Vernehmlassung

Entwürfe zur Änderung des Ausländergesetzes

1. Umsetzung von Art. 121a BV
2. Anpassung der Gesetzesvorlage zur Änderung des Ausländergesetzes (Integration)

Die SVP möchte vorab nochmals die Grundsätze in Erinnerung rufen, welche sie mit dem von ihr angestossenen und von Volk und Ständen angenommenen Verfassungsartikel 121a verfolgt:

  • Die Zuwanderung in die Schweiz ist über Kontingente und einen Inländervorrang zu steuern und gegenüber heute markant zu senken. Ein Zustand mit einer jährlichen Netto-Zuwanderung von 80‘000 Personen, also der Grössenordnung der Stadt St. Gallen, ist untragbar und wird die Schweiz langfristig ruinieren.
  • Die Zuwanderung hat sich prioritär und gezielt auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes auszurichten. Es kann nicht sein, dass heute über 50% der Zuwanderung der ständigen Wohnbevölkerung ohne Erwerbstätigkeit erfolgt.
  • Die Fehlanreize und das Missbrauchspotenzial der heutigen Zuwanderungsregelung, insb. im Zusammenhang mit der Personenfreizügigkeit gegenüber der EU, sind messbar zu reduzieren (Zugang zum Sozialstaat, Familiennachzug usw.).

Die vom Bundesrat präsentierte Vorlage erfüllt vor diesem Hintergrund den Anspruch der Umsetzung von Art. 121a BV klar nicht. Der Volkswille einer eigenständigen Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung wird nicht respektiert. Handeln Bundesrat und Parlament jetzt nicht auf der Basis des moderaten neuen Verfassungsartikels, sind massive gesellschaftliche und soziale Spannungen vorprogrammiert. Die Lancierung und Annahme einer radikalen Volksinitiative ist dann nur eine Frage der Zeit.

Der Bundesrat legt mit seinem Entwurf letztlich das bestehende Ausländergesetz in leicht abgeänderter Form vor, stellt aber eine Anwendung auf Zuwanderer aus der EU unverständlicherweise in Frage. Diese Gruppe macht indes rund 75% der Nettozuwanderung aus und fällt ebenfalls unter den Geltungsbereich des Verfassungsartikels, der keinen Unterschied zwischen Ausländern aus der EU und aus Drittstaaten macht. Zudem klammert der Bundesrat in seiner Umsetzung zentrale Elemente einer wirkungsvollen Steuerung, welche der Verfassungsartikel vorsieht, nämlich die Beschränkung des Familiennachzugs und der Sozialleistungen, aus. So ist der Vorschlag des Bundesrates inhaltlich lückenhaft, auch wenn offensichtlich ist, dass er sich in verschiedenen Punkten am Umsetzungskonzept der SVP orientiert.

Der Bundesrat macht mit seinem Vorgehen deutlich, dass er den Verfassungsauftrag letztlich nicht umsetzen will. Anders ist es nicht zu erklären, dass der Bundesrat die Umsetzung der Verfassungsbestimmung vom Verhandlungswillen der EU abhängig macht. Dieser gewährt der Bundesrat so gewissermassen ein Veto-Recht betreffend die Schweizer Gesetzgebung. Damit hat sich der Bundesrat von Beginn weg in eine aussichtlose Verhandlungsposition manövriert. Statt die wachsende Unzufriedenheit mit der ausser Kontrolle geratenen Zuwanderung in Europa zu nutzen (Beispiel Grossbritannien) und sich aktiv für eine Steuerung einzusetzen und auf Partner mit gleichen Interessen zuzugehen, zieht sich der Bundesrat auf eine technokratische und defätistische Position zurück und handelt damit in krasser Weise gegen die Interessen des Landes.

Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben am 9. Februar 2014 die Personenfreizügigkeit mit der EU beendet und eine neue Regelung der Zuwanderung beschlossen. Auch der Bundesrat hat diese Tatsache vor der Abstimmung für den Fall einer Zustimmung zur Volksinitiative „gegen Masseneinwanderung“ klar bestätigt. Der Volksentscheid ist in Kenntnis aller relevanten Elemente nach einem intensiv geführten Abstimmungskampf erfolgt. Deshalb ist der Verfassungsauftrag jetzt auch rasch umzusetzen. Im vergangenen Jahr sind erneut netto fast 80‘000 Personen zusätzlich in die Schweiz eingewandert, was der Grössenordnung einer Stadt St. Gallen entspricht. Die SVP hat bereits vor einem Jahr ein Konzept vorgelegt, welche die Erreichung des Ziels einer reduzierten, auf die wirtschaftlichen Bedürfnisse ausgerichteten Zuwanderung ermöglicht und fordert den Bundesrat auf, dieses auf einer bewährten Zuwanderungssteuerung basierende Konzept umfassend zu übernehmen.

Unverständlicher Bestandteil des vom Bundesrat vorgelegten Pakets ist die Vorlage zur staatlichen Förderung der Integration. Die SVP betont zum wiederholten Mal, dass die Integration vom Willen der Zuwanderer aus kommen muss und keine Staatsaufgabe ist. Entsprechend lehnt sie die Vorlage – wie bereits frühere Entwürfe derselben – klar ab. Die Tatsache, dass der Bundesrat diese Vorlage zusammen mit der Umsetzung von Art. 121a BV in die Vernehmlassung schickt, zeigt, dass es ihm nicht um die Steuerung der Zuwanderung, sondern um die staatlich geförderte Integration möglichst vieler weiterer Ausländer geht. Die volkswirtschaftlichen und sozialen Kosten einer solchen Politik sind langfristig nicht tragbar. Der Bundesrat nimmt damit gesellschaftliche und soziale Spannungen in Kauf, die sich weiter verschärfen werden.

1. Ausgangslage

Im vergangenen Jahr sind wieder knapp 80‘000 Personen netto in die Schweiz eingewandert. Der Ausländeranteil ist bei den Arbeitslosen mit 47,3% (Ende April 2015) rund doppelt so hoch wie der Ausländeranteil in der Bevölkerung. Davon betroffen sind immer öfters auch EU-Bürger und Hochqualifizierte. Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses und die möglichen Folgen für den Werkplatz machen eine eigenständige Steuerung noch wichtiger.

Die gesetzlichen Vorschläge des Bundesrates zur Umsetzung von Art. 121 BV vom 11. Februar 2015 (mehr als ein Jahr nach Annahme der Initiative) gliedern sich in eine Anpassung des Ausländergesetzes sowie eine Vorlage zur Integration von Ausländern.

Gleichzeitig hat der Bundesrat sein Verhandlungsmandat mit der EU zur Anpassung des Freizügigkeitsabkommens (FZA) definitiv verabschiedet. Dieses stellt die eigenständige Steuerung der Zuwanderung auf die gleiche Stufe wie den Erhalt des bilateralen Weges (Bilaterale I), was einen Zielkonflikt darstellt und nicht aus dem Volksentscheid vom 9. Februar 2014 abgeleitet werden kann.

Die SVP hat ihr Umsetzungskonzept bereits am 23. Mai 2014 vorgelegt. Es befindet sich in der Beilage. Dieses Konzept orientiert sich an bewährten Elementen der Kontingentierung und des Inländervorrangs, welche zwischen 1970 und 2002 (und teilweise bis 2007) Gültigkeit hatten und eine Steuerung und Begrenzung ermöglichen.

2. Bewertung des Vorgehens des Bundesrates

2.1. Sabotierte Verhandlungen statt Erfüllung des Volksauftrags

Der Bundesrat stellt die Umsetzung von Art. 121a BV grundsätzlich in Frage, indem er diese von einer Anpassung des FZA abhängig macht. Damit wäre eine innerstaatliche Umsetzung nur mit dem Einverständnis der EU möglich. Diese erhält so vom Bundesrat quasi ein Veto-Recht zur Schweizer Gesetzgebung. Damit sind die Verhandlungen mit der EU von Beginn weg aussichtslos. Ein Erfolg ist nur möglich, wenn der Bundesrat die Umsetzung der Verfassungsbestimmung entschieden angeht und eine Kündigung des FZA in Kauf nimmt. Es stellt sich die Frage, ob der Bundesrat, der die neue Verfassungsbestimmung ja mit allen Mitteln bekämpft hat, die Verhandlungen mit dieser Vorgehensweise bewusst sabotiert. So stellten einzelne Mitglieder bereits öffentlich eine neue Abstimmung in Aussicht. Es ist zudem völlig unverständlich, dass der Bundesrat im erläuternden Bericht die Bilateralen I in epischer Ausführung als quasi unverzichtbar darstellt. Damit liefert er der EU geradezu alle Argumente, um nicht auf Verhandlungen einzutreten.

Mit dem von ihm, ohne Auftrag aus der Volksabstimmung vom 9. Februar 2014, definierten Grundsatz, er stelle die Verhandlungen mit der EU zur Umsetzung der neuen Verfassungsbestimmung auf die gleiche Stufe wie den Erhalt der Bilateralen I, erzeugt der Bundesrat einen Zielkonflikt und widerspricht seinen eigenen Aussagen vor der Abstimmung. Bei der parlamentarischen Beratung der Volksinitiative „gegen Masseneinwanderung“ sowie im Abstimmungskampf hat er selber mehrmals betont, die Annahme der Initiative würde „das Prinzip der Personenfreizügigkeit ausser Kraft setzen“[1]. Er hat stets argumentiert, dass bei einer Annahme der Initiative, eine grundlegend neue Einwanderungspolitik nötig sei und nicht lediglich Verhandlungen über diese Thematik:

„Die Initiative ist mit dem FZA nicht vereinbar. Das FZA müsste im Falle einer Annahme der Initiative mit grösster Wahrscheinlichkeit gekündigt werden. Folglich wäre im Falle der Annahme der Initiative das FZA spätestens nach Ablauf von drei Jahren durch die Schweiz zu kündigen, was schwerwiegende Konsequenzen auf das Verhältnis der Schweiz mit der EU hätte.“[2]

Die Vorrangigkeit des Verfassungsauftrags zur eigenständigen Steuerung der Zuwanderung wurde durch den Bundesrat auch vor dem Parlament betont. Die Vorsteherin EJPD führte dazu im Ständerat aus:

„Die Initiative ist nicht eine Feinjustierung des heutigen Systems im Sinne von ‚Ein bisschen mit der EU verhandeln, und dann haben wir das zurechtgebogen‘. Diese Initiative verlangt einen Systemwechsel. Sie will zurück zum Kontingentsystem. Es ist kein leichtes Schrauben am heutigen System, sondern es ist das Ende der Personenfreizügigkeit und die Rückkehr zum Kontingentsystem.“[3]

Im Verfassungstext kommt den Verhandlungen eindeutig der Charakter eines Elements zu, welches eine Instruktion zur Umsetzung darstellt. Deshalb sind sie auch Bestandteil der Übergangsbestimmungen. In keiner Art und Weise kann es indes so verstanden werden, dass hieraus eine Relativierung der Bestimmungen von Art. 121a BV konstruiert werden kann, wie dies der Bundesrat in verschiedenen Äusserungen andeutet (z.B. Bundesrätin Sommaruga in der Samstagsrundschau SRF vom 14. Februar 2015). Art. 121a BV ist ohne Wenn und Aber umzusetzen.

Die SVP fordert vom Bundesrat endlich ein konsequentes Vorgehen, das den Volkswillen respektiert. Eine Anpassung des FZA ist gemäss Entscheid von Volk und Ständen vom 9. Februar 2014 zwingend. Sollten Verhandlungen mit der EU zur Anpassung des FZA von der EU verweigert werden oder zu keinem tauglichen Ergebnis führen, so ist eine Kündigung des Abkommens in Kauf zu nehmen.

Die SVP hat bereits zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Volksinitiative zur Kündigung des FAZ lancieren wird, falls der Bundesrat die Umsetzung hintertreiben sollte oder er eine Verweigerung von Verhandlungen durch die EU ohne Folgen hinnimmt.

