Editorial

Für die klassische Familie wird die Individualbesteuerung richtig teuer!

Die Volksinitiative der FDP «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)» benachteiligt Ehepaare mit tiefem Einkommen und bei denen ein Partner zugunsten der Kinderbetreuung Teilzeit arbeitet. Zudem führt die Initiative zu massiv mehr Bürokratie für die Steuerzahlenden und für die Verwaltung.

Michèle Blöchliger
Michèle Blöchliger
Regierungsrätin Hergiswil (NW)

Die Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung» sieht auf den ersten Blick gut aus. Sie sieht vor, dass die Einkommen von Ehepaaren nicht mehr zusammengerechnet werden, damit Eheleute gegenüber anderen Steuerpflichtigen nicht mehr benachteiligt werden.

Tatsächlich aber hält die Initiative nicht, was sie verspricht, und schafft neue Ungerechtigkeiten. Statt auf Bundesebene auf eine schweizweite Individualbesteuerung zu setzen, wäre es viel einfacher, schneller und effizienter, die steuerliche Heiratsstrafe im Rahmen der kantonalen Voll- oder Teilsplittingmodelle abzuschaffen. Diese Verfahren sind etabliert und haben sich bewährt. Zudem tragen sie dem Steuerföderalismus besser Rechnung.

Die Individualbesteuerung hingegen schafft Fehlanreize und benachteiligt insbesondere Einverdiener-Paare und Paare mit ungleicher Einkommensaufteilung. Konkret profitieren Ehepaare vor allem dann, wenn beide Partner ungefähr gleich viel verdienen. Dieser Effekt wird stärker je höher und je gleicher die beiden Bruttoeinkommen sind. Die Entlastung für Partner, die beispielsweise je 100’000 Franken pro Jahr verdienen, beträgt zwischen 3000 und 4000 Franken. Praktisch keinen oder einen nur geringen Effekt gibt es dagegen bei Paaren mit einem insgesamt tieferen Einkommen, auch wenn ihre Bruttolöhne gleich hoch sind.

Klar im Nachteil sind Eheleute mit ungleich hohen Einkommen. Etwa wenn ein Partner oder eine Partnerin zu 100% arbeitet und der oder die andere ein deutlich tieferes Arbeitspensum hat, beispielsweise aufgrund der Kinderbetreuung. Für solche Paare resultiert eine Mehrbelastung von einigen tausend Franken – was nicht der Sinn dieser Vorlage sein kann.

Hinzu kommt, dass der administrative Aufwand für die Steuerpflichtigen massiv zunimmt. Sie müssen nicht nur zwei Steuererklärungen ausfüllen, sondern auch klar aufschlüsseln, wem was gehört. Fragen, die die meisten Paare nach Jahren des Zusammenlebens kaum oder nur äusserst schwer beantworten können.

Die Initiative würde auch bei den Steuerämtern mehr Aufwand bedeuten. Sie müssten zur Bewältigung dieser Flut an neuen Steuererklärungen und der damit verbundenen Überprüfung massiv neue Stellen schaffen.

Bei der Abschaffung der Heiratsstrafe sollten wir pragmatisch denken und handeln: Führen wir ein Splittingverfahren auf Bundesebene ein, wie es sich auf kantonaler Ebene bestens bewährt hat.

Michèle Blöchliger
Michèle Blöchliger
Regierungsrätin Hergiswil (NW)
 
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