Die Ausgaben für die Ergänzungsleistungen steigen permanent an. Deshalb wird bei der anstehenden Revision zurecht die Bremse angezogen. Aber auch Bremsen will gelernt sein, wie wir alle wissen. Eine Destabilisierung der Krankenversicherung darf nicht die Konsequenz sein.
Gut gemeint, ist nicht gut genug
Das Ausgabenwachstum bei den Ergänzungsleistungen zu bremsen, war für den Ständerat das vorrangige Ziel. Was im „Stöckli“ aber zu wenig durchdacht wurde, war die Art und Weise, wie die Kosten der Krankenversicherung künftig möglichst gerecht und zugleich sparsam an die Ergänzungsleistungen angerechnet werden sollen. Gemäss heutigem Recht wird pauschal die kantonale Durchschnittsprämie angerechnet. Dies führt dazu, dass einige Bezüger mehr, einige weniger angerechnet erhalten, als ihre Prämie tatsächlich kostet. Statistisch betrachtet gleicht sich das Ganze aus.
Kleinen Krankenkassen droht Konkurs
Der Ständerat hatte entschieden, dass künftig für die EL-Anrechnung noch maximal die Prämie des drittgünstigsten Krankenversicherers herangezogen werden dürfe. Bliebe es bei diesem Entscheid, wären künftig wohl Zehntausende von EL-Bezügern aus finanziellen Gründen gezwungen, regelmässig den Krankenversicherer zu wechseln. Denn der drittgünstigste Krankenversicherer ist unter marktwirtschaftlichen Bedingungen über mehrere Jahre kaum immer derselbe. Und wenn aufgrund marktfremder Einflüsse – der massenweisen Aufnahme von EL-Bezügern – die Reserven massiv aufgestockt werden müssten, dürfte der drittgünstigste Krankenversicherer umso mehr immer wieder ein anderer sein.
In Kantonen mit kleinen ortsansässigen, eher regional tätigen Krankenkassen sind diese oft die günstigsten. Beispiele dazu finden sich unter anderem in den Kantonen Glarus, Graubünden und Wallis. Diese Kassen hätten ein grosses administratives Problem, wenn sie entgegen aller bisherigen Realitäten im Markt plötzlich von EL-Bezügern überschwemmt würden. Gar nicht zu bewältigen wäre in den meisten Fällen das Problem der zusätzlich benötigten Reserven, welche für die rapid angewachsene Anzahl Versicherten beträchtlich aufgestockt werden müssten.
Wenig sinnvoll ist der ständerätliche Vorschlag auch in etlichen Kantonen der Romandie. Dort sind die günstigsten Versicherer in der Regel grosse Kassen. Deshalb kann es vorkommen, dass die drittgünstigste Prämie – die gemäss Ständerat angerechnet werden sollte – höher ist als die kantonale Durchschnittsprämie.
Bundesrat hat besseren Sparvorschlag
Der neue Sparvorschlag des Bundesrates ist für einmal deutlich nachhaltiger als jener des Ständerates. Die Regierung will zwar weiterhin auf die kantonale Durchschnittsprämie abstellen, gleichzeitig sollen die Kantone neu aber die Möglichkeit erhalten, die tatsächliche Prämie eines EL-Bezügers anzurechnen, wenn diese tiefer als der kantonale Durchschnitt ist. Mit diesem Vorschlag korrigiert der Bundesrat die stossende Situation, dass EL-Bezügern mit sehr tiefen Krankenkassenprämien bisher höhere Beträge angerechnet werden mussten.
Mit dem neuen Vorschlag des Bundesrates haben es die Kantone in der Hand, dass keinem EL-Bezüger mehr angerechnet wird, als er selber für die Krankenversicherung bezahlt. Gleichzeitig werden die kleinen Krankenkassen nicht aufgrund von marktfremden Einflüssen aus dem Markt gedrängt. Der bundesrätliche Vorschlag ist also ein guter Kompromiss. Die Kantone können bei der heutigen Regel für Pauschalbeträge bleiben oder bei tiefen Prämien die effektiv bezahlten Beträge der EL-Bezüger anrechnen. Dem Spargebot bei den Ergänzungsleistungen ist damit Genüge getan, ohne dass die Krankenversicherung destabilisiert wird. Ausserdem halten sich bei dieser Lösung auch die praktischen Probleme für die EL-Bezüger und deren Leistungserbringer (bspw. Ärzte, Apotheken) in Grenzen. Eine jährliche Pflicht zum Wechsel der Krankenkasse hätte nämlich für Letztere einen grossen administrativen Aufwand zur Folge, welcher seinerseits wieder mit unnötigen finanziellen Folgen verbunden wäre, die man gerade im Gesundheitswesen mit allen Mitteln zu vermeiden versucht.