2.2. Faktische Aufgabe der rechtlichen Selbstbestimmung

Der Bundesrat bringt mit seiner Argumentation im erläuternden Bericht zudem seine Haltung zum Ausdruck, neu jegliches, auch nicht zwingendes internationales Recht über die Bundesverfassung zu stellen. So hält er auf Seite 6 des erläuternden Berichts fest:

„Das neue Verfassungsrecht geht nicht automatisch dem älteren Völkerrecht vor. Sollte diese Situation eintreten, ist über das weitere Vorgehen unter Berücksichtigung aller Umstände neu zu entscheiden.“

Er stellt damit einerseits eine Umsetzung von Art. 121a prinzipiell in Frage. Andererseits kann daraus geschlossen werden, dass er sich grundsätzlich nicht mehr verpflichtet fühlt, aufgrund einer Verfassungsänderung allenfalls widersprechende völkerrechtliche Verträge anzupassen. Damit gibt der Bundesrat faktisch die rechtliche Selbstbestimmung der Schweiz auf. Noch nie wurde diese Haltung so deutlich zum Ausdruck gebracht wie im erläuternden Bericht zu dieser Vorlage. Für die SVP ist klar, dass damit der Volksinitiative „Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)“ grösste Bedeutung zukommt, um die Selbstbestimmung und Souveränität gegen die vom Bundesrat aktiv geförderten Auflösungstendenzen zu verteidigen.

2.3. Unzulängliche Umsetzungsvorlage – Aushebelung des Volkswillens

Der Bundesrat hat über ein Jahr nach der Abstimmung eine Umsetzungsgesetzgebung vorgelegt, welche im Bereich der Drittstaaten kaum eine Änderung gegenüber dem Status quo (geltendes Ausländergesetz) bringt. Die Anwendung der durch die neue Verfassungsbestimmung vorgegebenen Kontingente und des Inländervorrangs gegenüber EU/EFTA-Ausländern steht in der bundesrätlichen Vorlage unter dem Grundvorbehalt, dass das FZA angepasst werden kann. In Art. 2 Abs. 2 hält der Bundesrat dies (wie bereits im geltenden Recht) auch gesetzlich fest. Diese Ausnahme für EU/EFTA-Bürger kommt für die SVP nicht in Frage, da die hohe Einwanderung der letzten Jahre in erste Linie eine Folge der EU-Zuwanderung (inkl. Familiennachzug) ist. Da bei Personen aus Drittstaaten bereits heute Kontingente bestehen und der Bundesrat bei deren Familiennachzug keine klare Verschärfung der Kriterien einführen will, wird die Vorlage ohne Einbezug der EU/EFTA-Staaten keinerlei Wirkung entfalten. Sollte der Bundesrat – worauf seine Positionsbezüge schliessen lassen – den Erhalt der Personenfreizügigkeit höher gewichten als den Verfassungsauftrag zur Steuerung der Zuwanderung, so ist keine Revision des AuG nötig. Für die Kontingentierung der Drittstaatsangehörigen sind die Vorgaben gemäss geltendem Gesetz ausreichend, auch wenn beispielsweise die beschränkenden Regeln für den Familiennachzug strikter angewendet werden sollten. Die Vorlage würde zur Alibiübung verkommen und der Volkswillen wäre klar missachtet.  

Im Bereich der Begleitmassnahmen (Stärkere Förderung inländisches Fachkräftepotential, Ausbildung im Inland stärken usw.) ist im vergangenen Jahr ausser mannigfaltigen Ankündigungen kaum Konkretes geschehen. Auch die Wirtschaft ist bisher konkrete Massnahmen schuldig geblieben und hat sich vielmehr ungebremst mit ausländischen Arbeitskräften eingedeckt. Die selbstkritischen Äusserungen von Verbandsvertretern nach der Abstimmung waren offensichtlich nichts als inhaltsleere Beschwichtigungen.

