Mit den Vereinbarungen gemäss Basel III, des darüber hinausgehenden „Swiss Finish“ und der „too big to fail“-Vorlage wurde eine Gesetzesgrundlage geschaffen, welche systemrelevante Banken…
Mit den Vereinbarungen gemäss Basel III, des darüber hinausgehenden „Swiss Finish“ und der „too big to fail“-Vorlage wurde eine Gesetzesgrundlage geschaffen, welche systemrelevante Banken verpflichtet, strenge Anforderungen in Bezug auf ihre Kapitalisierung etc. einzuhalten. Seitens der SVP wurde bereits im Zuge des Vernehmlassungsverfahrens zur Änderung des Bankengesetzes darauf hingewiesen, dass eine Erhöhung der Sicherheit wünschenswert ist und Sinn macht, jedoch nicht so ausgestaltet sein darf, dass durch wettbewerbsverzerrende Massnahmen die internationale Konkurrenzfähigkeit der betroffenen Institute negativ beeinflusst oder gar verunmöglicht wird. Die SVP hätte deshalb bei der „too big to fail“-Problematik eine Lösung bevorzugt, welche über organisatorische Massnahmen zu einer Abtrennung der risikorelevanten Teile der Grossbanken geführt hätte. Nur so kann ein Mitreissen der Volkswirtschaft im Extremfall verhindert und eine Staatsgarantie ausgeschlossen werden. Die SVP vertritt nun konsequenterweise die Meinung, dass auch die Revision der entsprechenden Verordnungen nicht dazu missbraucht werden darf, die Wettbewerbsfähigkeit der Finanzplatzes mit Massnahmen, welche über die Empfehlungen der Expertenkommission hinausgehen, zu behindern. Auch gilt es zu verhindern, dass kleinere Institute übermässigen Regulierungen unterworfen werden, obschon diese von den eigentlichen Kernproblemen nicht betroffen sind.
Revision der Eigenmittelverordnung (ERV; Basel III)
Die SVP hat grundsätzlich nichts gegen eine schweizerische Umsetzung von Basel III einzuwenden, welche den spezifischen schweizerischen Eigenheiten Rechnung trägt. Hingegen lehnen wir die geplante Abschaffung des schweizerischen Standardansatzes im Bereich Kreditrisiken ab, da es aus Sicht der SVP keinen triftigen Grund gibt, von diesem bewährten System abzu-weichen. Hinzu kommt, dass eine Umstellung mit einem erheblichen Kosten- und Zeitaufwand verbunden wäre, was kontraproduktiv ist. Die gesamten Umstellungskosten vom schweizerischen Standardansatz auf den internationalen Standardansatz werden auf 80 bis 100 Millionen Schweizer Franken beziffert. Diesen Betrag aufzuwenden, einzig um eine bessere internationale Vergleichbarkeit zu erreichen, scheint uns fragwürdig, umso mehr, als dass die grosse Mehrheit der schweizerischen Banken ihre Geschäftstätigkeit hauptsächlich auf die Schweiz fokussiert und demnach we-nig bis kein Interesse an besserer internationaler Vergleichbarkeit besteht.
Da aus unserer Sicht beim heutigen System die Vorteile die Nachteile deutlich überwiegen, sprechen wir uns unmissverständlich für die Beibehaltung des schweizerischen Standardansatzes aus.
Revision der Eigenmittelverordnung (ERV; antizyklischer Puffer)
Die Bestimmungen gemäss Basel III sehen einen antizyklischen Puffer vor, welcher ab dem Jahr 2016 schrittweise eingeführt werden kann. Wenn nun in der Schweiz ein entsprechendes Instrument wesentlich früher und nur das Hypothekargeschäft betreffend installiert wird, so hängen mit einem solchen Vorgehen grosse Risiken und Unsicherheiten zusammen. Zudem ist uns unklar, wie diese Massnahmen mit der vorgeschlagenen Änderung der Risikogewichtung für Wohnliegenschaften zusammenspielen, weil ja die gleichen Risiken betroffen sind.
Aus diesem Grund sprechen wir uns dafür aus, nicht voreilig im Alleingang ein makroprudentielles Instrument einzuführen, welches sich unter Umständen destabilisierend auf das schweizerische Finanzsystem auswirken könnte, sondern dies in Abstimmung mit dem internationalen Umfeld zu gegebener Zeit anzugehen.
Schliesslich haben wir Bedenken betreffend der vorgeschlagenen Aufgabentei-lung. Wenn der Bundesrat über die Einführung des antizyklischen Puffers ent-scheidet, dann steht den Betroffenen keine Möglichkeit offen, ein Rechtsmittel dagegen zu ergreifen. Auch stellen sich Fragen der Verfassungsmässigkeit und der gesetzlichen Grundlage dieser wirtschaftspolitischen Massnahme.
Revision der Eigenmittelverordnung (ERV; Risikogewichtung für Wohn-liegenschaften)
Mit den vorgesehenen Änderungen bei der Risikogewichtung für Wohnliegen-schaften sollten geeignete Massnahmen zur Bekämpfung einer allfälligen Über-hitzung im schweizerischen Hypothekargeschäft geschaffen werden. Aus Sicht der SVP besteht jedoch die berechtigte Sorge, dass höhere Eigenmittelvorgaben bei den Banken zu einer Überwälzung der Mehrkosten auf die Kunden führen könnten. Es ist zudem nicht nachvollziehbar, weshalb der Bund zusätzlich regulierend in die gut funktionierende Hypothekarkreditvergabe der Banken eingreifen will. Hier bestehen bereits heute Instrumente, welche dem Markt Rahmenbedingungen setzen. Die Schweiz weist europaweit den kleinsten Anteil an Hauseigentümern auf. Umso mehr gilt es, das Wohneigentum zu fördern und dementsprechend jungen Leuten, welche sich ein Eigenheim leisten wollen, nicht zusätzliche Erschwernisse in den Weg zu legen, ebenso wenig wie ältere Liegenschafts-eigentümer benachteiligt werden sollen. Mit der beabsichtigten Änderung besteht gemäss Fachkreisen jedoch gerade diese Gefahr. Zudem gilt es festzuhalten, dass die anvisierte Stärkung der Eigenmittel auf diversen anderen Wegen sichergestellt wird. Aus diesen Gründen erachten wir eine zusätzliche Eigenmittelunterlegung, welche kaum mehr Sicherheit bringt, dafür aber hohe Kosten generiert, als unverhältnismässig und überflüssig. Kategorisch abzulehnen sind aus Sicht der SVP zudem jegliche Regelungen, welche auch auf den bestehenden Hypothekenbestand ausgerichtet sind. Dies würde dem Grundsatz von Treu und Glauben klar widersprechen und zu grossen Problemen und Härtefällen bei der Umsetzung führen. Wir wehren uns auch gegen die Einführung einer Untergrenze (sog. „floor“) für Banken, welche ihre Risiken mittels eines von der FINMA genehmigten Risikomodells berechnen. Die FINMA prüft die Modelle und genehmigt diese. Anschliessend hat sich die FINMA an ihre eigene Beurteilung zu halten und kann nicht eine Doppelrechnung mit entsprechender Mehrbelastung verlangen, wie dies durch die Einführung einer Untergrenze geschieht.
Revisionen der Banken- und Eigenmittelverordnung (too big to fail)
Aus Sicht der SVP gehen die Verordnungsentwürfe an diversen Stellen markant über die gesetzlichen Regelungen hinaus, anstatt sich an den Gesetzen zu orientieren. Besonders problematisch scheinen uns in diesem Zusammenhang vor allem folgende zwei Punkte:
1. Die vorgeschlagene Kalibrierung der Verschuldungsobergrenze resultiert in Gesamtkapitalanforderungen, welche in der Folge bei mehr als den erforderlichen 19% der risikogewichteten Aktiven liegen, was klar über die Empfehlungen der Expertenkommission hinausgeht und der parlamentarischen Debatte widerspricht. Es ist sicherzustellen, dass die Gesamtkapitalanforderung für die Banken weder direkt noch indirekt über die Verschuldungsobergrenze oder andere Massnahmen über 19% der risikogewichteten Aktiven steigt.
2. Die Schwelle, gemäss welcher die FINMA zu einem Eingriff berechtigt wird, wird in der vorgeschlagenen Verordnungsänderung im Vergleich zum entspre-chenden Gesetz drastisch gesenkt und entbehrt einer gesetzlichen Grundlage.
