Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom vergangenen Mittwoch die Antwort auf eine Interpellation der SVP-Fraktion zur Herausgabe von unverschlüsselten Mitarbeiterdaten von Schweizer Banken an die…
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom vergangenen Mittwoch die Antwort auf eine Interpellation der SVP-Fraktion zur Herausgabe von unverschlüsselten Mitarbeiterdaten von Schweizer Banken an die USA verabschiedet. Die Ausführungen des Bundesrates bringen eine fast schon provokative Ignoranz zum Ausdruck. Hat der Bundesrat seinen gravierenden Entscheid tatsächlich ohne Abklärungen über die Anzahl der betroffenen Personen oder die für sie zu erwartenden Konsequenzen gefällt, ist das ein Skandal. Hält er nun Informationen vor dem Parlament und der Öffentlichkeit zurück, stellt sich die Frage, wessen Interessen die Landesregierung in dieser Sache eigentlich vertritt: jene der amerikanischen Behörden, jene von Bankmanagern, die sich allenfalls strafbar gemacht haben, oder hat der Bundesrat am Ende gar den Überblick verloren?
Vor dem Hintergrund der Antworten des Bundesrates vom vergangenen Mittwoch, die nun zugänglich sind, wirken die Versicherungen von Bundespräsidentin Widmer-Schlumpf, welche diese zwei Tage später dem Bankpersonalverband abgegeben hat, schon fast zynisch. Sie werde sich für die Bankangestellten einsetzen, hiess es nach einem Treffen. Im vergangenen April waren die Interessen der Bankangestellten dem Bundesrat offenbar noch vollkommen egal, wie aus der nun publizierten Antwort auf die Interpellation der SVP-Fraktion vom 2. Mai 2012 zu interpretieren ist. Der Bundesrat hatte im April 2012 mehreren Banken eine Bewilligung zur Herausgabe von Mitarbeiterdaten an die amerikanischen Behörden erteilt. Nun gibt er bekannt, dass er bei seinem Entscheid weder gewusst habe, wie viele Bankmitarbeitende von den Datenlieferungen an die USA betroffen sind, noch mit welchen Konsequenzen diese zu rechnen hätten. Auch hat er die Banken nicht dazu aufgefordert, ihre Mitarbeitenden über den folgenschweren Schritt zu informieren. „Der Bundesrat geht davon aus, dass die Banken als Bewilligungsadressaten und Arbeitgeber, rechtskonform mit den Daten über ihre gegenwärtigen oder ehemaligen Mitarbeitenden umgehen und diese schützen. Dazu gehört auch der Entscheid über die Frage, ob die Mitarbeitenden über die Informationsherausgabe zu informieren sind oder nicht." Regieren nach dem Prinzip Hoffnung: Solche Aussagen sind aus Sicht des Bürgers nicht dazu angetan, das Vertrauen in die Landesregierung zu stärken. Der Höhepunkt dann zum Schluss der bundesrätlichen Antwort: „Die Bankenmitarbeitenden haben die Möglichkeit, gegen die Banken vorzugehen, wenn sie der Auffassung sind, es seien widerrechtlich Daten über sie an die USA übermittelt worden." Genau dies hat die Bundesanwaltschaft aber schon vor einer Woche, also noch vor der Verabschiedung der bundesrätlichen Antwort, in Abrede gestellt, indem sie nicht auf die entsprechende Anzeige eines Bankmitarbeiters eingetreten ist. Weshalb stellt der Bundesrat also wider besseres Wissen Rechtsmittel in Aussicht, die es nicht gibt?
Die Mitarbeiterdaten hätten nie an die USA geliefert werden dürfen, gab der Schweizerische Anwaltsverband in der vergangenen Woche zu bedenken und sieht die Rechtsstaatlichkeit in Gefahr. Neben der zentralen rechtlichen Komponente gibt es in diesem Fall jedoch auch noch die moralisch-ethische Ebene. Die Landesregierung stellt mit ihrem Handeln wichtige Grundsätze des Verhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Frage. Sie pfeift offensichtlich auf eine Beistandspflicht des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitarbeitenden. Wer als Arbeitnehmer seinen Auftrag erfüllt, ist selber schuld. Weniger als der Bundesrat kann man sich für die Angestellten in diesem Land kaum einsetzen.