Artikel 121a der Bundesverfassung verlangt, dass die Schweiz die Zuwanderung von Ausländern künftig wieder eigenständig steuert. Geht es nach SP und FDP, soll darüber in Bundesbern aber nicht mehr gesprochen werden.
Nach dem Beschluss des Nationalrats, auf Steuerungsmassnahmen und einen Inländervorrang zu verzichten und stattdessen nur eine fakultative Stellenmeldepflicht einzuführen, hat der Ständerat die Vorlage nun noch mit etlichen bürokratischen Vorschriften angereichert. Ohne dass es jemand gemerkt hätte, wurde der Abschnitt „Begrenzungsmassnahmen“ im Ausländergesetz wieder entfernt. Es wird nur noch über die „Zulassung zur Erwerbstätigkeit“ gesprochen. Die Parlamentsmehrheit weigert sich beharrlich, die Zuwanderung zu steuern – ein Skandal.
In der Schweiz leben über 2 Millionen Ausländer. Jedes Jahr ziehen Zehntausende in die Schweiz in der Hoffnung auf Arbeit und Wohlstand. Wie eine Studie der Zürcher Kantonsverwaltung letzthin aufgezeigt hat, sind vier von fünf Zuzügern keine Fachkräfte. Nur 20 Prozent der seit 2007 eingewanderten Personen arbeiten in einem Beruf, wo ein Mangel an Fachkräften herrscht – bei Grenzgängern sind es noch weniger. Es ziehen also immer mehr Ausländer in die Schweiz, welche die Wirtschaft gar nicht braucht. All diese Leute benötigen Wohnraum und benutzen die hiesige Infrastruktur. Immer mehr Einwanderer führen zu einer zusätzlichen Belastung der Sozialwerke, zu steigender Arbeitslosigkeit, zu einer massiven Beanspruchung der Infrastrukturen und auch zur zunehmenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Dass hier dringender Handlungsbedarf besteht, liegt auf der Hand.
Die FDP- und SP-Fraktion ignorieren dies beharrlich. Sie wollen keine Steuerung der Migration: Wichtig sei vielmehr das gute Einvernehmen mit der Europäischen Union. Das Freizügigkeitsabkommen (FZA) – der Hauptgrund für die Masseneinwanderung – dürfe nicht angetastet werden. Obwohl genau dies die Intension des Volksentscheids vom 9. Februar 2014 war. Ein gefährliches Spiel mit dem Feuer: Wer die Probleme mit der Zuwanderung nicht lösen will, riskiert die Einführung gewerkschaftlicher Massnahmen. Dass sich ausgerechnet die FDP an vorderster Front zusammen mit den Gewerkschaften für bürokratische Leerläufe stark macht, irritiert sehr.
1. Die Vorlage der Mehrheit hat nichts zu tun mit der Regelung der Zuwanderung.
Gemäss Art. 121a BV soll die Schweiz die Zuwanderung künftig wieder eigenständig steuern. Diese Steuerung hat gemäss Verfassung mittels jährlicher Höchstzahlen und Kontingenten zu geschehen, wobei die gesamtwirtschaftlichen Interessen der Schweiz zu berücksichtigen sind. Zudem soll ein Inländervorrang gelten. Für die Mehrheit im National- und Ständerat sind diese Verfassungsnormen von geringem Interesse: Für sie ist entscheidend, dass die Gesetzesvorlage dem Freizügigkeitsabkommen nicht widerspricht.
Das Projekt, welches FDP-Ständerat Müller mit den Gewerkschaften vorbereitet hat, hat es in sich. Die Vorlage, welcher der Ständerat mit 26:16 Stimmen den Segen gab, verursacht nicht nur enorme Bürokratie und Kosten, sondern hat mit der Zuwanderung nichts mehr zu tun. Der Müller-Antrag ist in Art. 21 AuG angesiedelt – also im Abschnitt, der die Zulassung der Erwerbstätigkeit betrifft. Der geplante neue Abschnitt Begrenzungsmassnahmen (Art. 17a ff. AuG) wurde klammheimlich wieder aus dem Gesetz gestrichen. Damit ist klar: Die Vorlage hat definitiv nichts mehr mit einer Steuerung der Zuwanderung zu tun, sondern bezieht sich nur noch auf Fragen des Arbeitsmarkts.
