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Aussenpolitik
Vernehmlassung

Stellungnahme: Untragbares Institutionelles Abkommen mit der EU

Stellungnahme der SVP Schweiz im Rahmen der „Konsultation des Bundesrates zum Entwurf des institutionellen Abkommens zwischen der Schweiz und der EU“ vom 11. März 2019

Das Institutionelle Abkommen (InstA) zwischen der Schweiz und der EU verstösst gegen grundsätzliche Werte und Interessen der Schweizer Bürger und der schweizerischen Wirtschaft. Darum lehnt die SVP Schweiz das InstA entschieden ab. Die Unterzeichnung des InstA wäre staatspolitisch verwerflich. Insbesondere die Verpflichtung zur dynamischen (= automatischen) Rechtsübernahme und die Übernahme der EU-Gerichtsbarkeit sind existenzielle Verstösse gegen unsere Staatsverfassung und verletzen in krasser Weise die jahrhundertealten tragenden staatspolitischen Grundwerte der schweizerischen Eidgenossenschaft, die auch in der Bundesverfassung verbrieft sind. Das Abkommen höhlt die direkte Demokratie aus, missachtet die schweizerische Unabhängigkeit, die Neutralität und den Föderalismus und gefährdet die Schweizer Wohlfahrt. Das InstA käme einer Preisgabe der Schweiz gleich.

