Wäre die Sache nicht bitterer Ernst, müssten die behördlichen Aktivitäten und Verlautbarungen rund um die Schweinegrippe als Posse bezeichnet werden…
Wäre die Sache nicht bitterer Ernst, müssten die behördlichen Aktivitäten und Verlautbarungen rund um die Schweinegrippe als Posse bezeichnet werden. Obwohl seit Monaten angekündigt, führt der nun erfolgte Ausbruch der Grippeepidemie in erster Linie zu einer Verwirrung der Behörden. Die Schuld an den zumindest für den Laien chaotisch wirkenden Impfaktionen wird von den Protagonisten wahlweise der Nichtmitgliedschaft in der EU, dem Föderalismus, der Pharmaindustrie, der Zulassungsstelle Swissmedic oder dem Bundesamt für Gesundheit BAG gegeben. Der schwarze Peter wird, medial eng begleitet, fast täglich weitergereicht.
Das neuste Kapitel im Verwirrspiel liefert der Bundesrat, der dem Verteidigungsdepartement den Auftrag erteilt hat, 80’000 Diplomaten und Beamte zu impfen. Der Bundesratssprecher betont zwar, dass mit dieser Impfaktion niemand privilegiert würde. Woher er diese Interpretation des Sachverhalts nimmt, bleibt indes schleierhaft. Der Unterschied zwischen einer Sonderbehandlung und einer privilegierten Behandlung dürfte eher klein sein. Mit diesem Entscheid reduziert der Bundesrat zudem erneut das Verteidigungsbudget von Bundesrat Ueli Maurer. Unter Vollkostenbetrachtung geht dem VBS ein Millionenbetrag ab.
BAG überfordert
Schon beinahe tragisch ist die Rolle des BAG. Im Verlauf der vergangenen Woche wurde die Schuld am Impfchaos vom BAG zuerst der Nichtmitgliedschaft in der EU angelastet, welche einen Informationsaustausch mit den europäischen Zulassungsbehörden verhindern würde. Nachdem sich diese Argumentation als wenig tragfähig erwiesen hatte, wurde das Visier vom BAG auf den föderalistischen Aufbau der Schweiz gerichtet, der eine Koordination verunmögliche. In erster Linie zeigt das wild um sich schlagende Bundesamt aber, dass es durch die Situation selber heillos überfordert ist. Das BAG hatte den Ausbruch einer Grippeepidemie bereits vor Monaten angekündigt. Zeit zur Vorbereitung wäre also genügend vorhanden gewesen.
Lehren für die Zukunft ziehen
Das Thema Schweinegrippe wird auch das Parlament beschäftigen. Mehrere Vorstösse sind angekündigt, z.B. im Bereich des Informationsaustauschs mit der EU, der mit Ländern wie USA, Kanada oder Australien auf der Basis von gegenseitigen Vereinbarungen offenbar bereits funktioniert – ohne dass die Schweiz diesen Ländern beigetreten wäre… Bundesrat und Behörden werden in den nächsten drei Wochen nicht darum herum kommen, unangenehme Fragen zu ihrem Vorgehen zu beantworten.
Die SVP-Fraktion plant in der Wintersession unter anderem einen Vorstoss zum Abschluss eines Memorandums of Understanding mit der EU in Sachen Informationsaustausch im Heilmittelbereich.