Vernehmlassung

Vorentwurf für ein Bundesgesetz über die Weiterbildung

Die Neuordnung der Verfassungsbestimmungen zur Bildung (Einführung und Änderung verschiedener Artikel der Bundesverfassung) wurde von nahezu allen Parteien, so auch der SVP, begrüsst und am 21. Mai…

Vernehmlassungsantwort der Schweizerischen Volkspartei (SVP)

Die Neuordnung der Verfassungsbestimmungen zur Bildung (Einführung und Änderung verschiedener Artikel der Bundesverfassung) wurde von nahezu allen Parteien, so auch der SVP, begrüsst und am 21. Mai 2006 vom Volk mit deutlichem Mehr angenommen. In Art. 64a BV wird eine gesetzliche Regelung der Weiterbildung gefordert, wobei dies nicht impliziert, dass ein neues Gesetz geschaffen werden muss, sondern auch bestehende Gesetze ergänzt werden könnten. Der vorliegende Entwurf zeigt, dass es in der Tat problematisch ist, gänzlich neue Gesetze zu schreiben. Sie werden dem Zeitgeist entsprechend mit ideologischen Forderungen angereichert und, um keine Interessen zu vernachlässigen, schwammig und weit gefasst. Die SVP weist den Vorentwurf an den Bundesrat zurück mit der Forderung, die im Folgenden erläuterten Problempunkte zu überarbeiten.

Allgemein
Auch wenn es richtig ist, dass Weiterbildung mindestens die ganze Phase der Erwerbstätigkeit betrifft und sich darüber hinaus sogar bis ins Rentenalter erstrecken kann, muss deshalb nicht der Begriff „lebenslanges Lernen“ verwendet werden. Er birgt die Gefahr, dass schliesslich eine Vielzahl von Angeboten, die nicht dem Bildungsbereich im engeren Sinne zugeordnet werden können, von diesem Gesetz erfasst wird (z.B. Freizeit- und Hobby-Angebote). Lebenslanges Lernen ist darum im gesamten Gesetzestext durch Weiterbildung zu ersetzen.

Artikel 1 Zweck und Gegenstand
Art. 1 Abs. 2 Bst. c ist zu streichen. Der Erwerb von Grundkompetenzen ist klar eine Aufgabe der obligatorischen Schulbildung und somit primär Sache der Kantone. Allfällige Lücken sind durch besondere Massnahmen auf kantonaler Ebene zu schliessen (z.B. im Rahmen von kantonalen Arbeitsvermittlungs- oder Eingliederungsprojekten). Es kann nicht von Weiterbildung gesprochen werden, wenn eigentlich grundlegendes Basiswissen bzw. Fähigkeiten gemeint sind. Natürlich bleibt es den Kantonen überlassen, diesbezüglich mit privaten Anbietern zusammenzuarbeiten bzw. Leistungsvereinbarungen etc. abzuschliessen. Der Bund jedoch hat seine eigenen Aktivitäten unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips zu koordinieren, ohne dies in einem neuen Gesetz regeln zu müssen.

Artikel 4 Ziele
Art. 4 Bst. b und c sind zu streichen, da der Weiterbildungsbereich grundsätzlich auf Eigenverantwortung und Eigenmotivation baut im Gegensatz zur formalen Bildung. Es genügt, wenn gesetzlich die Rahmenbedingungen für transparente und qualitativ gute Angebote geschaffen werden. Die Nachfrage ist nicht über die Forderung nach Teilnahme für alle Personen oder Chancengleichheit zu erhöhen. Eine angemessene Formulierung für die Förderung der Teilnahme an Weiterbildung durch Bund und Kantone findet sich in Art. 5 Abs. 3.
Hingegen fehlt als Ziel die Verbesserung oder der Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit des Einzelnen. Dieses sollte unbedingt in einem neuen Buchstaben eingefügt werden.
Anmerkung zu Art. 4 Bst. e: die Erhöhung der Vergleichbarkeit mit internationalen Ausbildungen und Abschlüssen ist zu begrüssen, darf aber keinesfalls zu einer Gleichschaltung der Angebote und Vereinheitlichung der Titel und Abschlüsse führen, geschweige denn einer weiteren Akademisierung in praxisorientierten bzw. nicht-akademischen Bildungsbereichen Vorschub leisten. So besteht beispielsweise die Gefahr, dass die bewährten höheren Fachausbildungen verdrängt werden könnten, bloss weil sie im Ausland nicht oder zuwenig bekannt sind und alle Welt nur auf das Bologna-System fokussiert. Ebenso ist zu vermeiden, dass es zu einer Überbewertung und forcierten Propagierung internationaler Ausbildungen und Abschlüsse kommt und dadurch eine „künstlich“ erhöhte Nachfrage nach solchen geschaffen wird. Es wäre unverantwortlich und falsch, unter dem Titel des Weiterbildungs- und anderer Bildungsgesetze anerkannte, hochwertige Ausbildungen abzuwerten, nur weil es sich um einzigartig schweizerische Angebote handelt, die international nicht bekannt oder vergleichbar sind.

