Selbstbestimmung und Freiheit bewahrt
Bei der Abstimmung vom 6. Dezember 1992 zum EWR/EG-Beitritt ging es um die zentrale Frage: Soll die Schweiz Schweiz bleiben oder sollen ihre Unabhängigkeit und Selbstbestimmung und damit unsere Freiheit und die schweizerische Neutralität preisgegeben werden? Sollen wir Schweizer gleichsam einen Kolonialvertrag mit der Europäischen Gemeinschaft (EG) – heute EU – unterzeichnen? Bundesrat und Parlament wollten dies, wir stemmten uns erfolgreich dagegen.
Der Bundesrat schrieb damals in seiner Botschaft ans Parlament: „Unsere Teilnahme am EWR kann nicht mehr als letztes Wort in unserer Integrationspolitik gelten. Sie ist im Rahmen einer Europa-Strategie zu sehen, die in zwei Phasen ablaufen soll und den vollumfänglichen Beitritt der Schweiz zur EG zum Ziel hat.“
Schweiz wäre heute Mitglied in der EU
Am 6. Dezember 1992 sagten Volk und Stände Nein zu diesem Kolonialvertrag und sprachen sich für Unabhängigkeit und Selbstbestimmung der Schweiz aus. Hätten die Stimmbürger am Samichlaustag 1992 nicht Nein gesagt: Die Schweiz wäre heute Mitglied der EU.
Eigeninteressen statt Volkswohl
Warum begannen dann auch immer mehr bürgerliche Politiker, an unseren bewährten Staatssäulen zu zweifeln und zu nagen? 1989, nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Zusammenbruch des Ostblocks, was das Ende des Kalten Krieges bedeutete, verloren viele vollends den Kopf und meinten, nun sei der ewige Friede ausgebrochen. In pubertärer Naivität wollte man die Armee abschaffen oder doch völlig umbauen und suchte die Erlösung vom mühsamen Weg der Wahrung der Unabhängigkeit und Neutralität. Vielen war der souveräne Kleinstaat zu eng. Da kam die Integration in die damalige Europäische Gemeinschaft (EG), die heutige Europäische Union, als Rettung. Die EU wurde zur grossen Projektion der eigenen Wünsche und Interessen. Das Volkswohl interessierte schon lange nicht mehr. Kriege werde es keine mehr geben. Grenzen gehören der Vergangenheit an. Kurze Zeit später versank das frühere Jugoslawien – bloss eine Flugstunde von uns entfernt – in einen entsetzlichen, blutigen Bürgerkrieg.
Welt besteht aus Menschen
Viele Bürgerliche – im Gleichschritt mit den Wirtschaftsverbänden – träumten 1992 zudem von grenzenlosen Binnenmärkten, sehnten sich nach Währungsunionen und ungeahnten Wirtschaftsperspektiven. Diese Kreise übersahen, dass die Welt aus Menschen und nicht aus intellektuellen Konstruktionen besteht. Sie wollten nicht sehen, wie falsch die EU konstruiert wurde. Damals, 1992, war die EU erst ein Projekt, man wusste nicht genau, was daraus werden wird. Eine Auseinandersetzung mit dieser Fehlkonstruktion war damals noch schwieriger als heute.
Neuer Ankettungsvertrag
Ankündigungsbundespräsidentin Doris Leuthard will, dass die Schweiz, 2018 ein institutionelles Rahmenabkommen mit der EU unterzeichnet. Also wieder eine Ankettung an die EU – nur noch schlimmer als beim damaligen EWR. Die Schweiz soll sich mit diesem Vertrag zur generellen Übernahme von fremden Gesetzen, zur Anerkennung von fremden Richtern und zu Strafmassnahmen, die die EU gegen die Schweiz ergreifen kann, bereit erklären. Auch bei dieser Abstimmung wird es wieder um Sein oder Nichtsein der Schweizerischen Eidgenossenschaft gehen.
Alle gegen die SVP
Und leider steht die SVP wieder alleine da. Die Classe politique wird wieder für die Preisgabe der Schweiz sein. Damit ist die SVP wieder gefordert. Wie schon 1992! Immerhin haben wir es heute etwas einfacher als 1992. Bei der EWR-Abstimmung 1992 war die Bevölkerung punkto EU-Beitritt noch praktisch in zwei gleiche Teile gespalten. Heute wollen 80 Prozent der Bevölkerung nicht mehr in die EU – auch die Westschweiz nicht mehr. Die Neutralität hat heute sogar Zustimmungsraten von weit über 90 Prozent.
Angesichts dieser Tatsachen haben die Politiker ihre Fahnen – aber nicht ihre Meinung – gewechselt. Die bürgerlichen Parteien FDP und CVP behaupten zwar offiziell, sie wollten nicht mehr in die EU. Aber dieser Vertrag, der die Schweiz schlussendlich zwingend in die EU führt, den wollen sie.