Beurteilung des InstA und Forderungen der SVP

  1. Das InstA führt die Schweiz schleichend in die EU, ohne dass die Schweiz über einen EU-Beitritt abstimmen kann. Ein solcher Anbindungsvertrag ist abzulehnen.
  2. Durch die Unterzeichnung werden in Zukunft die Schweizer Wirtschaftspolitik und Normenfestlegung, die Schweizer Verkehrspolitik, die Schweizer Landwirtschaftspolitik und die Zuwanderung inklusive Arbeitsmarktregulierung und Zugang zu den Schweizer Sozialversicherungen in wesentlichen Teilen allein von der EU für unser Land bestimmt. Das ist unhaltbar.
  3. Die SVP unterstützt bilaterale Beziehungen auch mit der EU. Bedingung ist, dass diese Verträge in gegenseitiger Übereinkunft und im gegenseitigen Interesse abgeschlossen werden. Das InstA verhindert diesen Weg für die Zukunft, indem die EU für die Schweiz Recht setzt, und die Schweiz verpflichtet wird, dieses Recht in der Schweiz zu übernehmen. Damit wird der schweizerische Gesetzgeber – Volk und Stände für die Verfassung, das Schweizer Volk und das Parlament für Bundesgesetze und die Kantone für ihre kantonale Gesetzgebung – ausgeschaltet: Die EU ordnet an, die Schweiz vollzieht. Das InstA ist die Beseitigung des bilateralen Weges und nicht dessen Fortsetzung.
  4. Es sind Massnahmen zu erarbeiten, wie dies der Bundesrat beispielhaft mit der Alternativlösung bei Nichtanerkennung der Börsenäquivalenz getan hat. Ebenso fordert die SVP ein Effizienzsteigerungs- und Revitalisierungsprogramm für die Schweiz.
  5. Seit über 700 Jahren ist in den Gründungsurkunden und schweizerischen Staatverfassungen verankert, dass die Schweiz keine fremden Richter akzeptiert. Die Gestaltung und Auslegung der schweizerischen Gesetze ist Sache der Schweiz und nicht des Auslandes. Im InstA ist aber – trotz Schiedsgericht – letztlich der EuGH die Instanz, die bei Streitigkeiten entscheidet. Dies verstösst gegen die schweizerische Unabhängigkeit und ist nicht annehmbar.
  6. Das Schweizer Volk fordert die eigenständige Steuerung der Zuwanderung und hat deshalb am 9. Februar 2014 einen Verfassungsartikel zur Steuerung der Zuwanderung beschlossen. Die SVP fordert eindringlich die Durchsetzung dieses Artikels. Das InstA bewirkt das Gegenteil: Die Personenfreizügigkeit wird mit dem InstA entgegen der Bundesverfassung noch ausgebaut. So will die EU z.B. die Abschaffung der schweizerischen Lohnschutzmassnamen und schliesst die Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie nicht aus, was dem Verhandlungsmandat des Bundesrates ausdrücklich widerspricht. Eine solche Übernahme als Folgegesetzgebung der Personenfreizügigkeit wäre für die Schweiz sehr nachteilig und würde die Schweiz Milliarden kosten. Die Schweiz darf keine solchen untragbaren Verpflichtungen übernehmen.
  7. Das Schweizer Volk fordert die Ausschaffung krimineller Ausländer und hat deshalb am 28. November 2010 einen Verfassungsartikel beschlossen, der die Ausweisung von Straftätern verlangt, die rechtskräftig verurteilt wurden. Mit dem InstA würde die Ausschaffung hunderter verurteilter krimineller EU-Bürger in Zukunft verunmöglicht.
  8. Der wirtschaftliche Vorteil des InstA wird namentlich von den Grosskonzernen damit begründet, die Rechtssicherheit würde durch das InstA erhöht. Die Schweiz würde sich jedoch auf Gedeih und Verderb in grossen Teilen der Rechtssetzung der EU ausliefern, wobei völlig unsicher ist, was in Zukunft noch alles zu übernehmen sein wird. Dies kommt einer massiven Verschlechterung der Rechtssicherheit Die Erfahrung zeigt, dass der schweizerische Gesetzgeber, der mit dem InstA ausgeschaltet wird, punkto Rechtssicherheit wesentlich zuverlässiger als die EU ist. Dort wo es Sinn macht, können heute Regeln der EU übernommen werden, dort wo es keinen Sinn macht, sollen sie auch nicht übernommen werden. Die SVP vertraut auf den bewährten schweizerischen Rechtssetzungsprozess. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingen der Schweiz sind den Rahmenbedingungen der EU überlegen. Man vergleiche nur den EU-Instanzendschungel, die Höhe der Mehrwertsteuersätze, die Regulierungsdichte, die Minimalbesteuerungsvorgaben, die extensiven EU-Beihilferegelungen usw. Unser Land ist dank schweizerischem Recht bezüglich Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Exportstärke im Waren- und Dienstleistungssektor im Gegensatz zur EU eine der weltweit führenden Nationen. Dasselbe gilt im Bildungsbereich. Die Gründe für unseren Erfolg sind gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, Rechtssicherheit, eine selbstverantwortliche Staatsordnung und die funktionierende Sozialpartnerschaft. Ihre Vorteile hat sich die Schweiz dank ihrer Unabhängigkeit erarbeitet. Es wäre ruinös, diesen Handlungsspielraum mit dem InstA aufzugeben. Das InstA birgt die Gefahr, dass die Schweiz mittelfristig ihre guten Rahmenbedingungen verliert und somit an Wirtschaftskraft einbüsst. Aufgrund einiger weniger wirtschaftlicher Vereinfachungen dürfen zudem fundamentale staatspolitische und bürgerrechtliche Staatssäulen, die sich bewährt haben, nicht über Bord geworfen werden.
  9. Die EU verlangt vom Nicht-EU-Mitgliedsland Schweiz periodisch sog. Kohäsionszahlungen. Gemäss EU soll dies die „Zutrittsgebühr für den EU-Binnenmarkt“ sein. Eine solche Zutrittsgebühr ist schon aus präjudiziellen Gründen abzulehnen, denn von keinem einzigen Land werden solche Zutrittsgebühren verlangt oder bezahlt. Würden hier seitens der Schweiz durch das InstA solche Zahlungen akzeptiert, müsste die Schweiz aus Äquivalenzgründen dies ebenfalls verlangen. Entsprechend dem höheren Exportvolumen der EU in die Schweiz würden die Zahlungen der EU an die Schweiz die schweizerischen Zahlungen übertreffen.
  10. Zudem ist es offensichtlich, dass die Schweiz, wenn sie den Vertrag übernimmt, im Bereich der Personenfreizügigkeit und des Zugangs zu unseren Sozialversicherungen exorbitante Kosten übernehmen müsste.
  11. Völlig unannehmbar ist die Regelung mit weiteren Guillotineklauseln. Statt der angekündigten Abschaffung der Guillotineklausel für die Bilateralen I, sieht das InstA nun Guillotineklauseln nicht nur für die bisherigen Marktzugangsabkommen, sondern auch für das InstA selbst vor, sowie zusätzlich eine Guillotineklausel für alle «Abkommen», die die Schweiz später übernehmen muss. Damit wird die Schweiz an die EU gebunden und das InstA definitiv zu einem Unterwerfungsvertrag. Guillotineklauseln dürfen keinesfalls akzeptiert werden.
  12. Das Verbot der staatlichen Beihilfen betrifft das gesamte staatliche Handeln der Kantone, der Gemeinden und des Bundes und würde unseren Föderalismus sowie die Kantons- und Gemeindeautonomie vollständig untergraben. Insbesondere kantonale und kommunale Instrumente wie Wirtschaftsförderung, Investitionen in die Wasserkraft oder Staatsgarantien für Kantonalbanken wären betroffen.
  13. Gefährdet wird zudem unser eigenes, föderalistisches und demokratisch legitimiertes Steuerrecht auf allen Stufen. Bereits früher versuchte die EU, gestützt auf das Freihandelsabkommen, das schweizerische Steuerrecht als mit dem Freihandelsabkommen unvereinbar zu erklären. Das InstA wird im Lichte der Rechtsprechung des EuGH den Begriff «Beihilfe» neu auch auf einen Teil unseres Steuersystems anwenden.
  14. Die SVP verlangt vom Bundesrat dringend einen Massnahmenplan für den Fall, dass die EU der Schweiz wirtschaftliche Retorsionsmassnahmen aufbürdet, falls diese das InstA wegen Unzumutbarkeit ablehnt.
  15. Die Schweiz hat ihre bewährte Wirtschaftspolitik Sie hat dank ihrer Neutralität und ihres geachteten Rechtsstaates mit allen Ländern der Welt Beziehungen in gegenseitiger Übereinkunft und beidseitigem Interesse. Für die Zukunft ist Wirtschaftspolitik mit dem bewährten Instrument des Freihandels zu betreiben, wobei die Landessicherheit und die Landesversorgung besonders zu beachten sind. Dieser Weg ist fortzusetzen.

Die SVP fordert den Bundesrat auf, diesen Vertragsentwurf weder zu paraphieren noch zu unterzeichnen, sondern zurückzuweisen. Der EU ist freundlich und unmissverständlich darzulegen, dass die Schweiz an guten bilateralen Beziehungen auf Augenhöhe interessiert ist, aber keinen Vertrag unterschreiben kann, der gegen den Zweckartikel der Bundesverfassung verstösst, welcher die Unabhängigkeit des Landes und die Rechte des Volkes garantiert.

 
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