Die SVP Schweiz muss bei der vom Bundesrat vorgesehenen Änderung der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) und der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) dezidiert einen Marschhalt verlangen. Es gibt fundierte Gründe zur Annahme, dass durch den vorgesehenen Wechsel vom Delegations- zum Anordnungsmodell die Kosten massiv steigen und zugleich die Qualität und Sicherheit der Versorgung abnehmen würden. Die in der psychologischen Psychotherapie angestrebten Ziele, eine bessere Versorgung in Krisen- und Notfall-Situation sowie eine bessere Qualität bei den Leistungserbringungen, können so nicht erreicht werden. Sollte der Bundesrat an seinem Vorhaben festhalten, muss er zum Voraus mit festgelegten Instrumenten verhindern, dass die allfällige Umstellung des Modells zu einer Mengenausweitung führt. Der Bundesrat muss dafür bürgen, dass die Prämien- und Steuerzahlerzahler nicht die Opfer der Mengenausweitung werden (verlässliches Monitoring, degressive Tarife bei Mengenausweitung). Aus Sicht der SVP sollten Psychotherapien generell keine OKP-Leistungen darstellen.
Die Schweiz hat im europäischen Vergleich eine hohe Versorgungsdichte an Psychiatern und Psychologischen Psychotherapeuten und kürzere Wartezeiten. Das Delegationsmodell hat sich so gesehen, obwohl als Übergangslösung gedacht, seit 1981 erfolgreich etabliert. Es lohnt sich deshalb bei einem Modellwechsel hin zu einem Anordnungsmodell umsichtig vorzugehen, gerade mit Blick auf mögliche Kostenfolgen. Ein Modellwechsel ist kein Selbstzweck, sondern muss einen Mehrwert für Patientinnen und Patienten und für die Prämienzahlenden bewirken. Das nun vorgeschlagene Anordnungsmodell orientiert sich aber nur an den Anliegen eines Teils der Leistungserbringer und stösst bei den Übrigen auf starke Ablehnung. In Deutschland brachte ein ähnlicher Modellwechsel negative Folgen mit sich. Es kam zu einer angebotsgesteuerten Mengenausweitung. Für psychisch schwer Erkrankte verlängerten sich dadurch die Wartezeiten und die Versorgungslage in den Randregionen besserte sich auch nicht.
Bei der vorgeschlagenen Kostenübernahme durch die OKP sind als Massnahme gegen ungerechtfertigte Mengenausweitung vorgesehen: Einschränkung der Anordnungsbefugnis auf klar definierte Berufsgruppen; pro ärztliche Anordnung maximal 15 psychologische Psychotherapiesitzungen bis eine weitere Anordnung eingeholt werden muss; maximal 30 Sitzungen, vorbehältlich Verlängerung nach vorgängiger Kostengutsprache durch den Versicherer. Diese Massnahmen scheinen geeignet, das Symptom der Mengenausweitung ansatzweise zu bekämpfen, nicht aber die Ursache. Ein Kostenwachstum für die OKP bliebe unabwendbar und das in weit höherem Masse, als vom Bundesrat angenommenen.
Mit dem vermeintlich kurzen Verordnungsweg hat der Bundesrat nicht den Weg ins Ziel eingeschlagen. Es ist aber bei allen Akteuren der Wille vorhanden, die medizinische Versorgung von Menschen mit psychischen Störungen zu verbessern. Die SVP Schweiz ist überzeugt, dass wenn bei einem neuen Anlauf alle Akteure von Beginn weg einbezogen werden, die Mängel im heutigen System nachhaltig und kostenbewusst behoben werden können.
Falls der Bundesrat am Modellwechsel festhalten will, müssen noch griffigere Instrumente gegen die Mengenausweitung zum Vornherein festgelegt werden. Noch besser wäre es, Psychotherapien gar nicht als OKP-Leistung aufzuführen, auch nicht für Psychiater, die hierfür weniger spezifisch ausgebildet sind als die psychologischen Psychotherapeuten.