Aus Sicht der SVP würden zu den Begleitmassnahmen vor allem auch Einschränkungen des Zugangs zu den Sozialwerken und beim Familiennachzug gehören, wie dies der Verfassungsartikel auch unmissverständlich festhält. Neben einer gezielteren Ausrichtung der Zuwanderung auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes war ein Ziel der Initiative ja auch die Beseitigung von Fehlanreizen und Missbräuchen. Diesbezüglich hat die SVP in ihrem Umsetzungskonzept verschiedene Massnahmen vorgeschlagen, die in die Umsetzung der Verfassungsbestimmung aufgenommen werden müssen (dazu gehören insbesondere der Ausschluss des Familiennachzugs für Kurzaufenthalter, die Einschränkung der berechtigten Personen auf Ehepartner und schulpflichtige Kinder, längere Beitragspflichten in der Schweiz als Voraussetzung für den Zugang zu Sozialwerken usw.; vgl. Umsetzungskonzept der SVP). Mit diesen Zusatzmassnahmen kann die Zuwanderung im Sinne der Schweizer Bevölkerung und der Wirtschaft gesenkt werden, ohne dass auf wichtige Fachkräfte verzichtet werden muss. Die Vorlage wird ohne diese Elemente keine Wirkung erzielen und die bestehenden Vollzugsprobleme und kantonalen Unterschiede werden bestehen bleiben. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass heute über 50% der Zuwanderung der ständigen Wohnbevölkerung nicht zum Zweck der Erwerbstätigkeit erfolgt, was nicht länger hinzunehmen ist.

3. Konkrete Änderungsanträge der SVP

Die SVP anerkennt, dass der Bundesrat verschiedene Elemente ihres Umsetzungskonzeptes übernommen hat, dies jedoch selektiv und unvollständig. Kontingente und Inländervorrang als zentrale Elemente müssen für alle Bewilligungen des Ausländerrechts Anwendung finden. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Anpassungen des Ausländergesetzes orientieren sich am geltenden Recht für Drittstaaten. Für EU/EFTA-Bürger soll nach Konzept des Bundesrates weiterhin das FZA gelten (gemäss Art. 2 Abs. 2). Der Bundesrat möchte also die Regelungen für EU-Ausländer im FZA behalten und nicht ins Landesrecht integrieren. Das AuG soll nur subsidiär, d. h. wenn das FZA keine Regelungen enthält oder wenn das AuG günstigere Bestimmungen vorsieht, gelten. Dies ist nicht zuletzt aus verhandlungstaktischen Gründen gegenüber der EU fragwürdig und zeigt, dass der Wille zu einer konsequenten Umsetzung fehlt. Um eine Änderung gegenüber dem heutigen Zustand zu erwirken, müssen EU/EFTA-Bürger in die Gesetzesrevision einbezogen werden. Dies entspricht auch einem ernsthaften und korrekten innenpolitischen Umsetzungsprozess, welcher das Ziel hat, den Verfassungsartikel umfassend umzusetzen.

► In diesem Sinne beantragt die SVP die Streichung von Art. 2 Abs. 2
► Art. 17b Abs. 1 lit. b soll wie folgt geändert werden:
Bei der Festlegung der Höchstzahlen und Kontingente berücksichtigt der Bundesrat insbesondere:
b. die Verpflichtungen der Schweiz gegenüber dem zwingenden Völkerrecht

Der Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit (zur Aus- und Weiterbildung, für Rentner oder für medizinische Behandlung) unter einem Jahr wird in der Vorlage des Bundesrates nicht kontingentiert. Das lässt ein Umgehungsfenster offen. Die SVP schlägt in ihrem Konzept für diese Kategorie ein eigenes Kontingent mit hohen Anforderungen vor, das ebenfalls bereits für Aufenthalte ab 120 Tage gelten würde. Die entsprechenden Artikel sind wie folgt zu ändern:

► Art. 27 Abs. 1bis, Art. 28 Abs. 2, Art. 29 Abs. 2: Bei einem Aufenthalt von mehr als vier Monaten müssen zudem die Höchstzahlen und Kontingent (Art. 17a) eingehalten werden.
► Art. 27 Abs. 4 (neu), Art. 28 Abs. 2 (neu), Art. 29 Abs. 2 (neu): Die Bewilligung ist an die finanzielle Unabhängigkeit gekoppelt. Es bestehen keine Ansprüche auf Sozialleistungen.

