Die SVP sieht keinen Grund, das grundsätzlich bewährte System «Militärdienstpflicht – Zivildienst – Zivilschutz» fundamental zu ändern – unsere Milizarmee braucht jetzt endlich Ruhe und Stabilität und bestimmt keine neuen grundlegenden Reformen.
Was gut für andere Länder ist, wie z.B. das «norwegische Modell» für Norwegen, muss nicht auch für die Schweiz erstrebenswert sein. In diesem Sinne lehnt die SVP einen Systemwechsel zu einem generellen Dienstpflichtsystem für Männer und Frauen ab; gerade die Frauen leisten bereits heute durch Freiwilligenarbeit und in den Familien einen überaus wichtigen Beitrag zugunsten der Allgemeinheit, weshalb diesen nicht eine zusätzliche Dienstpflicht auferlegt werden sollte. Wenn diese sich jedoch auf freiwilliger Basis entschliessen, Dienst zu leisten, so ist dies selbstverständlich zu begrüssen. Handlungsbedarf sieht die SVP jedoch in Bezug auf die Verbesserung des geltenden Systems. So muss der Militärdienst für die Dienstleistenden «attraktiver» gestaltet werden. Wehrdienstleistende sollen wieder stolz darauf sein, Militärdienst leisten zu dürfen und die Ausbildung muss diesen persönlich, sowie der Wirtschaft einen Mehrwert bringen. Gleichzeitig muss der Zivildienst weniger attraktiv ausgestaltet werden, damit nur jene diesen Dienst wählen, welche aus persönlichen Gründen tatsächlich keinen Militärdienst leisten können. Um die Koordination zwischen Militärdienst und Zivildienst verbessern zu können, fordert die SVP ferner, dass die Vollzugsstelle für den Zivildienst (ZIVI) nicht mehr eine Verwaltungsstelle des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) ist, sondern ins Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) überführt wird.
Einsetzung einer Studiengruppe
Im Jahr 2014 beauftragte der Bundesrat das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) mit der Einsetzung einer Studiengruppe, welche das Dienstpflichtsystem einer gänzlichen Überprüfung unterziehen sollte. An der letzten Bundesratssitzung vor der Sommerpause nahm der Bundesrat den Bericht der Studiengruppe[1] und die darin aufgeführten verschiedenen Modelle zur Kenntnis. Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats wird am 17./18. Oktober 2016 Anhörungen durchführen und mit der Beratung des Berichts beginnen und diese an der Sitzung vom 7./8. November 2016 abschliessen.
Analysierte Modelle
Die Studiengruppe bündelte ihre Ideen zur Weiterentwicklung des Dienstleistungssystems in vier Modelle:
Modell 1 «Status quo plus»: Vorgeschlagen werden Verbesserungen des geltenden Systems, ohne das Dienstpflichtsystem grundlegend umzugestalten. Aufgenommen werden sollen die Neuerungen aufgrund der «Weiterentwicklung der Armee (WEA)» sowie der Umsetzung der Strategie «Bevölkerungsschutz und Zivilschutz 2015+», zudem sollen im Gesundheitswesen Engpässe behoben werden, namentlich durch einen verstärkten Fokus des Zivildienstes auf das Gesundheitswesen.
Modell 2 «Sicherheitspflicht»: Dieses Modell sieht vor, den militärischen und den zivilen Bereich als gleichwertig zu setzen, indem die Dienstpflicht entweder in der Armee oder im Katastrophenschutz erfüllt werden könnte. Dabei würde der Katastrophenschutz die bisherigen Aufgaben des Zivilschutzes und teilweise auch diejenigen des Zivildienstes übernehmen.
Modell 3 «norwegisches Modell»: Dieses Modell sieht vor, dass Frauen und Männer grundsätzlich wehrpflichtig sind und die Armee jährlich jene Personen auswählt, die sie benötigt. Mit der Wehrpflicht wird in Norwegen somit nicht der Gedanke verknüpft, dass alle Pflichtigen eine persönliche Leistung erbringen müssen. Vielmehr steht die Idee im Vordergrund, den Streitkräften die Möglichkeit zu geben, aus einem grossen Reservoir die Qualifiziertesten und Motiviertesten auszulesen.
Model 4 «allgemeine Dienstpflicht»: Dieses Modell sieht vor, dass Schweizerinnen und Schweizer dienstpflichtig sind, wobei bei Diensttauglichkeit grundsätzlich frei entscheiden werden kann, welcher Dienst geleistet werden soll (Armee, Feuerwehr, Zivilschutz, Einsatzorganisation SRK, Gemeinschaftsdienst). Dabei sollen auch Ausländerinnen und Ausländer dienstpflichtig sein, wobei kein Zugang zum Armeedienst gewährt würde.
