Behördenpropaganda auf Kosten der Fakten

Die Erläuterungen des Bundesrates zu der erleichterten Einbürgerung von Ausländern bieten das aktuellste Heldenstück der Behördenpropaganda. Auf nicht weniger als sechs Seiten werden die Vorzüge der Vorlage, die am 12. Februar 2017 zur Abstimmung kommen wird, ausgebreitet. Den Bedenken der Gegner wird nur gerade ein einziger Abschnitt eingeräumt und auch das nur, um sie sogleich als völlig unbegründet wieder vom Tisch zu wischen. 

Mauro Tuena
Mauro Tuena
Nationalrat Zürich (ZH)

Eine solche einseitige Darstellung einer Abstimmungsvorlage ist stossend. Denn das Bundesgesetz über die politischen Rechte verlangt in Art. 10a vom Bundesrat bei der Information über eidgenössische Abstimmungsvorlagen eigentlich die Grundsätze der Vollständigkeit, der Sachlichkeit, der Transparenz und der Verhältnismässigkeit zu beachten. Ausserdem hat er «die wichtigsten im parlamentarischen Entscheidungsprozess vertretenen Positionen» darzulegen. In seinem Leitbild «Information und Kommunikation von Bundesrat und Bundesverwaltung» führt der Bundesrat eifrig noch genauer aus: «Oberstes Ziel im Abstimmungskampf ist eine freie und unverfälschte Meinungsbildung. Eine Person kann ihre Meinung frei bilden, wenn sie alle relevanten Positionen aller zentralen Akteure kennt.» Zumindest auf dem Papier wüsste der Bundesrat also, was seine Pflicht wäre.

Keine Stimme den Gegnern der erleichterten Einbürgerung
Dennoch ist nicht abzustreiten, dass er mit seiner Darstellung der Vorlage weder das Gesetz noch seine eigenen Vorgaben in irgendeiner Weise erfüllt oder wenigstens auch nur zu erfüllen bestrebt wäre. Für den Bundesrat scheint die SVP, die doch immerhin knapp einen Drittel aller Wähler repräsentiert und deren Vertreter im Nationalrat mit 67 Nein-Stimmen die neuen Bestimmungen klar abgelehnt haben, kein zentraler Akteur zu sein, dessen Position zur erleichterten Einbürgerung es wert wäre, genauer ausgeführt zu werden. Auch den Bedenken der 19 Ständeräte – immerhin knapp die Hälfte der Kantonsvertreter auf Bundesebene – scheint mit der rudimentären Präsentation der Gegenargumente in besagtem einsamen Abschnitt nach Ansicht des Bundesrates genügend Rechnung getragen worden zu sein. 

Loblied der Integration – Überprüfung vom Schreibtisch
Weniger Zurückhaltung auferlegt sich der Bundesrat, wo es um die Darlegung der eigenen Argumente geht. Trotz der uferlosen Ausführungen, bleibt erstaunlicherweise dann doch kein Platz für eine Differenzierung. «Junge Menschen der dritten Ausländergeneration sind in der Schweiz bestens integriert», weiss der Bundesrat zu berichten. Überprüft wird diese erleichterte Einbürgerung vom Berner Schreibtisch aus, ohne die Person je gesehen zu haben. Dutzende von Moslems, die gerade zu jener Zielgruppe gehören, die erleichtert eingebürgert werden soll, und die sich in den letzten Jahren in der Schweiz radikalisiert haben – notabene nicht selten in den gleichen Moscheen, die schon ihre Eltern und Grosseltern besucht haben – und von denen nicht wenige nach Syrien gereist sind, um dort in einem «heiligen Krieg» zu kämpfen, die scheint der Bundesrat schlicht übersehen zu haben. Lieber betont er, wie vorbildlich diese jungen Menschen doch in Vereinen mitmachen, im Chor singen und im Sportclub dabei seien. Dabei müsste der Nachweis, dass der Ausländeranteil in Schweizer Vereinen wenigstens dem Gesamtausländeranteil in der Schweiz entspricht, erst noch erbracht werden. In Wirklichkeit dürfte er in den Vereinen viel tiefer sein, wenn man von naheliegenden Ausnahmen absieht, wie etwa dem «Patriotischen Forum der Montenegriner aus der EU und der Schweiz» oder auch dem «Islamischen Zentralrat Schweiz».

Propaganda statt Fakten
Ob der ganzen Lobhudelei des Bundesrates auf die Vorlage gehen daher die Fakten ganz vergessen: Erleichtert eingebürgert werden sollen eben nicht nur junge Menschen, die «ihr ganzes Leben in der Schweiz verbracht» haben, wie uns der Bundesrat vorlügt. Um von der erleichterten Einbürgerung profitieren zu können, reicht es, wenn der Einbürgerungskandidat hier geboren wurde und wenigstens fünf Jahre lang die Schule hier besucht hat. Die Eltern müssen weder in der Schweiz geboren worden sein, noch das ganze Leben hierzulande verbracht haben. Die Integration ist, anders als bisher, kein massgeblicher Indikator mehr. Die zuständige Propagandaministerin Sommaruga hat es hingegen geschafft, im Bundesbüchlein das romantisch verklärte Bild der trachtentragenden, jodelnden Ausländer der dritten Generation zu zeichnen.   

So sieht die Realität aus. Und deshalb müssen Volk und Stände diesem Unsinn an der Urne einmal mehr Einhalt gebieten. Angesichts von bereits heute 40’000 Einbürgerungen pro Jahr ist eine weitere Erleichterung der Abgabe des roten Passes entschieden zu stoppen. 

 

Mauro Tuena
Mauro Tuena
Nationalrat Zürich (ZH)
 
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