Die Kantone hätten mit der Familieninitiative Steuerausfälle in Millionenhöhe zu verkraften, wird in diesen Tagen von der Finanzdirektorenkonferenz vorgerechnet. Die einfache Milchbüchleinrechnung…
Die Kantone hätten mit der Familieninitiative Steuerausfälle in Millionenhöhe zu verkraften, wird in diesen Tagen von der Finanzdirektorenkonferenz vorgerechnet. Die einfache Milchbüchleinrechnung stimmt jedoch nicht. Kein einziger Kanton wird aufgrund der Initiative gezwungen, auch nur auf einen Franken zu verzichten, wenn er dies nicht will. Zudem lässt die Rechnung ausser Acht, dass jeder staatlich subventionierte Betreuungsplatz, der nicht zur Verfügung gestellt werden muss, wohl um einiges günstiger kommt als mögliche steuerliche Effekte.
Die volle Hoheit über die Steuerabzüge auf Kantonsebene bleibt in Händen der Kantone. Die Familieninitiative regelt nur den Grundsatz in der Verfassung, dass wenn ein Fremdbetreuungsabzug gewährt wird, ein mindestens gleich hoher Eigenbetreuungsabzug zu gewähren ist. Auf Bundesebene bedeutet dies, dass der vom Parlament 2009 beschlossene Fremdbetreuungsabzug bei der direkten Bundessteuer in mindestens gleicher Höhe auch für die Selbstbetreuung gewährt werden muss. Die Folgen wären problemlos verkraftbar und machen beispielsweise gerade einmal 15% der jährlichen Entwicklungshilfekosten aus.
Föderalismus wird respektiert
Berechnungen über die steuerlichen Folgen für die Kantone stossen ins Leere. Die Kantone sind frei. Jeder Kanton kann für sich die Höhe und die Form der Steuerabzüge für die Fremd- und Eigenbetreuung festlegen – und bestimmt damit auch selbst das Ausmass möglicher Steuerausfälle. Dazu gibt es bereits in der heutigen Praxis entsprechende Beispiele, so erfüllen die Kantone Zug und Wallis die Initiative schon jetzt.
Kommt hinzu, dass auch die Einführung des Fremdbetreuungsabzuges bei den Kantonen und Gemeinden zu Steuersenkungen für die Familien geführt hat. Eine grosse Diskussion über Einnahmenausfälle hat es damals nicht gegeben. Die Familieninitiative verlangt lediglich, dass Art. 129 Abs. 4 Steuerharmonisierung der Bundesverfassung ergänzt wird mit einer Bestimmung, wonach Eltern, die ihre Kinder selber betreuen, ein mindestens gleich hoher Steuerabzug gewährt werden müsse, wie Eltern, die ihre Kinder fremdbetreuen lassen. Die Initiative beseitigt also nur die durch den Fremdbetreuungsabzug entstandene steuerliche Diskriminierung der Familien, die ihre Kinder selber betreuen.
Weniger Kosten für alle
Selbstbetreuende Eltern kosten den Staat – und damit die Allgemeinheit – zudem weniger Geld, denn sie nehmen keine staatlich subventionierten Kita-Plätze in Anspruch. Es ist somit auch für Haushalte ohne Kinder von Interesse, ob Eltern ihre Kinder selbst- oder fremdbetreuen lassen. Denn mit ihrer nächsten Steuerrechnung zahlen auch sie kräftig mit für staatliche Kita-Plätze. Die Vollkosten pro Platz belaufen sich gemäss Bundesamt für Sozialversicherungen auf rund 30‘000 Franken im Jahr.
Eine Gleichstellung beim Steuerabzug entlastet also die Familien, die ihre Kinder selbst betreuen. Dies bedeutet im Gegenzug aber auch, dass weniger staatliche Krippenplätze zur Verfügung gestellt werden müssen und so weniger Kosten für die Allgemeinheit anfallen. Die Folgen sind weniger Steuern, Abgaben und Gebühren für alle.
Die wahren Absichten
Von einiger Ironie ist, dass in der gleichen Zeitung, in der gestern für den Kanton Zürich mögliche Steuerausfälle durch die Familieninitiative thematisiert wurden, zwei Seiten weiter die Schulvorsteher von Stadt und Kanton Zürich die Idee flächendeckender obligatorischer Tagesschulen lancierten. Die (immensen) Kosten einer solchen Übung werden indes mit keinem Wort erwähnt. Das Ganze fügt sich aber zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen. Den Gegnern der Familieninitiative geht es letztlich um die Propagierung eines bestimmten Familienmodells, das vom Staat gefördert und bevorteilt werden soll. Die Befürworter der Familieninitiative wollen hingegen die freie Wahl des Familienmodells und den Verzicht auf die Diskriminierung bestimmter Familien.