Die Armee hat die wesentlichen Mängel erfolgreich behoben. Ein Problem bleibt: Sicherheit ist nicht gratis. Zur Erfüllung des Auftrages braucht es eine Rückbesinnung auf den Kernauftrag und Geld.
Die Armee hat die wesentlichen Mängel erfolgreich behoben. Ein Problem bleibt: Sicherheit ist nicht gratis. Zur Erfüllung des Auftrages braucht es eine Rückbesinnung auf den Kernauftrag und Geld.
Als ich 2009 das VBS übernommen habe, hatte die Armee innerhalb von nur 15 Jahren drei ebenso tiefgreifende wie überstürzte Reformen und eine massive Verkleinerung erlebt. Entsprechend verlief vieles chaotisch: Bis zu tausend Arbeitsgruppen kümmerten sich ohne Gesamtplanung um verschiedene Projekte. Bereits wurde diskutiert, ob WK abgesagt werden müssten. Die Armee befand sich knapp vor dem Kollaps.
Hauptprobleme gelöst
Wir begannen damit, eine Mängelliste zu erstellen und Sofortmassnahmen einzuleiten. Es zeigte sich, dass insbesondere drei Probleme im Vordergrund standen: Erstens funktionierte die Logistik nicht richtig. Immer wieder wurden WK-Truppen zu spät, mit falschem oder mangelhaftem Material beliefert. Das beeinträchtigte die Ausbildung und sorgte für Schlagzeilen in den Medien. Zweitens waren im Bereich der Informatik die Kosten ausser Kontrolle geraten; zudem fehlte eine Gesamtstrategie. Drittens hatten die fortlaufenden Budgetkürzungen dazu geführt, dass die Armee von der Substanz zehrte: Die Truppen konnten nicht mehr vollständig ausgerüstet und Immobilien nicht unterhalten werden.
Hinsichtlich Logistik und Informatik hat die Armee jetzt wieder Tritt gefasst und ist auf gutem Wege: Wir können die Leistungen für den militärischen Alltag erbringen und die Truppen entsprechend ihren Bedürfnissen in Einsätzen sowie Ausbildungs- und Wiederholungskursen ausrüsten. In der Informatik realisieren wir Einsparungen und können feststellen: Die Prozesse werden wieder gesteuert.
Auch Fehler in der Ausbildung haben wir korrigiert: Wer Kader wird, muss den Grad wieder abverdienen.
Fehlende Ressourcen
Die Armee hat aber immer weniger Geld zur Verfügung: Die jährlichen Ausgaben für die Landesverteidigung haben in den letzten gut 20 Jahren seit 1990 von über 6 Milliarden Franken auf den heutigen Stand von ca. 4.4 Milliarden Franken abgenommen. Gemessen an den Bundesausgaben gingen die Verteidigungsausgaben von gegen 19% auf einen Anteil von noch etwa 7% zurück.
Diesen massiven Kürzungen der Armee steht ein massives Ausgabenwachstum des gesamten Haushaltes gegenüber. 1990 betrugen die ordentlichen Bundesausgaben 31.6 Milliarden Franken, 2011 betrugen sie 64.2 Milliarden Franken.
Der Abbau geht weiter: 2009 bis 2011 haben wir 900 Millionen Franken gespart und gegen 500 Stellen abgebaut. Bundesrat und Parlament haben uns einen Auftrag erteilt, der uns zu einer weiteren Reduktion des Mannschaftsbestandes von 200‘000 auf 100‘000 zwingt. Damit hätte unsere Armee dann im Fussballstadion von Barcelona Platz.
Wir nehmen den Sparauftrag ernst.Wir haben einen Mentalitätswandel zu mehr Kostenbewusstsein vollzogen. Wir planen die Schliessung von Standorten, möglicherweise auch von Flugplätzen. Ambitiöse Projekte im Bereich der elektronisch vernetzten Kriegsführung müssen überprüft werden.
Bedrohung
Wenn wir die sicherheitspolitischen Entwicklungen der letzten Jahre anschauen, dann müssen wir feststellen: Die Welt wird unstabiler, unberechenbarer und damit auch unsicherer.
Neue aufstrebende Mächte vertreten ihre Interessen offensiv und ringen miteinander um Einfluss. Das lässt sich weltweit beobachten, vom Krieg in Syrien bis zu den Spannungen um Inseln in Ostasien.
Moderne Krisen haben selten eine lange Vorwarnzeit. So wurden beispielsweise auch Nahostexperten von den Revolutionen in den arabischen Ländern überrascht. Wie der arabische Raum nur schon in einem halben Jahr aussieht, ist absolut offen.
Für zusätzliche Unberechenbarkeit sorgen neue Konfliktformen: Der Überraschungseffekt ist typisch für den Terrorismus. Aber auch für Cyber-Angriffe ist charakteristisch, dass ein unbekannter Angreifer zu einem unbekannten Zeitpunkt an einem unbekannten Objekt zuschlägt.
Das Konfliktpotential steigt auch in Europa: Die Schuldenkrise kann rasch zu sozialer Unrast führen, wie wir das in den südlichen EU-Staaten bereits gesehen haben. Damit nimmt die Gefahr von Demonstrationen, Blockaden, Krawallen, Streiks usw. zu. Eine international hoch vernetzte Wirtschaft und Gesellschaft, wie wir sie haben, ist besonders störungsanfällig.
Nicht zu übersehen sind zudem die Spannungen, die durch Migration, fremde Kulturen und Religionen in allen westlichen Gesellschaften entstehen. Es wächst die Gefahr, dass sich rechtsfreie Räume mit einem gefährlichen Gewaltpotential bilden.
Armee braucht ein Gleichgewicht
Auf all diese Entwicklungen und Bedrohungen müssen wir Antworten finden. Für die Armee heisst das, sie muss als Sicherheitsreserve sofort zur Verfügung stehen. Und sie muss so ausgerüstet und ausgebildet sein, dass sie vielfältige Aufgaben erfüllen kann, von der Unterstützung ziviler Behörden in Notsituationen bis zum Kampfeinsatz.
Die Armee muss also auf verschiedene Konfliktformen und Eskalationsstufen vorbereitet sein. Deshalb muss sie über ganz verschiedene Fähigkeiten und somit auch über verschiedene Waffen und Ausrüstungen verfügen.
Unter anderem gehört zu ihren Aufgaben die Wahrung der Lufthoheit. Dazu brauchen wir neue Kampfflugzeuge. Alle Beschaffungen müssen aber immer im Zusammenhang mit den Gesamtbedürfnissen der Armee gesehen werden. Die knappen Mittel müssen auf die verschiedenen Truppen so verteilt werden, dass für alle ein Gleichgewicht zwischen Aufgaben und Ausrüstung besteht. Die Schweiz braucht nicht das teuerste oder schnellste Flugzeug, sondern eines, das ihren Bedürfnissen entspricht. Der Gripen des blockfreien Schweden erfüllt unsere Anforderungen und ist vergleichsweise günstig.
Fazit
Sicherheit ermöglicht Wohlstand. Die Investitionen in die Sicherheit unseres Landes sind darum so etwas wie eine Versicherungsprämie für unsere Lebensqualität. Das muss uns etwas wert sein. Konkret heisst das: