Vernehmlassung

Nachrichtendienstgesetz: Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens

Aus Sicht der SVP ist der Vorlage im Wesentlichen zuzustimmen. Die Schweiz ist auf einen leistungsfähigen Nachrichtendienst als Teil der Sicherheitsarchitektur der Schweiz angewiesen, der die…

Aus Sicht der SVP ist der Vorlage im Wesentlichen zuzustimmen. Die Schweiz ist auf einen leistungsfähigen Nachrichtendienst als Teil der Sicherheitsarchitektur der Schweiz angewiesen, der die Kernaufgaben der Prävention und der Lagebeurteilung effizient wahrnehmen kann. Dabei gilt es eine Güterabwägung vorzunehmen. Auf der einen Seite gilt es dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger nachzukommen und andererseits ist eine unnötige „Bespitzelung“ unbescholtener Personen zu vermeiden. Diese Kriterien werden vorliegend weitgehend erfüllt. Zu begrüssen ist, dass mit dem Nachrichtendienstgesetz eine einheitliche formellgesetzliche Grundlage geschaffen wird und die bisherigen Beschaffungsmassnahmen durch Einführung von bewilligungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen ergänzt werden.

Schliesslich sei darauf hingewiesen, dass das NDG und das Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) aufeinander abzustimmen sind. Namentlich den neuen Regelungen im BÜPF steht die SVP grundsätzlich skeptisch gegenüber und sieht Missbrauchspotential.

Einleitung
Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) hat die Aufgabe, Informationen zu beschaffen, diese auszuwerten und gezielt an Entscheidungsträger aller Stufen weiterzuleiten. Dabei muss er neben öffentlichen auch nicht öffentliche Quellen nutzen können. Der NDB gehört wie die Armee, die Aussenpolitik und die Polizei zu den sicherheitspolitischen Instrumenten des Bundes. Derzeit ist die NDB nicht in der Lage, sicherheitspolitisch tätig zu sein. Namentlich verfügt er über keine gesetzliche Kompetenz in Ausnahmesituationen Telefonverbindungen abzuhören, Mail- oder Internet-Kontakte zu überwachen oder in Computer einzudringen. Die im vergangenen Jahr durchgeführten Überwachungen in diesen Bereichen erfolgten ausschliesslich im Rahmen von Strafverfahren und im Auftrag der Strafverfolgungsbehörden. Es gab also einzig präventive Beschaffungsmassnahmen. In Fällen, in denen die nationale Sicherheit gefährdet ist, ist es jedoch angezeigt, bereits vor der Einleitung eines Strafverfahrens Abhörmassnahmen durchzuführen, nicht zuletzt mit dem Ziel, ein solches Verfahren einzuleiten oder Angriffe abzuwehren.

Das Bundesgesetz vom 3. Oktober 2008 über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes (ZNDG) wurde am 3. Oktober 2008 von den Eidgenössischen Räten verabschiedet und trat am 1. Januar 2010 in Kraft. Mit der Verabschiedung des ZNDG beschloss der Bundesrat per 1. Januar 2009 die Überführung der nachrichtendienstlichen Teile des DAP (Dienst Analyse und Prävention) vom EJPD ins VBS und per 1. Januar 2010 den SND (strategischen Nachrichtendienst) und den DAP zum NDB zusammenzuschliessen.

Das Nachrichtendienstgesetz (NDG) regelt Aufgaben, Schranken und Kontrolle des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) im In- und Ausland. Es schafft die Voraussetzungen für das rechtzeitige Erkennen von Bedrohungen und Gefahren zum Schutz der Schweiz.

Kernpunkte des Gesetzesentwurfs
(1) Die Inland- und Auslandbeschaffung soll in einem einzelnen Gesetz geregelt werden. Dieser gesamtheitlichen Kodifikation in einem Nachrichtendienstgesetz ist zuzustimmen. Der bisherigen Verteilung der Bestimmungen im ZNDG und im BWIS ist ein Ende zu setzen. Zu begrüssen ist auch, dass das NDG keine Weiterentwicklung der bestehenden Rechtsgrundlagen, sondern als Neukodifikation einzustufen ist und damit Bedenken und Vorbehalten gegenüber der bisherigen Tätigkeit der Nachrichtendienste in der Schweiz Rechnung trägt.

(2) Das Gesetz unterscheidet im Wesentlichen zwischen genehmigungsfreien (Art. 11 – 14 E-NDG) und genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen (Art. 22 – 29 E-NDG). Vor der Durchführung von genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen hat der NDB die Genehmigung des Bundesverwaltungsgerichts einzuholen sowie die Freigabe durch den Chef VBS. Dass genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen erfolgen können ist zu begrüssen; der Gesetzesentwurf nennt eine abschliessende Aufzählung der möglichen Massnahmen in Art. 22 Abs. 1 lit. a – h E-NDG. Es kann nicht bestritten werden, dass mit den Beschaffungen aus öffentlichen Quellen, dem Einholen von Auskünften und dem Beobachten an öffentlichen Orten der NDB seine Aufgabe nicht ausführen kann. Die wesentlichen Vorgänge zur Beurteilung von Bedrohungen finden nicht im öffentlichen Raum statt. Soll der NDB seine Rolle als präventives Sicherheits-organ effizient wahrnehmen können, so muss er in Ausnahmefällen weitergehende Möglichkeiten haben, als nur den öffentlichen Raum zu beobachten. In diesem Sinne sind die erwähnten weitergehenden Massnahmen absolut angezeigt. Überdies würde von diesen weitergehenden Massnahmen nur in seltenen Fällen Gebrauch gemacht. Der Bundesrat rechnet mit knapp einem Dutzend Fällen pro Jahr. Schliesslich müssen diese Massnahmen gerichtlich bewilligt werden. Dass diesbezüglich nicht das Bundesstrafgericht zuständig sein soll, erstaunt auf den ersten Blick, schliesslich wäre dieses aufgrund der fachlichen Spezialisierung gut geeignet. Angesichts der Tatsache, dass es sich in erster Linie um einen Verwaltungsakt einer Bundesbehörde handelt, ist die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts jedoch nicht zu beanstanden. Zudem besteht mit dem vorgeschlagenen System nicht die Gefahr, dass Mitglieder des Bundesverwaltungsgerichts bei einer materiellen Beurteilung im Rahmen eines Strafproprozesses in den Aus-stand treten müssten.

