder eines anderen schweren Sexualdelikts, wegen eines anderen Gewaltdelikts wie Raub, wegen Menschenhandels, Drogenhandels oder eines Einbruchsdelikts rechtskräftig verurteilt worden sind; oder missbräuchlich Leistungen der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe bezogen haben.
Schliesslich verlangt die SVP, dass in allen Kantonen eine amtliche Publikation der Einbürgerungsgesuche erfolgen soll.