Die Schweiz braucht Umweltschutzpraktiker und keine ideologischen Theoretiker. Das Extrablatt im Interview mit der Chefin der EMS-CHEMIE, Nationalrätin Magdalena Martullo.
Frau Martullo, als erfolgreiche Chefin einer Spezialkunststoff-Firma – was sagen Sie zur Debatte um den Klimawandel?
Wenn man die Medien liest, könnte man meinen, der Klimaschutz sei in der Schweiz ein völlig neues oder vernachlässigtes Thema. Das Gegenteil ist der Fall: Wir Schweizerinnen und Schweizer kümmern uns schon seit Jahrzehnten um Umweltbelange. Im Vergleich mit anderen OECD-Staaten produzieren wir weniger als die Hälfte CO2. Die Schweizer Industrie hat den CO2-Ausstoss seit 2001 um 30% verringert. Der Bereich Chemie/Pharma konnte ihn auf unter die Hälfte senken. Bei der EMS-CHEMIE haben wir gar um über 85% reduzieren können! Uns ist kein vergleichbares Unternehmen in der Schweiz bekannt. Dies hat die Industrie mit unzähligen Massnahmen alleine mit innovativen Ideen erreicht.
Das Bundesamt für Energie prämierte die EMS-Chemie mit dem «Watt d’Or» für diese Reduktion des CO2-Ausstosses. Wie haben Sie das geschafft?
Wir müssen unsere Anlagen aufheizen. Früher machten wir das mit Erdgas. Ich wollte eine Alternative. Mit einem privaten Holz-Unternehmer siedelten wir 2006 das Biomassekraftwerk auf dem Werkplatz Domat/Ems an. Es produziert Dampf aus Holzabfällen. Es war das erste grossindustrielle Biomassekraftwerk der Schweiz und das grösste Mitteleuropas.
Wie viel Geld stecken Sie jährlich in Energiespar-Massnahmen? Haben Sie zusätzliche konkrete Beispiele, wie Sie Ressourcen sparen konnten?
Bei EMS wenden wir für Umwelt und Sicherheit jedes Jahr 15 Millionen Franken auf. Dank Hunderten von grösseren und kleineren Massnahmen konnten wir den Energieverbrauch seit 2001 knapp halbieren. Dazu gehören Verbesserungen beim Betrieb unserer Anlagen, neue Herstellverfahren, energiesparende Maschinen, wirkungsvollere Isolationen, energiesparende Beleuchtungen und, und, und… Kürzlich ist der Spatenstich für die Fernwärme für bis zu 20’000 Haushalte in Domat/Ems erfolgt. Die Abwärme unserer Produktionsanlagen wird mittels Wärmetauscher als Heizenergie im Dorf genutzt. So wird Öl eingespart.
Was machen Ihre Kunden?
Unsere Kunden, gerade in der Autoindustrie, haben weltweit sehr strenge und langfristige CO2-Senkungen zu erreichen – in der EU muss der CO2-Ausstoss pro gefahrenen Kilometer bis 2030 um zwei Drittel reduziert werden. EMS-CHEMIE ist da ein sehr willkommener Entwicklungspartner, weil es unsere Spezialkunststoffe ermöglichen, bei Bauteilen über 50% des Gewichtes einzusparen. Damit werden auch der Treibstoffverbrauch und der CO2-Ausstoss halbiert.
Aber belasten Kunststoffe nicht die Umwelt?
Diese Diskussion dreht sich um einfache Verpackungskunststoffe wie Flaschen und Säcke etc.aus Plastik. Im Meer stammen 90% der Kunststoffpartikel aus zehn Flüssen in Afrika und Asien. Dort sollte man ansetzen. Die Deponien sollten überall durch Kehrichtverbrennungsanlagen ersetzt werden. So werden die Abfälle nicht mehr
weggespült. Für hochwertige technische Kunststoffe wie jene der EMS-CHEMIE, die schwere, energieintensive Metalle ersetzen, gelten spezielle Vorschriften zur Wiederverwendung und Entsorgung. EMS‐Spezialkunststoffe zum Beispiel lassen sich so bis zu zehnmal wiederverwenden und werden in der Regel wieder in ähnlichen Bereichen eingesetzt (Autoteile, Haushalts‐ und Elektrogeräte, Apparategehäuse, etc.). Auch wir setzen Recycling-Kunststoffe ein.
Tun Sie das allein fürs Image, oder lohnt es sich unter dem Strich für die Firma?
Für Unternehmen sind Rohstoffe und Energie wesentliche Kostenfaktoren. Jede Einsparung bedeutet tiefere Kosten. Das gilt natürlich auch für unsere Kunden. Und wenn unsere Kunden – auch dank EMS – innovative, leichtere, effizientere, energiesparende und umweltschonende Produkte herstellen, dann bringt das den Konsumenten etwas. Das ist der Klimaschutz der Zukunft: Über neue Technologien und Innovationen nachhaltigere Lösungen zu finden.
Die Linken fordern höhere Abgaben auf Strom, Benzin, Erdöl, eine Flugticketabgabe und viele weitere Verbote und Vorschriften. Ist das der richtige Weg?
Massive Verteuerungen auf Energie, so dass man sie sich nicht mehr leisten kann, ist meiner Meinung nach kein intelligenter Weg. Im Unterschied zu den Parteien, die sich der Modeströmung entsprechend grün nennen, setzen wir, die SVP, auf Fortschritt und nicht auf Rückschritt. Wenn wir nicht auf Auto- und Zugfahrten, Ferien und Maturareisen mit dem Flugzeug und geheizte Wohnungen verzichten wollen, dann erreichen wir die Klimafreundlichkeit nur über innovative technische Entwicklungen. Diese kommen nie vom Staat. Das Geld, das dem Bürger mit der grünen Politik aus der Tasche gezogen wird, wird umverteilt oder in die Subvention von nicht überlebensfähigen Vorhaben gesteckt. Das hilft dem Klima nicht. Wir müssen echte, tragfähige Lösungen entwickeln.