In Basel regieren Willkür und politischer Opportunismus
Wenn Rot-Grün regiert, steht der Kanton über dem Bund, ist Basel-Stadt wichtiger als Dublin und kommt Politik vor Recht. Hauptsache, ein abgewiesener Asylbewerber kann in der Schweiz bleiben. Zu diesem Zweck setzt der Regierungsrat von Basel-Stadt ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht um, das die Ausweisung eines Afghanen angeordnet hat.
Ein junger Afghane war mit seiner Familie in den Iran geflohen. Dort von der Armee eingezogen, floh er während eines Urlaubs nach Europa. Ein Asylgesuch in Österreich wurde abgelehnt. Sein Asylgesuch in der Schweiz musste nach den Grundsätzen des Dublin-Abkommens ebenfalls abgewiesen werden, was in letzter Instanz das Bundesverwaltungsgericht bestätigte. Eine Petition, vom Grossen Rat von Basel-Stadt unterstützt, forderte, dass der Afghane nicht ausgeschafft wird. Dem schloss sich der Regierungsrat an: Er werde dem Bund mitteilen, dass er «die Überstellung nach Österreich nicht vollziehen» werde.
Den Rechtsstaat, die Bindung aller Staatstätigkeit an Recht und Gesetz, ruft in ausländerpolitischen Fragen normalerweise die politische Linke an. Nicht so der rot-grün dominierte Basler Regierungsrat, wenn die Anwendung von Recht und Gesetz zu einem politisch nicht genehmen Ergebnis führt. Dann steht Politik – so, wie man sie kraft der Mehrheitsverhältnisse selber bestimmen kann – über dem Recht. Ein solches Verhalten verstösst nicht nur gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, sondern ist auch Willkür und politischer Opportunismus. Und als Bürger frage ich mich, warum ich eine Busse für zu schnelles Fahren in einer Tempo-30-Zone bezahlen muss, wo ich solche Zonen doch politisch ablehne.
Das Dublin-Abkommen, ganz allgemein die bilateralen und andere internationale Verträge, rufen normalerweise die politische Linke und die Internationalisten aller Lager an. Sie bringen uns bei, dass Migration ein globales Problem sei – äxgüsi: eine Chance, sprudelndes Potenzial, so der UNO-Migrationspakt –, welches global zu lösen sei. Doch wenn die globale Lösung der Asylprobleme dem baselstädtischen Regierungsrat im konkreten Einzelfall nicht gefällt, kommt Basel-Stadt vor Dublin. Das ist Opportunismus der Internationalisten.
Die Doppelmoral der Linken
Den Zentralismus, die politische Gewalt des Bundes, ruft normalerweise die politische Linke an, die oft den Föderalismus lächerlich macht, den Kantonen nichts zutraut oder ihnen die Verfolgung eigener Interessen vorwirft (was die Kantone hoffentlich tun). Im Verhältnis zwischen dem Bundesverwaltungsgericht und dem baselstädtischen Regierungsrat scheint aus der Sicht des Letzteren ein etwas anderer Föderalismus zu gelten. Hier soll die Kantonsregierung den Behörden des Bundes mitteilen, wie die Gesetze des Bundes und die Staatsverträge, die der Bund abgeschlossen hat, umzusetzen sind. Das ist opportunistischer Föderalismus. Wobei zu vermuten ist, dass der baselstädtische Regierungsrat das nur für Basel-Stadt so sieht, während der Bund anderen Regierungsräten gefälligst ganz genau auf die Finger zu schauen hat.