Lobgesang auf die Selbstbestimmung
Als Kind habe ich mich immer besonders auf den Nationalfeiertag gefreut. Nicht nur auf die feinen Weggli mit Schweizerfähnchen, sondern auch auf das Höhenfeuer auf dem „Kessel“ der Alp Ueschinen ob Kandersteg, wo wir Kinder unsere Feuerwerke ablassen durften. Anschliessend sassen die Älplerfamilien bei Meringue mit Nidle zusammen und feierten oft bis in die Morgenstunden.
Es ist ein kleines Beispiel der vielen Tausend Feste, die anlässlich des Nationalfeiertags in der Schweiz gefeiert werden. Dezentral, bescheiden, ohne Pomp, aber mit viel Herzblut und Stolz auf unser einzigartiges Land. Die Art, wie wir den 1. August feiern, ist nicht zufällig. Sie entspricht dem Selbstverständnis unseres Landes, das ohne eine zentrale politische Macht auskommt. Alle wichtigen Entscheide obliegen den einzelnen Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern – der Älpler hat gleich viel Macht wie der studierte Bänker.
Diese Selbstbestimmung ist Grundlage der weltweit einmaligen Schweizer Demokratie. Sie hat unser Land über Jahrhunderte vor Krieg bewahrt. Dank Selbstbestimmung ist die Schweiz trotz Rohstoffarmut zu einem der wohlhabendsten Länder der Welt aufgestiegen. Diese Unabhängigkeit in der globalisierten Welt zu bewahren, braucht Mut und Kraft, denn wo sich Erfolg einstellt, sind auch die Neider nicht weit.
Man muss mittelmässig sein, um beliebt zu sein. Die Schweiz hat sich aber nie am Mittelmass, sondern an der Spitze orientiert. Spitze in vielen Sportarten: Tennis, Langlauf, Skifahren, Leichtathletik, Radfahren, Eishockey oder Schiessen. Spitze in vielen Forschungsbereichen: insbesondere mit der ETH Zürich und Lausanne. Spitze in vielen Wirtschaftsbereichen: in der Maschinenindustrie, der chemischen Industrie, der Medizinaltechnik, der Lebensmittelindustrie oder in den Finanzdienstleistungen. Spitze aber auch mit den Tausenden von Berufsleuten, die als Maurer, Schreiner, Arzthelferin, Elektriker, Landwirt, Verkäuferin oder Pflegefachfrau erstklassige Arbeit verrichten.
Der Unterschied zu anderen Ländern ist nicht, dass wir bessere Menschen sind, es ist die einmalige direkte Demokratie, die Selbstbestimmung. Diese verleiht uns einen Rahmen, in dem Fleiss, Eigeninitiative und Eigenverantwortung belohnt werden. Denken wir daran, wenn wir am 1. August aus voller Brust die Nationalhymne singen – ein Lobgesang auf unsere Selbstbestimmung. Mögen diese Töne bis zur baldigen Abstimmung über unsere Selbstbestimmungsinitiative, am 25. November 2018, zum Erhalt der einmaligen Schweizer Demokratie nachhallen.