Editorial

Die Schweiz – ein Unrechtsstaat?

Gemäss Präambel der UN-Charta wurde die UNO gegründet, um «den Weltfrieden und die weltweite Sicherheit zu wahren». Man würde nun erwarten, dass sich die UNO mit universellen und grundlegenden Problemen der Menschheit beschäftigt. Das tut sie nicht. Sie kritisiert stattdessen lieber die Frauen- und Menschenrechtssituation in der Schweiz. Dies auf eine Weise, dass man als Leser unweigerlich das Gefühl haben muss, dass die Schweiz im frühen 18. Jahrhundert stehen geblieben ist.

Thomas Aeschi
Thomas Aeschi
Parteileitung Baar (ZG)

Das 18-köpfige UNO-Menschenrechtskomitee hat zum vierten Mal die Schweiz überprüft. Im gestern veröffentlichten Bericht werden wir in über 48 Punkten harsch kritisiert. Unlängst hat auch der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau (CEDAW) die Schweiz bereits zum fünften Mal darüber belehrt, wie Gleichberechtigung auszusehen hat. In beiden Berichten nimmt das Lob für die Schweiz, auf das wir ja so dringend angewiesen sind, gerade einmal eine Seite ein, füllt dagegen der harsche Tadel derer 10 bzw.15!

Die CEDAW zeigt sich über unzählige Zustände in der Schweiz «besorgt» und stellt daher im Bericht mehr als 70 Forderungen. Dazu gehört, dass «die Erhebung von Daten zu Fällen von HIV/Aids und sexuell übertragbaren Krankheiten» veranlasst wird. Immerhin stehen wir aber mit unseren etwa 500 jährlichen HIV-Neuinfektionen, die wir wenigstens nach Geschlecht aufschlüsseln können, besser da als Nigeria, dem Heimatland von CEDAW-Vizepräsidentin Theodora Oby Nwankwo, wo das Thema Aids vollkommen tabuisiert ist und gar keine Statistiken existieren.

Auch bezüglich der Verhinderung von Genitalverstümmelungen bei Mädchen müsse sich die Schweiz an der Nase nehmen. Diese Praxis kommt natürlich nur unter Migrantenfamilien vor, von denen übrigens nicht wenige aus Nigeria und anderen afrikanischen Länder stammen, wo Genitalverstümmelung immer noch gang und gäbe ist. Wenn wir also schon so grosszügig Migranten aus solchen zurückgebliebenen Kulturen aufnehmen, sollen wir zumindest gefälligst dafür sorgen, dass sich diese nicht gegenseitig verstümmeln.

Frohe Botschaft gibt es dafür für unsere Gleichstellungsbüros und -kommissionen. Die sollen nach Meinung von CEDAW nämlich endlich mit «genügend personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet werden». Dabei hat 2015 allein das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung knapp 10 Millionen erhalten. Dazu kommen noch all die kantonalen Stellen, die für genau das gleiche da sind. Niemand weiss, wie all die dafür aufgewendeten Gelder bis heute einen tatsächlichen Beitrag zur Gleichstellung geleistet haben.  Dafür weiss die CEDAW wiederum, wie hier mehr Geld sinnvoll eingesetzt werden könnte: Mit der absurden Förderung der Fähigkeit von Frauen und Mädchen, «sich an der Terrorismusbekämpfung zu beteiligen». Natürlich dürfte hier der UN-Ausschuss für die Beseitigung von Kindersoldaten und Kindersoldatinnen eine etwas andere Ansicht vertreten, aber wenn es um Terrorismusbekämpfung geht, müssen doch alle Mittel recht sein. Die CEDAW setzt sich aber nicht etwa für einen unkontrollierten Waffengebrauch ein. Auch hier muss Geschlechtergerechtigkeit gefordert werden. Die UN-Beamten fordern die Schweiz auf, «die Auswirkungen des Missbrauchs und des unerlaubten Handels mit Kleinwaffen und leichten Waffen auf Frauen» zu überwachen. Man reibt sich verwundert die Augen: könnte es sein, dass die CEDAW hier vielleicht die Schweiz mit Swasiland oder einem sonstigen, ähnlich klingenden Land in Afrika verwechselt?

