von Thomas Burgherr, Präsident SVP Kanton Aargau,
Grossrat und Nationalratskandidat, Wiliberg (AG)
Die heute masslose und unreflektierte Übernahme von internationalem Recht führt nicht nur dazu, dass die direkte Demokratie zurückgedrängt wird, sondern auch, dass unser Föderalismus leidet. Föderalismus hat zum Zweck, dass selbstbestimmt und bürgernah über Gesetze, Regeln und Steuern bestimmt wird. Nicht ferne Herren bestimmen über das Schicksal unseres Landes, sondern auf möglichst lokaler Ebene wir selber. Ein JA zur Selbstbestimmungsinitiative ist demnach auch ein JA zu einem lebendigen Föderalismus.
In der Schweiz feiert man den 1. August nicht in der Bundeshauptstadt. Es gibt keine zentrale Feier, keine Paraden und schon gar keine hohen Staatsempfänge. Die Bundesfeiern vom letzten Samstag fanden in den Gemeinden statt, dort wo die Bevölkerung zu Hause ist. Dies hat einen Grund. Die Schweiz funktioniert von unten nach oben. Subsidiarität heisst, dass unten, möglichst nah bei den Bürgern, entschieden und nur im Notfall nach oben delegiert wird. Unser Recht, das heisst unsere Verbote und Gebote, unsere Regeln und Steuern werden von der Basis her bestimmt.
Internationales Recht wird bevölkerungsfern bestimmt
Internationales Recht wird hingegen von Diplomaten und Staatsoberhäuptern gesetzt. Beiläufig helfen eine Horde von Rechtsprofessoren, Verwaltungsbeamten und die Politikerkaste mit. Im Staatsaufbau ist dabei nur eine ganz elitäre Spitze beteiligt. Fernab von den üblichen demokratischen Strukturen befinden Funktionäre und Politiker über die Regeln und Gesetze. Dies mag in vielen unbedeutenden und technischen Bereichen Sinn machen. Aber immer mehr hat dieses internationale Recht Einfluss auf unsere Gesetze und sogar auf unseren Staatsaufbau. Gestaltungsmacht fliesst weg von den Gemeinden und Kantonen, hin zum Bund und beispielsweise nach Brüssel. Die Bürgernähe geht dabei definitiv verloren. Darüber hinaus belegen Studien, dass dieser Prozess nicht nur die direkte Demokratie schwächt, sondern auch unsere Vernehmlassungskultur, unsere Parlamente (insbesondere auch die kantonalen Parlamente) und leider auch unseren Föderalismus. Zusätzlich schwindet dadurch auch unser Milizwesen.
Das Land der Kleinstädte und Selbstbestimmung
Ausdruck unseres Föderalismus und unserer Selbstbestimmung ist, dass wir kein Wien, Paris oder London haben, sondern ein Land der Kleinstädte sind. Die Schweiz hat keine zentrale Hauptstadt, keinen historisch gewachsenen Nabel der Nation. Die Schweiz hatte nie einen Kaiser oder König. Eine Zentralbürokratie war uns lange unbekannt. Neben den grösseren Zentren wie Zürich, Genf, Basel oder Bern ist unsere Schweiz geprägt durch Kleinstädte. Lebendigster Ausdruck dieser dezentralen Selbstbestimmung ist der Kanton Aargau. Selbst innerhalb des Kantons gibt es kein eigentliches Zentrum. Sympathische und geschichtsträchtige Kleinstädte wie Baden, Aarau, Zofingen, Lenzburg, Brugg oder Rheinfelden prägen das Landschaftsbild. Die Bezirke und Gemeinden haben eine starke Stellung. Dieser Föderalismus ist auch Teil unserer Selbstbestimmungskultur. Nicht ferne Behörden, Beamten und Richter entscheiden über unsere Angelegenheiten, sondern wir Bürger selber möglichst vor Ort. Denn was für den Genfer richtig ist, muss für den Appenzeller nicht von Bedeutung sein. So muss auch das, was für Portugal gut ist, nicht unbedingt richtig sein für Zürich, geschweige denn was für Indonesien gilt, auch automatisch für die Schweiz von Belang sein. Nebenbei ist zu erwähnen, dass über internationales Recht vor allem immer mehr staatliche Kontrolle und Regulierung in die Schweiz kommt. Die Regulierungsflut, der Überwachungs- und Verstaatlichungswahn schwappt mit diesem Vehikel immer öfter auf die Schweiz über. Wirtschaftsfreiheit und Eigenverantwortung gehen Schritt für Schritt verloren.
Internationales Recht bricht lokale Selbstbestimmung
Das durch ferne Behörden definierte internationale Recht verdrängt unsere Kultur der Subsidiarität und lokalen Selbstbestimmung. Auch die Schweiz läuft Gefahr, nur noch nach Bern oder Brüssel zu schauen. Die Zentralisierung hat auch unser Land fest im Griff. Die Selbstbestimmungsinitiative bricht aber eine Lanze für die lokale Selbstbestimmung. Welt- oder europaweite Vereinheitlichung und Kontrolle kann nicht die Lösung sein. Stattdessen braucht es wieder mehr Eigenverantwortung und lokale gemeinschaftliche Verantwortung. Die Zivilgesellschaft und das Engagement im persönlichen Umfeld müssen wieder mehr Gewicht bekommen. Wir brauchen eine Rückbesinnung zum Kleinen und Übersichtlichen, zum Einfachen und Verständlichen. Internationale Normen sind oft so komplex, dass niemand mehr versteht, um was es geht. Die Interpretation liegt dann bei einer kleinen Zahl von Experten und Richtern. Es wird sehr oft behauptet, der einfache Bürger könne das gar nicht verstehen, geschweige denn qualifiziert entscheiden.
Die Schweiz ist aber von unten nach oben gebaut. Der Bürger wird als mündig angesehen, wichtige politische Entscheide zu treffen. Er wird sogar als so qualifiziert angesehen, dass er seine Steuerrechnung selber ausfüllen darf oder gar als Milizsoldat eine Waffe nach Hause kriegt (weltweite Besonderheiten!). Diese politische Kultur müssen wir bewahren. Die Selbstbestimmungsinitiative ist daher nicht nur ein Bollwerk zum Schutz der direkten Demokratie, sondern bedeutet auch eine Stärkung unserer Subsidiarität und unseres Föderalismus. Denn Selbstbestimmung beutet Bürgernähe.