Einmal mehr haben es die Sozialisten auf die Meinungsäusserungsfreiheit abgesehen.
Der Nationalrat wird im März eine Parlamentarische Initiative von Mathias Reynard (SP) behandeln, wonach die Zugehörigkeit zu einer „Gemeinschaft aufgrund deren sexueller Orientierung“ in den Katalog der von der Rassismus-Strafnorm (Art. 261 bis StGB) geschützten Gruppen neben „Rasse“, „Ethnie“ und „Religion“ aufgenommen werden soll. Künstlerpech: Kürzlich entschied das Strassburger Gericht in der Angelegenheit Perinçek, dass die Rassismus-Strafnorm der Meinungsäusserungsfreiheit widerspricht. Eher wäre also angebracht, diese zu korrigieren, als sie um abenteuerliche Zusätze zu erweitern.
Weder die Gesellschaft noch die betroffenen Personen haben übrigens ein Interesse daran, die sexuelle Orientierung im Strafgesetzbuch in eine Reihe mit der Rasse, der Volkszugehörigkeit oder der Religion zu stellen. Der Begriff der Rasse verweist in Wirklichkeit auf durch Vererbung angenommene und weitergegebene genetische Eigenschaften, welche den Individuen gemeinsame, äusserlich erkennbare Merkmale verleihen. Der SP-Politiker möchte Stereotype konstruieren, wogegen er sich sonst verwahren würde. Gleiches gilt für die Ethnie, die auf eine gesellschaftliche Gruppe verweist, deren Mitglieder sich untereinander durch ihre Abstammung, eine Kultur oder eine geteilte Lebensgeschichte wiedererkennen. Mehr noch gilt dies für die Religion, die ein Glaubenssystem mit geteilten Gebräuchen ist. Sich für eine Strafnorm einsetzen, die selbst die Stereotypen schafft, welche sie ahnden möchte, ist absurd und sabotiert das Anliegen. Abgesehen davon anerkennt die heutige Gesellschaft die Verschiedenheit der sexuellen Orientierung mehr denn je.
Es geht dem SP-Politiker aber gar nicht um Diskriminierung, sondern einmal mehr um die Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit, die allerdings eine Voraussetzung zur Ausübung der Demokratie und der übrigen Grundrechte ist. Es braucht diese Freiheit zum Schutz vor der Etablierung eines Einheitsdenkens durch Gesetze oder Drohungen, egal, ob diese von einer Mehrheit oder einer einflussreichen Minderheit ausgehen. Der Rückgriff aufs Strafrecht, um Meinungen zu verurteilen oder jene einzuschüchtern, die diese vertreten, ist zutiefst undemokratisch. Hoffentlich versteht dies das Parlament.