Daher ersuchen wir den Bundesrat eindringlich, die Schranken des Gesetzes, wie sie vom Parlament beschlossen wurden, sowie die Empfehlungen der Expertenkommission ernst zu nehmen und sinngemäss zu berücksichtigen, ebenso wie auch die bereits im Rahmen der „too big to fail“-Vernehmlassung von verschiedener Seite hervorgebrachten Kritikpunkte bezüglich Gewährleistung der internationalen Konkurrenzfähigkeit stärker zu beachten.
Durch die erweiterten und erleichterten Eingriffsmöglichkeiten der FINMA wird der Grundsatz der Subsidiarität in unzulässiger Weise verwässert und missachtet. In erster Linie sollen bei Bedarf die betroffenen Banken eigenverantwortlich geeignete Massnahmen suchen und ergreifen und erst in einem nächsten Schritt die FINMA eingreifen können. Dazu gehört auch, dass den Banken ein entsprechender Rabatt zu gewähren ist, wenn sie über die Notfallplanung hinausgehen. Der Rabatt darf nicht eingeschränkt oder in Frage gestellt werden, denn er wurde vom Parlament so beschlossen.
Für die SVP ist es unzulässig, dass via Änderung der Banken-Verordnung ver-sucht wird, über die Beschlüsse des Parlamentes und die Empfehlungen der Expertenkommission hinauszugehen. Umso mehr, als dass, bedingt durch diese weiteren Verschärfungen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen schweizerischen Grossbanken nicht nur behindert und eingeschränkt, sondern mitunter gar verunmöglicht wird. Im Interesse eines starken und konkurrenzfähigen Finanzplatzes Schweiz ersuchen wir deshalb die verantwortlichen Stellen eindringlich darum, von diesen unzulässigen Verschärfungen, welche sich nachteilig auf den Schweizerischen Finanzplatz auswirken könnten, abzusehen.
Die SVP ist der Ansicht, dass die Schweiz im internationalen Vergleich bereits zum heutigen Zeitpunkt über ausgeprägte Anforderungen ver-fügt, welche gewährleisten, dass die Risiken, welche von systemrelevanten Banken ausgehen, reduziert wurden, ohne das eigentliche Kernproblem der „too big to fail“-Problematik, die implizite Staatsgarantie zu lösen. Dies wäre nur mit einschneidenden organisatorischen Massnahmen möglich gewesen. Strenge Regeln zur Risikominderung sind in Anbetracht der volkswirtschaftlichen Relevanz, welche die Grossbanken wie auch der gesamte Finanzsektor hierzulande einnehmen, bis zu einem gewissen Grad nötig und gerechtfertigt. Jeglicher Erlass von zusätzlichen Verschärfungen und Beschneidungen droht allerdings die internationale Konkurrenzfähigkeit der betreffenden Banken ernsthaft in Frage zu stellen oder gar zu verunmöglichen.
Aus diesem Grund lehnen wir die Verordnungsentwürfe ab und ersuchen den Bundesrat nachdrücklich, die parlamentarische Debatte und die Empfehlungen der Expertenkommission zu achten und auch die internationalen Entwicklungen vermehrt zu berücksichtigen und in den Prozess rund um die Ausgestaltung und Veränderung der entsprechenden Verordnungen miteinzubeziehen.
Zudem fordert die SVP den Bundesrat auf,
– die marktverzerrenden Auswirkungen der vorliegenden Revisionen vor deren Erlass durch eine unabhängige Stelle untersuchen zu lassen und deren Erkenntnisse und Schlussfolgerungen dem Parlament zu unterbreiten,
– die zweifelsfreie Vereinbarkeit der Zwangssanierung und der notfall-mässigen Auslagerung systemrelevanter Infrastruktur oder Dienstleis-tungen mit den heutigen Gläubigerrechten und dem internationalen Recht, insbesondere mit dem Sanierungsrecht aufzuzeigen,
– die unverhältnismässigen Kompetenzerweiterungen der FINMA mit entsprechenden Kontroll- und Aufsichtsinstrumenten des Bundesrates und des Parlamentes zu ergänzen und
– einen Revisionsmechanismus zur Anpassung des Swiss Finish an internationale Entwicklung einzuführen.
Bern, 19. Januar 2012