Doch nicht nur die Frauen in der Schweiz seien in Gefahr, nein, die ganze Bevölkerung hierzulande ist aus UN-Sicht bedroht. Deshalb ist auch der UN-Menschenrechtsrat in seinem aktuellsten Bericht über die Schweiz «besorgt» und fordert die Schweiz in 48 Punkten zum Handeln auf. Bevor wir anschauen, worüber genau, wollen wir einen kurzen Blick auf die Zusammensetzung dieses Gremiums werfen. Es ist eine ziemlich illustre Gesellschaft, der man alles zutrauen kann. Ausser vielleicht die Kompetenz, über die Menschenrechtssituation in der Schweiz zu urteilen. Es gibt einen Vertreter aus Uganda, einem Land, das seit über dreissig Jahren von einem Diktator beherrscht wird. Es gibt einen Vertreter aus Mauretanien. Das EDA rät auf seiner Homepage von Reisen in dieses Land ab, aufgrund des Risikos, «Opfer einer Entführung oder eines Attentates zu werden». Es gibt Vertreter aus Ägypten und Tunesien – Ländern, bei denen es schwierig zu beurteilen ist, ob die Menschenrechtssituation sich seit dem arabischen Frühling verschlechtert hat oder einfach nur gleich miserabel geblieben ist wie davor. Paraguay: Auch aus diesem Land findet sich ein Vertreter. Dort wurde übrigens vor kurzem beschlossen, dass der Präsident wiedergewählt wird, obwohl eine Wiederwahl gemäss Verfassung verboten wäre. Konnten jene, die dagegen protestierten, etwa die unabhängigen und unparteiischen Gerichte des Landes anrufen, um diesen Verfassungsbruch zu verhindern? Natürlich nicht. Sie wurden einfach festgenommen oder erschossen. Surinam: Es wäre mir neu, dass dieser südamerikanische Staat in Menschenrechtsbelangen oder Rechtsstaatlichkeit eine internationale Vorbildfunktion ausüben würde.

Weshalb also ist diese bunt zusammengewürfelte Gruppe in so tiefer Sorge um die Schweiz? Hier ein paar Beispiele:

1. Die Schweiz müsse den Bau neuer Minarette sofort wieder zulassen. Der entsprechende, aufgrund einer Volksabstimmung zustande gekommene Verfassungsartikel sei zu streichen. Der Menschenrechtsrat benötigt genau drei Sätze, um jahrelange, intensive öffentliche Diskussionen in der Schweiz, an deren Ende die Abstimmung stand, einfach wegzuwischen. Demokratieverständnis der Kommissionsmitglieder: Null.  

2. Polizeigewalt müsse von einer unabhängigen Behörde kontrolliert und Beschwerden nachgegangen werden. Entsprechende Statistiken seien zu führen.

3. Die Lohngleichheit von Mann und Frau müsse durchgesetzt werden und die gleiche Vertretung von Männern und Frauen in der Politik sichergestellt werden. Nur werden halt bei uns die Politiker nicht von oben eingesetzt, wie sich das einige Mitglieder des Menschenrechtsrates vielleicht gewöhnt sind, sondern gewählt.

4. In den Verwaltungsräten von bundesnahen Betrieben und börsenkotierten Unternehmungen müsse es Frauenquoten geben.

5. Es brauche mehr Geld für die Rassismuskommission des Bundes und eine nationale Agenda gebe es zu verabschieden für die Bekämpfung von Rassimus.

6. Forderung nach einer unabhängigen nationalen Menschenrechtsschutzbehörde, die über genügend Mittel für ihre breiten Aufgaben verfügen wird.

7. Die systematische Beobachtung durch die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter bei Rückführungen von Asylbewerbern und bessere ärztliche Versorgung.

Die grösste Sorge bereitet dieser Kommission jedoch die Selbstbestimmungsinitiative der SVP, die Klarheit schaffen und das Landesrecht vor nicht zwingendes Völkerrecht stellen möchte. Die Kommission macht der Schweiz auch gleich einen Vorschlag, wie verhindert werden kann, dass der Elite unliebsame Anliegen überhaupt vor das Volk gebracht werden können: Künftig seien Initiativen, die das Völkerrecht nicht hundertprozentig unterstützen, einfach für ungültig zu erklären. Damit hätte der Bundesrat gleich einen Gegenvorschlag zur Selbstbestimmungsinitiative. Dann stünde das Stimmvolk vor der Entscheidung: Wollen wir den Gegenvorschlag von Bundesrat und UNO annehmen und uns immer und immer wieder bis in alle Ewigkeit wie kleine Schulbuben massregeln lassen von unberufener Stelle? Oder wollen wir wieder selber bestimmen und nutzlose Berichte, wie die beiden erwähnten, getrost dorthin befördern, wo sie hingehören: In den Papierkorb. Ein Schelm, wer Böses denkt bei dieser ganzen, absurden Geschichte. Oder könnte es vielleicht doch sein, dass einige Bundesbeamte aus dem EDA oder dem EJPD im Sinne ihrer Departementschefs bei der Erstellung dieser Berichte auch den einen oder anderen Input geliefert haben?

Thomas Aeschi
Thomas Aeschi
Parteileitung Baar (ZG)
 
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