(3) Die in Art. 29 E-NDG vorgesehene Mitteilungspflicht ist grundsätzlich zu begrüssen. Andererseits sollte der Chef VBS auch die Möglichkeit haben, anzuordnen, dass von einer Mitteilung abgesehen werden kann. Insbesondere bei Personen im Ausland sind Fälle denkbar, in denen die betroffene Person kein Interesse an einer Mitteilung hat. Art. 29 Abs. 2 lit. d E-NDG ist entsprechend zu ergänzen.

(4) Die Informationsbeschaffung sieht im siebten Abschnitt die Kabelaufklärung vor (Art. 34 – 38 E-NDG). In der Schweiz wird heute die Funkaufklärung angewandt. International gewinnt die Kabelaufklärung an Bedeutung. Die Kabelaufklärung dient wie die Funkaufklärung der Informationsbeschaffung über das Ausland und ist deshalb nicht als genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahme konzipiert. Im Gegensatz zur Fernmeldeüberwachung im Inland ist die Kabelaufklärung ein Mittel der Auslandaufklärung und nicht darauf ausgerichtet, den gesamten Fernmeldeverkehr von bestimmten Anschlüssen zu erfassen. Die Schweiz hat bisher noch keine Erfahrungen mit diesem Aufklärungsmittel, da hierzu keine rechtlichen Grundlagen bestehen. Offenbar lässt sich der Aufwand für die Realisierung der Kabelaufklärung mangels Erfahrungen derzeit nicht abschätzen. Verschiedene Informationen können erst erhoben werden, wenn die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen vorliegen. Auf internationaler Ebene scheint nur Schweden dieses neuartige Konzept eingeführt zu haben. Die technische Machbarkeit in der Schweiz ist unklar und wird in der Vernehmlassungsvorlage nicht konkretisiert. Auch die Kosten sind nicht absehbar. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Kompatibilität mit dem revidierten BÜPF hingewiesen. Das NDG ist terminologisch, technisch und administrativ auf das revidierte BÜPF auszurichten.

 (5) Der erste Abschnitt des sechstens Kapitels regelt die politische Steuerung durch den Bundesrat (Art. 61 E-NDG). Gemäss Absatz 3 dieser Bestimmung kann der Bundesrat selbständig völkerrechtliche Verträge über die internationale Zusammenarbeit des NDB betreffend den Informationsschutz oder die Beteiligung an internationalen automatisierten Informationssystemen nach Art. 10 Abs. 1 lit. e E-NDG abschliessen. Die Kompetenz zum selbständigen Abschluss ist abzulehnen.

(6) Neu soll nicht mehr primär zwischen Bedrohungen aus dem Inland und aus dem Ausland unterschieden werden, sondern zwischen gewalttägigem Extremismus mit Bezug zur Schweiz einerseits und den übrigen Bedrohungsfeldern und Aufgaben andererseits. Diesem Konzept ist zuzustimmen, schliesslich kann heute die Abgrenzung Inland/Ausland nicht mehr klar vollzogen werden. Eine Folge dieser neuen Unterscheidung ist, dass beim gewalttätigen Extremismus genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen nicht zur Anwendung gelangen können. Damit sollen die Lehren aus der sog. Fischenaffäre gezogen werden, was zu begrüssen ist. Umgesetzt wird dies in Art. 23 Abs. 1 lit. a E-NDG indem diese Bestimmung Art. 17 Abs. 2 lit. e E-NDG nicht aufführt.

(7) Der Entwurf sieht vor, dass die von NDB beschafften oder bei ihm eintreffenden Meldungen je nach Thematik, Quelle und Sensibilität der Daten in einem Verbund von Informationssystemen abgelegt werden. Dieses System ist durchdacht und deshalb zuzustimmen.

(8) Die Tätigkeiten des NDB unterliegen einer dreifachen Kontrolle bzw. Aufsicht, nämlich durch das vorgesetzte Departement (VBS), durch den Bundesrat und durch die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments. Die Funkaufklärung unterliegt zusätzlich einer gesonderten fachlichen Überprüfung durch eine Unabhängige Kontrollinstanz. Bewilligungspflichtige Beschaffungsmassnahmen sowie die Kabelaufklärung gelangen nur dann zur Anwendung, wenn das Bundesverwaltungsgericht und anschliessend der Chef des VBS zustimmen. Mit diesen Mechanismen wird die Rechts- und Verhältnismässigkeit der Tätigkeiten des NDB sichergestellt.

 
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