Editorial

14. Juni: Wo bleibt der Schutz der Frauen vor Gewalt?

Frauenstreik im Jahr 2019, kurz vor den Eidgenössischen Wahlen: Tausende lila gekleidete Frauen gingen auf die Strasse. Sie protestierten gegen Gewalt gegen Frauen und forderten unter anderem eine Reform des Sexualstrafrechts. Die Bilanz nach vier Jahren ist bitter: die Mitte-Links-Mehrheit im Bundeshaus hat dafür gesorgt, dass die Frauen die grossen Verliererinnen der Reformen sind.

Céline Amaudruz
Céline Amaudruz
Nationalrätin Genève (GE)

In den vier Jahren nach dem Frauenstreik von 2019 debattierte das Bundesparlament zwar die Reform des Sexualstrafrechts. Die Mitte-Links-Mehrheit konzentrierte sich dabei jedoch lediglich auf die Zustimmungslösung «Ja heisst Ja». Härtere Strafen für die Täter, das effizienteste Mittel, um Frauen wirklich vor Gewalt zu schützen, lehnte die Mitte-Links-Mehrheit hingegen ab.

Vergewaltiger werden weiter mit Samthandschuhen angefasst

Begleitet vom ohrenbetäubenden Schweigen der Medien lehnte eine Allianz von Linken und FDP die Forderung der SVP ab, besonders schwere Fälle von Vergewaltigungen zwingend mit Gefängnis zu bestrafen. Deshalb können Vergewaltiger, die ihre Opfer mit Gewalt oder Drohungen gefügig machen, noch immer mit einer Bewährungsstrafe davonkommen. Das ist ein Skandal! Damit bleibt alles beim Alten: Bereits vor der «Reform» des Sexualstrafrechts wurde mehr als ein Viertel der Vergewaltiger zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Skandalös auch, dass sich Grüne und FDP für einfache Geldstrafen für Vergewaltiger eingesetzt haben. Auch hier wartete man vergeblich auf den Aufschrei der feministischen Kreise und der Medien.

Es irrt, wer glaubt, dass die politischen Forderungen des Frauenstreiks im Bundeshaus Gehör finden. Die traurige Realität ist, dass linke Parteien und Verbände den Frauenstreik für ihre Interessen instrumentalisieren. Nur so lässt sich das Schweigen dieser Kreise erklären, als der Genfer SP-Ständerat Carlo Sommaruga von «relativ harmlosen Fällen» von Vergewaltigung schwafelte und sich für Geld- statt für Gefängnisstrafen einsetzte.

Warum führten die Forderungen des Frauenstreiks nicht zu einem echten, effizienten Schutz der Opfer? Die Antwort liegt auf der Hand: Weil Gefängnisstrafen nicht der Ideologie der linken Parteien und Organisationen entsprechen, die den Frauenstreik gekapert haben.

Deshalb rufe ich alle Frauen und Männer auf, die eine gerechtere Gesellschaft und echten Opferschutz wollen: Erhebt eure Stimme. Lassen wir es nicht länger widerspruchslos zu, dass Gewerkschaften und linke Parteien den Frauenstreik im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen für ihre Zwecke missbrauchen. Ich weiss, dass wir Frauen etwas Besseres verdient haben. Und Sie?

Céline Amaudruz
Céline Amaudruz
Nationalrätin Genève (GE)
 
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