Die FDP hat ihre Meinung innert kürzester Frist zum dritten Mal geändert und vertritt nun brav die Vorlage ihres ehemaligen Präsidenten. Zwar wurden einige Absätze aus der ständerätlichen Fassung umformuliert, aber der Kern der Vorlage bleibt bestehen. Die Frage ist nun nicht mehr, wie die Behörden die Zuwanderung steuern können, sondern wie viel Freiraum den Unternehmen bei der Einstellung von Mitarbeitern noch zugestanden werden soll.
Planwirtschaft pur – dank den Antragsstellern aus der FDP. Dass sich die SP seit Beginn der Debatte gemütlich zurücklehnt und gar keine eigenen Anträge stellt, spricht Bände: Die freisinnigen Vorarbeiter setzen die Vorstellungen der Gewerkschaften emsig und beflissen um. Damit fällt das Hauptanliegen der Wirtschaft, den Verfassungsartikel 121a mit einer bürgerlichen Koalition umzusetzen, in sich zusammen: Die SP und FDP sitzen nun im selben Boot.
2. Die Vorschläge der FDP/SP-Koalition sind verfassungswidrig.
In der Nationalratsdebatte wurde es noch bestritten – mittlerweile sagt es sogar Bundesrätin Sommaruga offiziell: Die Gesetzesvorlage ist verfassungswidrig. Weil die Änderungen des Gesetzes nichts mehr mit dem Verfassungsartikel zur Steuerung der Zuwanderung zu tun haben, soll dieser Artikel angepasst werden, sobald das Gesetz vorliegt. Je nachdem, was das Parlament beschliesst, will der Bundesrat via Gegenvorschlag zur RASA-Initiative eine entsprechende Verfassungsanpassung vorbereiten. Dies sei nötig, weil es nicht opportun sei, nun eine Gesetzesrevision zu beschliessen, welche Spannungsfelder mit dem Freizügigkeitsabkommen eröffnen könnte.
Eine eigene Strategie hat der Bundesrat nicht mehr. Bundesrätin Sommaruga scheint erleichtert, dass ihre Vorschläge, von welchen sie immer gehofft hat, dass sie abgelehnt würden, nun vom Tisch sind. Wie bei den Verhandlungen mit der Europäischen Union.
Bei dieser Gelegenheit ist an die elementarsten Spielregeln einer Demokratie zu erinnern:
Letzteres soll nun geschehen: Zuerst soll eine Scheinlösung zur Regelung der Zuwanderung beschlossen werden, um anschliessend die Verfassung so abzuändern, dass der ursprüngliche Auftrag von Volk und Ständen bis zur Unkenntlichkeit verwässert wird.
3. Die FDP breitet den Gewerkschaften den Roten Teppich aus.
Wer die Vorlage der Kommissionsmehrheit studiert, sieht sich mit einem enormen bürokratischen Leerlauf konfrontiert. Es ist irritierend, dass die freisinnige Partei sich als Vorbeter für gewerkschaftliche Zwangsmassnahmen profiliert und einem durchregulierten Arbeitsmarkt das Wort redet. Die Anträge von FDP und Verwaltung bringen für Wirtschaft und Gewerbe massive Kosten und bürokratische Auflagen mit sich.
Künftig sollen die Arbeitsvermittlungszentren (RAV) den Arbeitgebern „passende Dossiers“ von Arbeitslosen zustellen. Der Arbeitgeber muss dann „geeignete Kandidaten“ zu einem Bewerbungsgespräch einladen. Die Frage, ob eine zwingende Pflicht für diese Gespräche besteht und wer über die Zahl der Dossiers und die Eignung der Kandidaten entscheidet, kann die FDP bis heute nicht beantworten. Die Gesetzesanträge sind schludrig formuliert. Eine Antwort erübrigt sich jedoch insofern, als dass diese Abläufe sowieso keinerlei Konsequenzen nach sich ziehen: Der Arbeitgeber kann die Dossiers zurückschicken, womit der Fall erledigt ist.
