Erwerbslose – eine tickende Zeitbombe für die Sozialhilfe
Die Arbeitslosenquote beträgt laut dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) 2,4 Prozent. Das ist arg beschönigend. Tatsächlich war der Anteil der Erwerbslosen im ersten Quartal 2019 fast doppelt so hoch. Massiv unter Druck: über 50-jährige Arbeitnehmer. Sie landen in der Sozialhilfe, weil sie durch jüngere, günstigere Ausländer ersetzt werden – Personenfreizügigkeit sei Dank.
Im Schnitt sind hierzulande aktuell 243’000 Menschen erwerbslos. Damit hat die Zahl gegenüber dem letzten Quartal 2018 noch leicht zugenommen. Im europäischen Vergleich steht die Schweiz bezüglich Erwerbslosigkeit heute schlechter da als Österreich, Bulgarien, Estland, Slowenien, Rumänien, Grossbritannien, Malta, Ungarn, Polen, die Niederlande, Deutschland und Tschechien. Dabei war die Erwerbslosigkeit in der Schweiz in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg extrem niedrig, jedenfalls wesentlich niedriger als im übrigen Westeuropa.
Beschönigte Arbeitslosenquote
4,9 Prozent der möglichen Berufstätigen hat also keine Arbeit in unserem auf 8,6 Millionen Einwohner angeschwollenen Land. Soweit die kalte Statistik. Wieviel Leid, Enttäuschung und Verzweiflung in den konkreten Schicksalen hinter diesen nackten Zahlen stecken, kann man sich kaum vorstellen. Zu den Erwerbslosen wird jede Person mit ständigem Wohnsitz in der Schweiz gezählt, die in den vergangenen vier Wochen keine Arbeit hatte, die eine Stelle sucht und innert kurzer Zeit eine Arbeit antreten könnte. Um einen internationalen Vergleich zu ermöglichen, wird heute die Berechnungsart der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) herangezogen. So macht es korrekterweise auch das Bundesamt für Statistik, während das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) jeweils die Arbeitslosenquoten der bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren Gemeldeten vorlegt, also die Ausgesteuerten aus der Statistik verschwinden lässt. Diese Arbeitslosenquote lag zuletzt bei 2,4 Prozent. Man wird den Verdacht nicht los, das Seco wolle so unerfreuliche Tatsachen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt etwas beschönigen.
Personenfreizügigkeit setzt Ältere unter Druck
Eine Erwerbslosenstatistik wird seit 1991 geführt. Damals waren noch 79’000 Personen erwerbslos, davon 57’000 Schweizer. Bei Einführung der vollen Personenfreizügigkeit mit den 15 ersten EU-Staaten im Jahr 2007 gab es bereits 180’000 erwerbslose Personen, davon 105’000 Schweizer. Und jetzt, im ersten Quartal 2019, zählt das Bundesamt für Statistik bei den 243’000 Erwerbslosen 114’000 Ausländer. 63’000 stammen aus den EU/Efta-Staaten, 51’000 aus Drittstaaten. Von den In- und Ausländern sind 91’000 seit einem Jahr und mehr erwerbslos, 125’000 sind nicht in einer Regionalen Arbeitsvermittlung eingeschrieben. Dabei herrscht noch immer eine wirtschaftliche Hochkonjunktur. Man kann nur erahnen, wie rasch die Erwerbslosenquote weiter explodieren wird, sobald sich die wirtschaftliche Situation wieder abkühlt.
Beunruhigend ist, dass im Gegensatz zur gesamthaft leicht rückläufigen Erwerbslosigkeit im Vergleich mit dem ersten Quartal des letzten Jahres die Quote bei den 50- bis 64-Jährigen von 4,4 auf 4,6 Prozent angestiegen ist. Das Problem der «Ü50» ist also durchwegs real. Dies musste auch der Bundesrat anerkennen und will nun eine Überbrückungsrente für ausgesteuerte Arbeitslose ab 60 Jahren einführen. In Tat und Wahrheit handelt es sich aber um eine unwürdige Entlassungsrente, werden doch so die Firmen künftig noch weniger Skrupel haben, 58-Jährige zu entlassen, um sie für zwei Jahre der Arbeitslosenkasse und dann der Überbrückungsrente anzuhängen.
Dramatischer Anstieg der Arbeitslosenzahlen – trotz Hochkonjunktur