Der Bundesrat und die Gegner der Staatsvertragsinitiative werden nicht müde zu behaupten, das Volk verfüge bereits über genügend Mitspracherechte in der Aussenpolitik. Die Realität zeigt indes ein…
Der Bundesrat und die Gegner der Staatsvertragsinitiative werden nicht müde zu behaupten, das Volk verfüge bereits über genügend Mitspracherechte in der Aussenpolitik. Die Realität zeigt indes ein anderes Bild. Der Bundesrat veranstaltet beispielsweise seit Monaten ein veritables Versteckspiel in Sachen Europapolitik. Die von ihm vor zwei Wochen beschlossenen Grundsätze für den institutionellen Rahmen der künftigen Beziehungen zur EU sind nicht öffentlich zugänglich. Ebenso wenig wurden die Parteien in eine Anhörung zu diesen Grundsätzen einbezogen. Wer sicher sein will, dass diese für unser Land und seine Souveränität grundlegenden Fragen dereinst dem Stimmbürger vorgelegt werden, sollte am 17. Juni der Volksinitiative „Staatsverträge vors Volk!“ unbedingt zustimmen.
Der Bundesrat will Brüssel demnächst ein neues Angebot unterbreiten, wie der von der EU verlangte institutionelle Rahmen für künftige Verträge zwischen der Schweiz und der EU ausgestaltet werden soll. Dazu hat die Landesregierung am 25. April 2012 zehn Grundsätze verabschiedet. Wer sich dafür interessiert, findet im Internet ein Communiqué mit einigen oberflächlichen Aussagen. Die konkreten Grundsätze wurden nicht einmal den Parteien zugänglich gemacht. Auf Anfrage bei den zuständigen Departementen wird auf vertrauliche Sitzungsunterlagen der aussenpolitischen Kommissionen verwiesen. Die beiden Kommissionen werden angehört, ebenso wie die Konferenz der Kantonsregierungen und einige ausgewählte Verbände.
Weitreichende Preisgabe der Souveränität
Dabei ist der Inhalt des bundesrätlichen Angebots für alle Bürgerinnen und Bürger von grosser Tragweite. Der EU wird faktisch die Unterordnung der schweizerischen Rechtsordnung unter jene der EU angeboten, wie wir das beispielsweise bereits vom Schengen-Vertrag her kennen. Der Bundesrat geht indes noch weiter, bringt gar von sich aus Sanktionsmassnahmen ins Spiel, falls Entwicklungen des EU-Rechts von der Schweiz nicht übernommen werden. Ebenso unterwirft man sich der Rechtssprechung der EU und will eine neue nationale Überwachungsbehörde einrichten, welche mit weitreichenden Kompetenzen im „Anwendungsbereich des Abkommens“ ausgestattet sein soll. Der Souveränitätsverlust wäre immens. Verpackt werden soll das Ganze in die laufenden Verhandlungen zu einem Energieabkommen mit der EU. Dies ist perfid und irreführend. Die sektoriellen Interessen in einem spezifischen Bereich (hier der Energiebereich) können nicht auf sämtliche künftigen Abkommen und deren institutionellen Rahmen übertragen werden. Ein Musterabkommen mit umfassender Tragweite wird so hinter dem Energieabkommen versteckt.
JA zur Staatsvertragsinitiative
Dieses Vorgehen wirft auch grundlegende Fragen bezüglich der Mitsprache von Volk und Ständen auf. Von der Bedeutung her geht es hier um Konzepte und Ansätze, die in letzter Konsequenz über den EWR-Vertrag von 1992 hinausgehen könnten. Noch ist aber völlig unklar, in welcher Form sie dereinst daherkommen. Als Teil eines Strom- oder Energieabkommens dürfte von bestimmten Kreisen gar die Referendumsfähigkeit in Frage gestellt werden. Nimmt man die politische und rechtliche Tragweite als Massstab, ist hingegen klar: Institutionelle Fragen sind dem obligatorischen Referendum zu unterstellen.
Wer also seine Mitsprache bei der künftigen Ausgestaltung der Europapolitik sicherstellen will, muss am 17. Juni 2012 zwingend JA sagen zur Volksinitiative „Für die Stärkung der Volksrechte in der Aussenpolitik (Staatsverträge vors Volk!)“.