Eines schleckt keine Geiss weg: Die AHV, das wichtigste Sozialwerk der Schweiz, steht vor grossen finanziellen Problemen. Ihre finanzielle Stabilität ist in Gefahr, weil in den nächsten Jahren geburtenstarke Jahrgänge das Pensionsalter erreichen. Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung und das Verhältnis zwischen Beitragsleistenden und Rentenbeziehenden verschlechtert sich. Und die Zinsen sind schon seit Jahren tief im Keller. Die finanzielle Stabilität der 1. und 2. Säule ist deshalb gefährdet. Das System der Altersvorsorge bedarf einer Anpassung.
Wären die Lebensumstände heute noch gleich wie 1950, könnten mit den seinerzeitigen Beiträgen in die Altersvorsorge die Renten problemlos finanziert werden. Ein Mann würde eine Rente aufgrund der massiv kürzeren Lebenserwartung im Durchschnitt während zweier Jahre und eine Frau während sieben Jahre beziehen. Die Lebensumstände, insbesondere die Fortschritte in der medizinischen Versorgung, haben sich jedoch seit 1950 enorm verändert. Die Lebenserwartung bei der Geburt liegt heute bei 81 Jahren für Männer und 85 Jahren für Frauen! Aktuelle Finanzperspektiven der AHV gehen deshalb davon aus, dass der AHV ab dem Jahr 2030 8.9 Milliarden Franken pro Jahr fehlen. Das entspricht dem Ertragspotential von 2 Lohnprozenten oder 2.5 Mehrwertsteuerprozenten.
Ein leckes Boot muss man reparieren, nicht noch stärker beschädigen
Das Parlament hat nun in einer Hauruckübung einer komplizierten Pseudoreform zugestimmt, die die Probleme nicht löst, sondern hinausschiebt und dabei erst noch Intransparenz infolge der Vermischung von 1. und 2. Säule schafft. Denn auch mit einem Ja am 24. September 2017 braucht es spätestens ab dem Jahr 2025 eine erneute Reform mit nochmals höheren Mehrwertsteuerprozenten und nochmals höheren Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen. Das Ziel, die Sozialwerke finanziell zu sichern, wird bei weitem verfehlt!
Die Übergangsgeneration profitiert zulasten der Jungen
Schade, gehöre ich nicht zur Generation der 45 bis 65jährigen (auch Übergangsgeneration genannt). Sie profitieren von dieser Pseudoreform vielleicht noch am ehesten. Die Reform sieht nämlich vor, dass ältere Arbeitnehmer wegen der Rentenkürzungen in der 2. Säule einen Ausgleich erhalten. Dies in der Überlegung, dass Ältere nicht mehr genug Zeit haben, die Einbussen über höhere Beitragszahlungen wettzumachen.
Zwar wird auch bei der Übergangsgeneration der Umwandlungssatz in der 2. Säule von heute 6,8% auf 6,0% gesenkt. Diese Senkung soll aber durch entsprechende Zahlungen aus dem Sicherheitsfond der Pensionskassen kompensiert werden (ganz nebenbei: der Sicherheitsfonds wird von allen Vorsorgeeinrichtungen finanziert und würde eigentlich dazu dienen, bei der Pleite einer Pensionskasse einzuspringen!).
Konkret bedeutet dies, dass bei den Jahrgängen 1973 und älter die Pensionskassenrente gar nicht reduziert wird. Sie profitieren demnach weiterhin von einem Umwandlungssatz von 6,8%. Den AHV-Rentenzuschlag à la Giesskannenprinzip von 70 Franken, der eigentlich angedacht ist, um Kürzungen in der beruflichen Vorsorge zu kompensieren, erhalten sie aber trotzdem. Um Himmelswillen, wozu braucht es denn da eine Kompensation? Hinzu kommt, dass jene, die zur Übergangsgeneration gehören, die ersten sind, die die vollen Beitragsjahre in der 2. Säule geleistet haben. Sie bekommen also mehr AHV und eine höhere BVG-Rente als jede Generation davor.
Die Jungen bezahlen die Zeche
Für den Rentenausbau aufkommen müssen die jüngeren Jahrgänge (u45), die ein Leben lang höhere Steuern und Lohnprozente zahlen werden, ohne sichere Aussicht auf eine eigene Rente.
Als Mitbürger mit Jahrgang 1979 fühle ich mich deshalb so richtig verschaukelt.
Diese Reform ist weder finanziell nachhaltig, noch sozial, noch generationengerecht. Ich lehne sie daher ab.