Artikel 5 Verantwortung
Art. 5 Abs. 2 ist zu streichen, da er das Prinzip der Vertragsfreiheit zu verletzen droht. Es ist völlig unklar, welche Pflichten oder Rechte sich für Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus diesem Satz ergeben. Der Nutzen der Weiterbildung wird heute durch die Arbeitgeber bereits in hohem Masse erkannt und den Mitarbeitern oft entsprechende Unterstützung geboten. Geschieht dies nicht, hat dies meist betriebliche oder wirtschaftliche Gründe, was es zu akzeptieren gilt.

Artikel 8 Verbesserung der Chancengleichheit
Art. 8 ist ersatzlos zu streichen. Bereits mit dem einleitenden Satz wird impliziert, dass Bund und Kantone nur bestimmte Weiterbildungen regeln und unterstützen wollen, was der Idee eines Rahmengesetzes widerspricht. Die gesetzliche Sonderstellung bestimmter Personengruppen muss nicht in jedem Erlass wiederholt werden. Menschen mit Behinderung benötigen unbestrittenermassen oft besondere Unterstützung bei der Aus- und Weiterbildung, welche aber im Rahmen des IVG bereits umfassend geregelt wird. Die Integration von Ausländern unterliegt nach Ansicht der SVP klar dem Hol-Prinzip und soll hier nicht zu einer Staatsaufgabe gewandelt werden. Die einzige sinnvolle Forderung gemäss Buchstabe d (Arbeitsmarktfähigkeit) wurde bereits unter der Bemerkung zu Artikel 4 (siehe oben) behandelt.

Artikel 9 Vermeidung von Wettbewerbsverfälschungen
Die SVP begrüsst diese Forderung grundsätzlich, weil offensichtlich erkannt wird, dass gerade staatliche Förderungen zu einer Schädigung des Wettbewerbs führen. Allerdings ist in Art. 9 Abs. 1 das Wort „wirksam“ unbedingt zu streichen, da es nicht einsichtig ist, weshalb hier wirksamer und unwirksamer Wettbewerb unterschieden werden sollen. In seiner Antwort vom 3. Februar 2010 auf die Interpellation „Keine Wettbewerbsverzerrungen zuungunsten privater Bildungsanbieter“ hat der Bundesrat klar zum Ausdruck gebracht, dass im Weiterbildungsmarkt keine Wettbewerbsverzerrungen toleriert werden. Diese klare Haltung rechtfertigt keine Differenzierung nach wirksamem oder unwirksamem Wettbewerb.
Es sollte zudem überprüft und genauer erklärt werden, wie insbesondere das Verbot der staatlichen Quersubventionierung gemäss Art. 9 Abs. 3 in der Praxis umgesetzt werden kann.

5. Abschnitt: Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen Erwachsener
Ganzen Abschnitt 5 streichen. Vgl. Bemerkung zu Art. 1 Abs. 2 Bst. c.

Art. 21 Weiterbildungskonferenz
Die Weiterbildungskonferenz darf nicht nur aus Vertretern von Bund und Kantonen (also der Behörden) bestehen, sondern muss zwingend auch solche der privaten Bildungsanbieter und von Wirtschaft und Gewerbe (Branchen) umfassen. Dies um so mehr, wenn der Bund seine Bestrebungen nach einer Vermeidung von Wettbewerbsverfälschung seinerseits (vgl. Art. 9) glaubwürdig erscheinen lassen will.
Art. 21 Abs. 2 Bst. c ist zu streichen. Vgl. Bemerkung zu Art. 1 Abs. 2 Bst. c.

Zusammenfassend ist aus Sicht der SVP festzuhalten, dass Bund und Kantone im Bereich der Weiterbildung zu einem guten Umfeld und guten Rahmenbedingungen beitragen können. Ganz klar muss aber das Subsidiaritätsprinzip vor allem bei den Aktivitäten des Bundes gewahrt bleiben. Dies gilt um so mehr, als gerade im Bereich der Weiterbildung starke private Anbieter mit qualitativ hochwertigen Angeboten bereits heute auf dem Markt und im Wettbewerb stehen. Diese haben meist auch einen engen und guten Kontakt zu Wirtschaft und Gewerbe, wissen daher genau, was an Know-how und Fähigkeiten in der Weiterbildung vermittelt werden muss und sind flexibel in der Anpassung und Weiterentwicklung der Angebote. Hier kann staatliche Einflussnahme, sei es regulatorischer oder finanzieller Art, nur allzuleicht zu Fehlanreizen und Schädigung des Systems führen. Entsprechend ist darum ein künftiges Weiterbildungsgesetz als schlankes und doch klar formuliertes Rahmengesetz auszugestalten. Dies ist mit dem vorliegenden Entwurf nicht vollumfänglich geglückt. Wir fordern den Bundesrat daher auf, dieses Gesetz unter Berücksichtigung unserer Änderungsvorschläge nochmals zu überarbeiten.

 

 
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