Der Bundesrat wird sich demnächst über das Dossier „Europa“ beugen. Als passende Begleitmusik war in den vergangenen Wochen ein wahres Crescendo an Positionsbezügen, Verlautbarungen und…
Der Bundesrat wird sich demnächst über das Dossier „Europa“ beugen. Als passende Begleitmusik war in den vergangenen Wochen ein wahres Crescendo an Positionsbezügen, Verlautbarungen und Studienergebnissen zu diesem Thema zu vernehmen. Viele Stellungnahmen dienten dazu, das Ende des bilateralen Weges zu beschwören oder die Vorteile einer weiteren institutionellen Annäherung an die EU zu preisen. Der Bundesrat selbst versuchte in den vergangenen Monaten weitere Bindungen über die Hintertüre voranzutreiben, sei dies in der Sicherheitspolitik, in der Energiepolitik, im Dienstleistungsbereich oder im Landwirtschaftsdossier. Es ist nun an der Zeit, der Bevölkerung reinen Wein einzuschenken und die wahren Absichten offen zu legen.
Einzelnen Mitgliedern des Bundesrates werden unterschiedliche Präferenzen in der EU-Frage nachgesagt. So soll ein Rahmenabkommen bei den Einen hoch im Kurs stehen, bei den Anderen ein „EWR-Light“. Gemeinsam ist diesen immer wieder aufflackernden Gedankenspielen, dass sie letztlich den Weg für einen EU-Beitritt ebnen sollen. Dessen negative Folgen werden gleichzeitig von Professoren und Think Tanks heruntergespielt. Die Folgen für die direkte Demokratie seien nicht so schlimm, die neuen Mitsprachemöglichkeiten hingegen immens. Nach aussen spricht man indes lieber nicht von einem Beitritt und versucht sogar, die allzu offensichtlichen Schwärmereien früherer Zeiten zu überdecken. So haben beispielsweise die Mitteparteien eine Korrektur früherer Beschlüsse in dieser Frage in Aussicht gestellt. Zu negativ ist in der Bevölkerung heute die Einschätzung der EU. Lieber versucht man also über die Hintertüre zu agieren und treibt die Annäherung in konkreten Sachfragen voran. Die Ausweitung des Mandates für die Verhandlungen zu einem Energieabkommen, das unbeirrte Festhalten am Agrarfreihandel, der neuerliche Ruf nach einem Dienstleistungsabkommen oder der Versuch einer weiteren Internationalisierung der Armee über den sicherheitspolitischen Bericht sind nur einige Beispiele. Mit zusätzlichen Kohäsionszahlungen soll zudem offenbar gute Stimmung in Brüssel gemacht werden, auch wenn die Anfrage für solche Zahlungen bisher offiziell in Abrede gestellt wurde.
Was will der Bundesrat?
Dass die von verschiedener Seite angestossene EU-Debatte nicht vom Himmel gefallen ist, dürfte längst klar sein. Weniger klar ist, für wen dieser Teppich in den vergangenen Wochen ausgelegt wurde. Eine Klausur des Bundesrates zum Europathema steht nun an. Der Bundesrat ist aufgefordert, Klarheit zu schaffen. Was will er wirklich? Welches sind seine wahren Absichten in der EU-Frage? Nur so ist eine offene und transparente Diskussion auf der Basis von Fakten möglich. Die Zeit der Andeutungen und versteckten Manöver ist vorbei.