Editorial

Zwingende Ausschaffung ist verfassungsmässig

Im Abstimmungskampf gegen die Durchsetzungs-Initiative wird oftmals argumentiert, dass eine zwingende Ausschaffung – landläufig auch „automatische Ausschaffung“ genannt – verfassungswidrig sei und dem Richter den Ermessensspielraum entziehe. Wegen diesem „Automatismus“ solle man die Initiative ablehnen. Diese Argumentation ist falsch. Das sagt in einem vergleichbaren Fall auch das Bundesgericht.

Manfred Bühler
Manfred Bühler
Nationalrat Cortébert (BE)

Bundesgerichtsurteil vom 20. November 2014

 

Massgeblich in diesem Zusammenhang ist das Urteil des Bundesgerichts vom 20. November 2014 (1C_397/2014). Darin hat das höchste Schweizer Gericht ausführlich zu den neuen Tatbeständen der Raser-Delikte Stellung genommen. Im zu beurteilenden Fall ging es um einen Automobilisten, welcher am 12. Januar 2013 um 20:28 Uhr mit seinem Personenwagen auf der Verzweigungsrampe der A2 in Härkingen mit netto 144 km/h unterwegs war, d.h. 64 km/h zu schnell. Das Bundesgericht hat aufgrund der am 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Verschärfungen für Raser (ein Aspekt der Parlamentsvorlage „via sicura“) einen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn aufgehoben, weil das neue Recht jede einzelfallweise Risikobeurteilung unterbindet. Das neue Recht sieht u.a. folgendes vor: Wer gemäss Art. 90 Abs. 4 Bst. c des Strassenverkehrsgesetzes bei einer Signalisation von 80 km/h mehr als 60 km/h zu schnell fährt, gilt als „Raser“ und es wird zwingend davon ausgegangen, dass die Tat „vorsätzlich begangen wurde und das hohe Risiko eines schweren Verkehrsunfalls mit Schwerverletzten und Toten geschaffen hat“. Die obersten Richter betonen, dass mit der Messung der Geschwindigkeit die Prüfung abgeschlossen sei. Weitere Überlegungen wie z.B. Höhe der Gefährdung, richtungsgetrennte Fahrbahnen, Verkehrsaufkommen, vorhandener Pannenstreifen etc. dürfen nicht angestellt werden. Fazit: Wer die signalisierte Höchstgeschwindigkeit um einen genau definierten Faktor überschreitet, gilt automatisch als „Raser“ und wird mit Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren bestraft und verliert das „Billett“ während minimal zwei Jahren. Alles „automatisch“ und ohne Wenn und Aber. 

Kein Angriff auf den Rechtsstaat

 

Die zwingende Ausschaffung haben Volk und Stände mit der Ausschaffungs-Initiative bereits im November 2010 angenommen und soll mit der Durchsetzungs-Initiative nun bestätigt werden. Wer bestimmte Delikte begeht, wird des Landes verwiesen, je nach Schwere für die Dauer von 5 bis 15 Jahre. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb ein ähnlicher „Automatismus“ im einen Fall stossend und im anderen Fall unproblematisch sein soll. Diese Haltung ist nicht nur inkonsequent, sondern widerspricht auch jedem Rechtsgefühl. Weshalb soll ein Landesverweis nach einer Straftat mit konkreten Opfern nicht möglich sein, ein Automatismus im Strassenverkehr ohne Opfer jedoch schon? Somit ist klar: Ein Ja zur Durchsetzungs-Initiative ist kein Angriff auf den Rechtsstaat.

 

Manfred Bühler
Manfred Bühler
Nationalrat Cortébert (BE)
 
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