Die Anforderungen für den Familiennachzug müssen erhöht werden. Es kann nicht sein, dass Personen ihre ganze Verwandtschaft nachziehen können, ohne längerfristig für sie aufkommen zu müssen. Personen, die sich selber mit einer Kurzaufenthaltsbewilligung in der Schweiz aufhalten (< 1 Jahr Aufenthalt), sollen keinen Anspruch mehr auf Familiennachzug haben. In diesem Sinne fordert die SVP folgende Gesetzesänderungen:

► Art. 45 streichen (Familiennachzug für Kurzaufenthalter; deren Angehörige können ein eigenes Aufenthaltsgesuch stellen, wenn sie ebenfalls über einen Arbeitsvertrag oder ausreichende Mittel zur Erfüllung der Bedingungen für den nichterwerbstätigen Aufenthalt verfügen. In der Verordnung könnten diese Personen bei der Erteilung der Kontingente bevorzugt behandelt werden).
► Art. 42 Abs. 2bis, Art. 43 Abs. 1bis, Art. 44 Abs. 2: Bei einem Aufenthalt von mehr als vier Monaten müssen zudem die Höchstzahlen und Kontingente (Art. 17a) eingehalten werden.
► Art. 42 Abs. 1 (analog Regelung für Personen mit Aufenthaltsbewilligung): Ausländische Ehegatten und ledige Kindern unter 18 Jahren von Schweizerinnen und Schweizern haben Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung werden, wenn:
a. sie mit diesen zusammenwohnen;
b. eine der Grösse der Familie angemessene Wohnung vorhanden ist;
c. sie nicht auf Sozialhilfe angewiesen sind; und
d. (neu) die Betreuung von nachgezogenen Kindern von der Familie gewährleistet oder finanziert werden kann.
► Art. 43 Abs. 1 (analog Regelung für Personen mit Aufenthaltsbewilligung): Ausländischen Ehegatten und ledigen Kindern unter 18 Jahren von Personen mit Niederlassungsbewilligung kann eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden, wenn:
a. sie mit diesen zusammenwohnen;
b. eine der Grösse der Familie angemessene Wohnung vorhanden ist; und
c. sie nicht auf Sozialhilfe angewiesen sind;
d. (neu) die Betreuung von nachgezogenen Kindern von der Familie gewähr-leistet oder finanziert werden kann.
► Art. 44 Abs. lit. d (neu): die Betreuung von nachgezogenen Kindern von der Familie gewährleistet oder finanziert werden kann.

Da die SVP grundsätzlich Kontingente für alle Aufenthalte ab vier Monate fordert, soll dies auch für vorläufig Aufgenommene und Schutzbedürftige gelten. Entsprechend ist in Art. 17a Abs. 3 „für mehr als ein Jahr“ jeweils durch „für mehr als vier Monate“ zu ersetzen.

Betreffend Zugang zu den Sozialleistungen fordert die SVP folgende Anpassungen weiterer Gesetzestexte:

  • Die Beitragszeit für ALV-Leistungen hat erfüllt, wer innerhalb der dafür vorgesehenen Rahmenfrist (Art. 9 Abs. 3 AVIG) während mindestens 24 Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung in der Schweiz ausgeübt hat.
  • Anspruch auf eine ordentliche AHV-Rente haben die rentenberechtigten Personen, denen für mindestens zwei volle Jahre Einkommen, Erziehungs- oder Betreuungsgutschriften angerechnet werden können, oder ihre Hinterlassenen (heute 1 Jahr nach Art. 29 Abs. 1 AHVG).
  • Die kantonalen Sozialhilfegesetze sind dahingehend anzupassen, dass Zuwanderer mit weniger als 12 Monaten Erwerbstätigkeit in der Schweiz von der Sozialhilfe ausgeschlossen sind.

Weitere Forderungen der SVP:

  • Die Definition der Grenzgänger muss auch für EU-Bürger eingeschränkt werden (weiterhin sind gemäss Bundesrat z.B. Wochenaufenthalte von irgendwo aus der EU möglich, was nicht dem Sinn und Geist des Instruments entspricht). Eine für die Kantone griffige Regelung der Grenzgängerfrage ist insbesondere mit Blick auf den Kanton Tessin absolut zwingend. Die SVP hat auch hier in ihrem Konzept eine flexible Lösung präsentiert, welche den Kantonen den notwendigen Handlungsspielraum einräumt.
  • Die Aufenthaltsdauer muss klarer an den Arbeitsvertrag gekoppelt werden. Dies hat insbesondere auch für EU/EFTA-Bürger zu gelten. Der Bundesrat will zwar über eine Verkürzung des Daueraufenthalts auf ein Jahr (bisher fünf Jahre) mit Möglichkeit auf Verlängerung verhandeln, legt dies aber nicht klar gesetzlich fest. Dies muss klar definiert und gesetzlich verankert werden. B-Bewilligungen sollten grundsätzlich nur als Jahresbewilligungen ausgestaltet werden mit der Möglichkeit einer kontingentsfreien Erneuerung auf der Basis eines kontrollierten Arbeitsvertrages oder einer belegbaren Selbständigkeit.
  • Ein Abbau der flankierenden Massnahmen (Bürokratie, Kontrollmassnahmen usw.) ist aus Sicht der SVP zwingend, da die Arbeitsbedingungen nun wirkungsvoller bei der Bewilligungserteilung geprüft werden können. Der erst kürzlich wieder erschienene „Bericht Flankierende Massnahmen 2014“ hat einmal mehr gezeigt, dass die Personenfreizügigkeit und die damit verbundenen flankierenden Massnahmen heute einen grösseren Bürokratie- und Kontrollaufwand verursachen, als dies die Steuerung der Zuwanderung durch Kontingente tun wird. So wurden allein im vergangenen Jahr als Folge der Personenfreizügigkeit die Lohn- und Arbeitsbedingungen in über 40’000 Betrieben und bei 159’000 Personen kontrolliert.

Im Weiteren verweist die SVP auf ihr Konzept vom 23. Mai 2014.

4. Anmerkungen zur Integrationsvorlage (13.030)

Mit der Änderung des Ausländergesetzes (AuG) werden neben dem Bund auch die Kantone zur Integrationsförderung verpflichtet. Deren diesbezügliche Massnahmen und Mittel sollen erhöht werden.

Die SVP hat die Vorlage zur Änderung des AuG (Integration; 13.030) sowohl in der Vernehmlassung (s. Vernehmlassungsantwort der SVP vom 23. März 2012) als auch im Rahmen der parlamentarischen Beratung klar abgelehnt.

Integration ist in erster Linie die Aufgabe der Zuwanderer und auch von diesen zu fordern. Wer sich in der Schweiz niederlassen möchte, hat die hiesigen Regeln und Sitten zu respektieren. Staatliche Förderung auf Kosten der Steuerzahler ist dabei fehl am Platz. Mit der Ablehnung des Gegenvorschlages zur Ausschaffungsinitiative im Jahr 2010, der u.a. Integration als Staatsaufgabe in der Verfassung verankern wollte, liegt auch ein klarer Volksentscheid in dieser Sache vor. Dies sollte respektiert werden. Die SVP wird diese Gesetzesrevision weiterhin ablehnen.

Die SVP begrüsst es jedoch, dass die fünf in der Vorprüfung angenommenen parlamentarischen Initiativen (08.406/08.420/08.428/08.450/10.485) endlich ins Ausländergesetz überführt werden. Sieben Jahre nach Einreichung der meisten Initiativen ist es an der Zeit, diese berechtigten Forderungen ins Gesetz aufzunehmen. Dies hat jedoch nicht im Rahmen einer Gesetzesänderung zur Integration zu geschehen.

Bezüglich der besseren Integration von Personen aus dem Asylbereich in den Arbeitsmarkt weist die SVP zum einen darauf hin, dass es keinen Sinn macht, Personen zu integrieren, welche das Land möglichst rasch wieder verlassen müssen, weil sie einen abschlägigen Entscheid erhalten. In diesem Sinn sind insbesondere die Asylverfahren zu beschleunigen, damit rasch Klarheit herrscht, ob ein Asylbewerber als Flüchtling anerkannt wird oder nicht. Die grösste Hürde für die Integration von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen in den Arbeitsmarkt stellen aus unserer Sicht nicht etwa administrative Erschwernisse dar, sondern Fehlanreize ausgehend von zu hohen finanziellen Unterstützungsleistungen beim Fehlen einer Erwerbstätigkeit (Sozialhilfe, weitere Unterstützungsleistungen). Aus Sicht der SVP müsste insbesondere dringend an diesem Punkt angesetzt werden (Reduktion von Leistungen, Pflicht zur Arbeitsleistung usw.). Die im Entwurf des Bundesrates vorgeschlagenen administrativen Entlastungen sind vergleichsweise von untergeordneter Bedeutung.