Ein besonderes Müsterchen für die saloppen Paragraphenvorschläge ist die Entlastung von der Meldepflicht: Wird eine Stelle mit einem inländischen Arbeitnehmer besetzt, der beim RAV gemeldet ist, muss die offene Stelle – die ja eigentlich gar nicht mehr offen ist – nicht gemeldet werden. Entscheidet sich der Arbeitgeber aber für einen inländischen Arbeitnehmer, der nicht beim RAV gemeldet ist, muss die offene Stelle (die zwar mittlerweile besetzt ist) gemeldet werden. Grund für diese Ungleichbehandlung: Das Kriterium der RAV-Meldung sei problemlos, während das Kriterium „Inländer“ als FZA-Verletzung interpretiert werden könnte. Ein Kommentar erübrigt sich.
4. Der FDP-„Inländervorrang“ umfasst auch alle Ausländer – eine totale Farce
Faktum ist: Mit einer Stellenmeldepflicht lässt sich die Zuwanderung nicht steuern. Massnahmen, wie sie die Zürcher Kantonsverwaltung getroffen hat, sind durchaus zu begrüssen: Eine bessere Ausschöpfung des inländischen Arbeitsmarktpotentials tut not. Möglicherweise können sogar Effekte erzielt werden, welche die Migration eindämmen. Doch diese Massnahmen, welche vor allem eine Effizienzsteigerung in den Abläufen der Kantonsverwaltungen bedeuten, hätten auch ohne Verfassungsgrundlage schon längst bewerkstelligt werden können.
Auch ein Inländervorrang – den National- und Ständeratsmehrheit nach wie vor ablehnen – kann die Zuwanderung alleine nicht steuern. Dies ist vor allem dann nicht möglich, wenn in sklavischer Ergebenheit darauf geachtet wird, alle Regelungen mustergültig nach Brüsseler Anweisung zu formulieren. Laut FZA darf nicht zwischen In- und Ausländern unterschieden werden. Das heisst konkret: Ein Inländervorrang umfasst auch alle Ausländer, welche im EU-Gebiet wohnen. So können sich alle Lombarden im Tessin als Stellensuchende anmelden, ebenso alle Vorarlberger im Kanton St. Gallen. Sie müssen einfach kurz in die Schweiz kommen und gelten dann als Inländer, welche vermittelt werden müssen.
Will man auf den Wohnsitz in der Schweiz abstellen, gilt das nach Lesart von FDP/SP bereits als FZA-widrig. Das Freizügigkeitsabkommen erfordere, dass der Inländervorrang für alle Schweizer und Europäer gleichermassen gelte. Damit ist klar: Der „Inländervorrang“, wie ihn sich FDP und SP vorstellen, ist eine totale Farce. Eine Schönschreibübung, welche zwar enorme Kosten und Bürokratie verursacht, unter dem Strich aber überhaupt nichts bringt.
Fazit: Die Vorlage, welche die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission beschlossen ist, ist ein bürokratischer Leerlauf, welcher auf die Zuwanderung keinen Einfluss haben wird. Dass dieser administrative Schwachsinn von sog. bürgerlichen Parlamentariern getragen wird, irritiert in höchstem Masse. Diese Vorlage bringt Mehrkosten und sinnlose Auflagen mit sich, welche dem Wirtschaftsstandort schaden.
Eine Steuerung der Zuwanderung wäre wichtig, um Rechtssicherheit und Stabilität garantieren, eine intakte Infrastruktur gewährleisten und die liberale Rechtsordnung stärken zu können. Gelingt es nicht, die Zuwanderung zu steuern, werden die Gewerkschaften gewinnen. Dagegen kämpft die SVP konsequent und entschlossen