Dass «gut gemeint» häufig das Gegenteil von gut ist, bestätigt leider der Auftritt des Bundespräsidenten an der Demonstration vom letzten Samstag auf dem Bundesplatz.
Ignazio Cassis ergreift mit seiner Teilnahme an der Demonstration Partei für die Ukraine und verstösst damit gegen den Verfassungsauftrag zur Wahrung der Neutralität. Zudem missbraucht er seine Rolle als Bundespräsident. Vor allem aber schadet Cassis damit der Rolle der Schweiz als neutrale Vermittlerin.
Artikel 185 der Bundesverfassung verpflichtet den Bundesrat ausdrücklich, «Massnahmen zur Wahrung der Neutralität der Schweiz» zu treffen. Mit seinem Auftritt an einer privat organisierten Pro-Ukraine-Demonstration verletzt Cassis diesen Verfassungsauftrag. Insbesondere hat ein Bundespräsident nichts an einer Demonstration verloren. Dies kommt einem Bruch mit dem Kollegialitätsprinzip gleich. Dieses eigenmächtige Verhalten gefährdet unser auf Ausgleich bedachtes Konkordanzsystem. Die SVP erwartet vom Bundesrat eine Aussprache zu diesem verantwortungslosen Alleingang.
Offensichtlich versteht der Vorsteher des Aussendepartements die Rolle der neutralen Schweiz nicht: Diplomatie, die etwas bewegen soll, findet nicht auf öffentlichen Plätzen statt. Unser Land soll Teil einer Lösung sein und nicht Teil eines Konflikts werden. Damit die Schweiz ihre guten Dienste glaubwürdig und für alle Konfliktparteien anbieten kann, muss der Bundespräsident umgehend zur Wahrung der Neutralität und damit zum Verfassungsauftrag zurückkehren.
Die Neutralität hat unser Land und unsere Bevölkerung seit über 200 Jahren vor blutigen Konflikten bewahrt. Es kann nicht sein, dass ein unkontrollierter, auf kurzfristigen Applaus bedachter Bundespräsident die innere und äussere Sicherheit der Schweiz gefährdet. Und das über Jahrhunderte aufgebaute erfolgreiche Neutralitätsprinzip aufs Spiel setzt.