5. Beantwortung der gestellten Fragen

5.1. Frage 1: Soll der Inländervorrang nur bei der Festlegung der Höchstzahlen und Kontingente berücksichtigt werden oder soll zusätzlich auch eine Prüfung im Einzelfall erfolgen?

Der Inländervorrang ist ein zentrales Element des Verfassungsartikels und der Steuerung der Zuwanderung. Die SVP vertritt die Auffassung, dass der Vollzug des Inländervorranges in einer zweckdienlichen Form, mit einem möglichst kleinen administrativen Aufwand für die Unternehmen durchgeführt werden soll. Daher fordert die SVP die branchenabhängige Festlegung des Inländervorrangs. Im Regelfall hat eine möglichst effiziente einzelfallweise Abklärung des Inländervorrangs zu erfolgen. Für gewisse Berufsgruppen mit tiefer Arbeitslosigkeit und hohem Mangel an Fachkräften kann die Abklärung des Inländervorrangs auch mit Pauschalbestimmungen (z.B. anhand bestimmter Indikatoren) erfüllt werden. Während für Berufsgruppen mit vielen Arbeitslosen zwingend ein Einzelnachweis vorgelegt werden muss. 

5.2. Frage 2: Soll eine Kontrolle der orts- und berufs- und branchenüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen im Einzelfall oder eine summarische Prüfung einer ausreichenden, eigenständigen Existenzgrundlage durchgeführt werden?

Diese Frage verbindet zwei unterschiedliche Aspekte und ergibt in dieser Form keinen Sinn. Die Einhaltung der orts-, berufs- und branchenüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen ist nicht gleichzusetzen mit der Prüfung einer ausreichenden eigenständigen Existenzgrundlage. Die Existenzgrundlage muss für die Erteilung der Aufenthaltsbewilligungen geprüft werden, um zu verhindern, dass neue Zuwanderer die Schweizer Sozialwerke belasten. Die Überprüfung der Einhaltung der orts-, berufs- und branchenüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen ist hingegen eine Massnahme gegen Lohndumping. Wenn die eigenständige Existenzgrundlage gemäss Schweizer Normen für die Aufenthaltsbewilligung vorausgesetzt wird, hat dies natürlich automatisch auch einen Einfluss auf die dafür nötigen Löhne. Um die flankierenden Massnahmen und die unzähligen damit zusammenhängenden Kontrollen abschaffen zu können, müssten die Unternehmen mit dem Gesuch auf Erteilung oder Erneuerung der Bewilligung auch die jeweiligen Arbeitsverträge einreichen. Der damit verbundene administrative Aufwand für die Gesuchsteller hält sich in Grenzen, da diese Arbeit so oder so anfällt, weil in aller Regel schriftliche Arbeitsverträge abgeschlossen werden. Unter dem Strich wird dies für die Schweizer Unternehmen wohl sogar zu einem Bürokratieabbau führen.

5.3. Frage 3: Sollen in der vorgeschlagenen Zuwanderungskommission neben den für den Vollzug verantwortlichen Migrations- und Arbeitsmarktbehörden des Bundes und der Kantone auch die Sozialpartner vertreten sein?

Aufgrund verschiedener Rückmeldungen aus den Kantonen betreffend den verschiedenen kantonalen Tripartiten Kommissionen erachtet die SVP den Einsitz der Sozialpartner in der Zuwanderungskommission als kontraproduktiv. Bei deren Einsitz könnte die Gefahr bestehen, dass die zur Verfügung stehenden Instrumente zu Zwecken eingesetzt werden, für welche sie der Gesetzgeber nicht vorgesehen hat.

 

[1] Siehe: Erläuterungen des Bundesrates zur Volksabstimmung vom 9. Februar 2014 („Abstimmungsbüchlein“), S. 36.
[2] Botschaft zur Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» vom 7.12.2012, S. 317.
[3] Wortprotokoll Ständerat – Herbstsession 2013 – Achte Sitzung – 19.09.13-08h15, S. 20.

 
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