Regierung und Parlament verweigern bisher hartnäckig die wortgetreue Umsetzung der von Volk und Ständen am 28. November 2010 angenommenen Ausschaffungs-Initiative. Nun soll eine Durchsetzungs-Initiative dem Volkswillen zum Durchbruch verhelfen.
Die Ausschaffungs-Initiative als Grundlage
Am 28. November 2010 haben Volk und Stände die Volksinitiative «für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungs-Initiative)» klar angenommen. Diese bestimmt, dass straffällige Ausländer aufgrund bestimmter schwerer Delikte (Tötung, schwere Sexual- und Gewaltdelikte, Menschen- und Drogenhandel, Einbruchdiebstahl, missbräuchlicher Bezug von Sozialhilfe bzw. Sozialleistungen) nach Verbüssung der Strafe in der Schweiz konsequent des Landes verwiesen bzw. ausgeschafft werden sollen, wobei der Gesetzgeber diesen Katalog erweitern können soll. Zentrales Anliegen ist, dass bei schweren Straftaten oder bei bereits vorbestraften Personen die Ausweisung eine direkte Folge einer Verurteilung ist und diese nicht einer richterlichen Einzelfallprüfung unterzogen wird.
Bisherige Ausschaffungspraxis: lasch, ineffizient und uneinheitlich
Bis 2006 existierte der Landesverweis im Strafgesetzbuch als Nebenstrafe. Gemäss Art. 55 aStGB konnte der Strafrichter einen Ausländer bei Verurteilung zu einer Gefängnis- oder Zuchthausstrafe für drei bis 15 Jahre des Landes verweisen, bei Rückfall lebenslänglich. In diesem Zusammenhang entwickelte sich dank der offenen "Kann"-Formulierung eine Rechtsprechung, welche eine Landesverweisung jeweils vom Strafmass, Verschulden und den persönlichen Verhältnissen der verurteilten Person abhängig machte. Landesverweisungen wurden von den Richtern nur mit grosser Zurückhaltung, bei hier geborenen und aufgewachsenen Ausländern kaum je ausgesprochen. 2006 verschwand der Landesverweis aus dem Strafgesetzbuch. Somit liegt es heute im Ermessen der jeweiligen kantonalen Migrationsbehörde, einem strafrechtlich verurteilten Ausländer die Aufenthaltsbewilligung zu entziehen und ihn aus der Schweiz wegzuweisen. Auf das Strafverfahren folgt daher ein administrativrechtliches Verfahren mit den entsprechenden Beschwerdemöglichkeiten. Diese Verfahren werden je nach Kanton unterschiedlich gehandhabt, wobei das Ermessen relativ gross ist. Sie dauern durch alle Instanzen in der Regel mehrere Jahre und verursachen den Migrationsbehörden grossen Aufwand. Es kommt in der Praxis denn auch nicht selten vor, dass die Betroffenen diese Zeit nutzen, um sich mit einem Schweizer bzw. einer Schweizerin zu verheiraten oder mit dieser Person eine Familie zu gründen, womit der Aufenthalt wiederum über den Familiennachzug oder die EMRK legitimiert und eine Ausschaffung verunmöglicht wird. Sinn und Zweck der Ausschaffungs-Initiative war es, solche ineffizienten Doppelspurigkeiten zu vermeiden und eine einheitliche Ausschaffungspraxis zu gewährleisten. Dabei sollte es jedoch keinen Ermessensspielraum (je nach Verschulden oder persönlicher Situation des Verurteilten) mehr geben. Bei klar definierten Delikten sollte in jedem Fall konsequent ein Landesverweis erfolgen, der Vollzug der Ausschaffung jedoch nach wie vor den kantonalen Migrationsämtern obliegen. Der damals von Regierung und Parlament ausgearbeitete Gegenentwurf, welcher eine sogenannte Härtefallklausel (ermessensweise richterliche Einzelfallprüfung in gewissen Fällen) und damit eine Aufweichung des Grundsatzes der systematischen Ausschaffung enthielt, wurde von Volk und Ständen klar abgelehnt.