Keine Neuerfindung des Systems
Art. 59 der Bundesverfassung verpflichtet jeden Schweizer Militärdienst zu leisten; alternativ sieht das Gesetz einen zivilen Ersatzdienst (Zivildienst) vor. Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. Art. 61 der Bundesverfassung sieht entsprechendes für den zivilen Schutz von Personen und Güter vor (Zivilschutz). Die SVP sieht keinen Anlass, vom bewährten Schweizer System wegzukommen und lehnt deshalb jede Verfassungsänderung sowie alle von der Studiengruppe geprüften Modelle ab. Offenbar gerät in Vergessenheit, dass die Aufgabe der Armee darin besteht, unter Einsatz des Lebens Land und Leute zu verteidigen. Nur schon deswegen muss die Leistung von Militärdienst gegenüber dem Zivildienst absoluten Vorrang haben.
«Attraktivität» Militärdienst steigern
Zentral für die SVP ist, die «Attraktivität» des Militärdienstes zu steigern. Stellungspflichtige sollten wieder das Ziel haben, in den Militärdienst aufgenommen zu werden; dieser Dienst sollte inhaltlich so ausgestaltet werden, dass dieser deutlich interessanter ist als jede Zivildienstleistung. Auch die Wirtschaft ist diesbezüglich gefordert. Diese muss enger mit der Armeeführung zusammenarbeiten und ihre Bedürfnisse einfliessen lassen. Auch hier muss das Ziel sein, dass die Wirtschaft ein Interesse daran hat, dass Armeeangehörige im Rahmen ihrer Dienstleistungen Kenntnisse erwerben, die sie in der Folge in die Wirtschaft einbringen können. Das Modell 1 würde dieser Zielsetzung diametral entgegenstehen, denn ein verstärkter Fokus des Zivildienstes auf das Gesundheitswesen würde diesen Dienst noch attraktiver machen, denn er könnte für die Fortführung einer bestehenden zivilen Ausbildung benutzt werden. Gerade im Militärdienst dringend benötigte Personen aus dem Gesundheitsbereich würden somit noch vermehrt den Zivildienst wählen. Das Modell 2, welches noch weitergehen will und gar eine Gleichwertigkeit zwischen militärischem und nichtmilitärischem Bereich herstellen will, ist klar zu verwerfen. Vielmehr muss mit der «Attraktivitätssteigerung» des Militärdienstes gleichzeitig eine «Attraktivitätssenkung» des Zivildienstes einhergehen. Dies muss zum einen die inhaltliche Art dieses Dienstes betreffen, als auch dessen Ausführung. So sollten auch Zivildienstpflichtige wenn möglich eine gemeinsame Truppenunterkunft nach Dienstschluss aufsuchen müssen und auch am Wochenende eingesetzt werden und nicht nur zu Bürozeiten. Zudem sollten Militärdienstleistenden, welche in den Zivildienst wechseln, die in der Armee geleisteten Tage nicht für die Zivildienstdauer angerechnet werden.
Das «norwegische Modell»
Zu Norwegen als NATO-Staat mag dieses Modell passen, zur Geschichte und Kultur der Schweiz dagegen nicht. Die Schweizer Tradition sieht zu Recht vor, auch Personen in den Militärdienst aufzunehmen, welche noch Entwicklungspotential haben. Auch für den Zusammenhalt der Bevölkerung ist die Förderung und Einbindung aller Gesellschaftsschichten elementar. Für die SVP kommt es nicht in Frage, die Dienstpflicht auf eine elitäre Schicht der Bevölkerung zu beschränken. In diesem Sinne fordert die SVP nun Ruhe und Stabilität für unsere Milizarmee und ganz sicher keine weiteren, unausgegorenen Reformen und unnötigen Experimente. In diesem Sinne lehnt die SVP auch eine Militär- und Zivilschutzpflicht für Frauen ab. Diese leisten in unserer Gesellschafft bereits einen grossen Beitrag für die Allgemeinheit. Selbstverständlich ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Frauen freiwillig Dienst leisten; im Gegenteil: dieses zusätzliche Engagement ist lobenswert. Die SVP würde es deshalb begrüssen, wenn Frauen inskünftig sogar noch besser über die Dienstmöglichkeiten innerhalb der Armee informiert würden. Dies kann beispielsweise im Rahmen des Orientierungstags oder anderweitig erfolgen.
Angezeigte Korrekturen
Dass bestimmte Korrekturen angezeigt sind, kann nicht bestritten werden. Anzusetzen ist jedoch beim bewährten System; dieses gilt es gezielt zu verbessern. Zum einen – wie bereits erwähnt – mit einer Attraktivitätssteigerung des Militärdienstes in verschiedenster Hinsicht. Angezeigt sind auch strukturelle Anpassungen. Dass die Vollzugsstelle für den Zivildienst eine Verwaltungsstelle des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) und nicht dem Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) angegliedert ist, ist ein struktureller Fehler, den es zu korrigieren gilt.