Nach jahrelangen Verhandlungen ist das Rahmenabkommen mit der EU vom Tisch. Kommt nun die befürchtete Eskalation mit negativen Folgen für die Wirtschaft? Magdalena Martullo-Blocher hat an vorderster Front gegen das Rahmenabkommen gekämpft. Sie sagt, weshalb es aus ihrer Sicht keinen Plan B braucht.
SRF News: Das Rahmenabkommen ist definitiv beerdigt. Ist das für Sie jetzt ähnlich wichtig wie das Nein zum EWR 1992?
Magdalena Martullo-Blocher: Ja, das ist ein sehr wichtiger Entscheid des Bundesrats. Es ging auch um Ähnliches, um das Bewahren unserer Freiheit, Souveränität und der direkten Demokratie. Dieses Mal sogar direkt durch den Bundesrat und nicht durch eine Volksabstimmung. Ich hatte Freude, bin aber weiterhin wachsam, denn die Politik kommt ja auch immer wieder auf Entscheide zurück.
Die SVP und auch unsere Familie hat sich ja jahrzehntelang damit beschäftigt.
Haben sie also gestern mit einem Glas Champagner gefeiert?
Ich habe tatsächlich mit meinem Mann angestossen, aber mit familieneigenem Limoncello. Ich bin ja nicht der Champagnertrinker, aber ich sagte, das muss jetzt sein – es ist schon ein Meilenstein. Die SVP und auch unsere Familie hat sich ja jahrzehntelang damit beschäftigt.
Nach sieben Jahren Verhandlungen steht nun die Beziehung zur EU vor einem Scherbenhaufen. Wie soll es denn nun weitergehen?
Ich sehe diesen Scherbenhaufen eigentlich nicht. Die über 100 bilateralen Verträge, die wir mit der EU haben, gelten ja alle weiterhin, das Tagesgeschäft funktioniert weiterhin. Es wird einfach keine institutionelle Anbindung geben. Es wird auch weiterhin bilaterale Verhandlungen geben – genau gleich wie wir es mit der ganzen Welt machen.
Muss die Schweiz nach dem einseitigen Abbruch der Verhandlungen nun nicht in der Rolle des Bittstellers antraben?
Nein, überhaupt nicht. Die EU hat die Verhandlungen ja damals initiiert. Einen Abbruch von Verhandlungen gibt es immer wieder, sei es international oder im Handel, es ist nichts Aussergewöhnliches. Im Grunde ist es einfach Interessenpolitik. Wenn beide Seiten Interesse an Verhandlungen haben, wird man eine Lösung finden.
Wir haben ja nie einen Plan B gefordert. Es soll so weitergehen wie bisher.
Haben Sie denn jetzt einen Plan B für die Beziehungen zur EU?
Wir haben ja nie einen Plan B gefordert. Es soll so weitergehen wie bisher, plus Verhandlungen, wie wir es auch mit anderen Staaten machen. Wir müssen auch aufhören, immer nur auf die EU zu fokussieren. Das anteilmässige Handelsvolumen mit der EU ging in den letzten Jahren zurück, wir haben andere Märkte wie die USA und Asien, die stark gewachsen sind. Wir müssen auch hier unsere Beziehungen pflegen und Freihandelsabkommen erarbeiten, wo wir noch keine haben.
Der bilaterale Weg wird aber wohl an ein Ende kommen, die Verträge veralten, es tauchen neue Fragestellungen auf. Brauchen wir nicht bald einen neuen Ansatz?
In diesen Verträgen sind ja auch Möglichkeiten von Aktualisierungen enthalten, sie laufen also nicht aus. Aber klar es gibt neue Fragestellungen, neue Interessen auf beiden Seiten. Für die EU wird es so natürlich etwas mühsamer, weil wir jetzt nicht einfach neues Recht übernehmen müssen. Die Schweiz zeigt ja mit Freihandelsabkommen mit anderen Staaten, dass sie gut verhandeln kann. Wir möchten gute Beziehungen zu allen, und das schaffen wir auch irgendwie – klar ist aber auch, das ist mit Aufwand verbunden.
Wird es jetzt als eine kleine Eiszeit mit der EU geben?
Nein, ich bin sehr positiv. Hätten wir EU-Recht übernehmen müssen, wären wir nicht mehr konkurrenzfähig. Das hätte den Wohlstand der Bürger und die direkte Demokratie massiv eingeschränkt. Und das wollen wir doch nicht.
Beitrag von SRF: Magdalena Martullo-Blocher: Das InstA ist versenkt – und jetzt?
Das Gespräch führte Marc Lehmann.