Inakzeptable Umsetzungsgesetzgebung
Die am 20. März 2015 vom Parlament gegen den Willen der SVP beschlossene Umsetzungsgesetzgebung enthält in Art. 66a Abs. 2 StGB jedoch genau eine solche Härtefallklausel und zwar auch bei den schwersten Delikten! So soll das Gericht in allen Fällen ausnahmsweise von einer Landesverweisung absehen, wenn diese für den betroffenen Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bedeuten würde und das öffentliche Interesse an der Landesverweisung gegenüber dem privaten Interesse des Betroffenen am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegt. Dabei soll der besonderen Situation von in der Schweiz geborenen und aufgewachsenen Ausländern explizit Rechnung getragen werden (Art. 66a Abs. 2 nStGB). Mit eben genau dieser Härtefallklausel wird jedoch der Sinn der Ausschaffungs-Initiative vollständig untergraben sowie die bisherige lasche Behördenpraxis weitergeführt und zementiert. Dies ist absolut inakzeptabel, denn Wille und Auftrag des Volkes sind unmissverständlich klar. Es scheint leider der heutigen Mode zu entsprechen, dass in Bundesbern die Umsetzung unerwünschter, wenn auch verbindlicher Volksentscheide einfach verweigert und damit das Wesen der direkten Demokratie mit Füssen getreten wird.
Umsetzung des Volkswillens dank der Durchsetzungs-Initiative
Aus diesem Grund hat die SVP eine Durchsetzungs-Initiative lanciert. Diese kommt am 28. Februar 2016 zur Abstimmung und konkretisiert bei direkter Anwendbarkeit die Verfassungsbestimmung der Ausschaffungs-Initiative. Demnach sollen Ausländer bei einer Verurteilung wegen eines schweren Delikts (Mord, Raub, Vergewaltigung, schwere Betäubungsmittelkriminalität etc.) immer zwingend und unabhängig von der Höhe des Strafmasses, also auch bei bedingt ausgesprochenen Strafen, konsequent des Landes verwiesen und ausgeschafft werden. Bei etwas weniger schweren Delikten (einfache Körperverletzung, Einbruchsdiebstähle, Vermögensdelikte etc.) soll eine Ausschaffung erfolgen, wenn der betreffende Ausländer bereits vorbestraft ist. In allen Fällen kann bei entschuldbarer Notwehr (Notstand) von einer Ausweisung abgesehen werden. Die Landesverweisung soll in den besagten Fällen nicht nur von den Strafrichtern, sondern in den Strafbefehlsverfahren auch von den Staatsanwälten ausgesprochen werden. Damit entstehen für die Gerichte (anders als gemäss der Umsetzungsgesetzgebung des Parlamentes zur Ausschaffungs-Initiative vorgesehen) weder Mehraufwand noch Mehrkosten. Die neue Verfassungsbestimmung listet sämtliche für einen Landesverweis massgeblichen Delikte auf, enthält einen völkerrechtlichen Vorbehalt nach Art. 25 Abs. 2 und 3 BV, bezeichnet die für die Aussprache von Landesverweisen und den Vollzug zuständigen Behörden genauestens und ist ohne Umsetzungsgesetzgebung direkt anwendbar.
Was spricht für die Durchsetzungs-Initiative?
Glaubt man den Gegnern, so soll die Initiative gegen das Völkerrecht und das Verhältnismässigkeitsprinzip verstossen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Die Regeln sind einheitlich und nicht diskriminierend, gelten sie doch für alle volljährigen Ausländer gleichermassen, unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsstatus. Der Deliktskatalog enthält keinerlei Bagatelldelikte. Die Vorlage verstösst dank Art. 25 Abs. 2 und 3 BV weder gegen zwingendes Völkerrecht (inkl. Non-Refoulement-Prinzip) noch sonstige internationale Abkommen. Dies gilt auch für das Personenfreizügigkeitsabkommen, welches explizit die Möglichkeit einer Ausschaffung von Personen vorsieht, welche die öffentliche Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gefährden. Ausserdem bedeuten die neuen Bestimmungen für die Arbeit der Strafrichter und Staatsanwälte keine Erschwernis sondern eine Erleichterung. So werden sie keine Einzelfallprüfungen (Strafmass, Verschulden und persönliche Situation des Betroffenen) mehr vorzunehmen haben, sondern den Landesverweis je nach betroffenem Delikt gemäss klaren Vorgaben (Deliktskatalog) obligatorisch aussprechen müssen. Ein anschliessendes administrativrechtliches Verfahren erübrigt sich, womit Zeit und Kosten gespart werden. Wie sich der Vollzug in der Praxis gestalten wird ist zwar noch offen. Befindet sich der Ausländer im Strafvollzug, ist jedoch zu erwarten, dass die Migrationsbehörden bei Kenntnis des Entlassungsdatums sämtliche Vorkehrungen zur Ausschaffung (Papierbeschaffung, Organisation der Rückübernahme durch den Heimatstaat, Flugbuchung etc.) im Vorfeld rechtzeitig treffen werden, womit diese ohne Verzug direkt durchführbar wird. Schliesslich wird landesweit und international ein klares Signal ausgesendet, dessen präventive Wirkung nicht unterschätzt werden sollte. Dies sind Gründe genug, um am 28. Februar 2016 an der Urne ein klares JA zur Durchsetzungs-Initiative einzulegen.