An seiner heutigen Sitzung hat der Bundesrat die Ausführungserlasse zum revidierten Bürgerrechtsgesetz verabschiedet. Die von der SVP im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens vorgebrachten Bedenken in Bezug auf die geforderte lokale Integration, keine Abhängigkeit von der Sozialhilfe und Sprachkenntnisse überging der Bundesrat. Der Bundesrat gewichtet den Faktor, dass mit der Einbürgerung das Stimm- und Wahlrecht erworben wird viel zu wenig. Diese Rechte kann eine Person jedoch nur dann ausüben, wenn sie über entsprechende sprachliche Fähigkeiten verfügt. Die SVP verlangt in diesem Sinne ein sprachliches Niveau, welches es dem Einbürgerungswilligen erlaubt, die Erläuterungen im Abstimmungsbüchlein zu verstehen, um sich eine Meinung zu bilden. Ist das zuviel verlangt?
Art. 2 der beschlossenen Bürgerrechtsverordnung (BüV) definiert das Vertrautsein mit den schweizerischen Lebensverhältnissen bei einer ordentlichen Einbürgerung. Art. 2 Abs. 1 lit. b BüV fordert in diesem Sinne, dass der Bewerber “am sozialen und kulturellen Leben der Gesellschaft in der Schweiz teilnimmt”. Im Vernehmlassungsverfahren forderte die SVP, dass der Bewerber auch auf lokaler Ebene am sozialen und kulturellen Leben teilnehmen muss. Schliesslich erwirbt jemand das Bürgerrecht des Wohnortes. Dass der Bundesrat diese Forderung nicht aufgenommen hat, erstaunt.
In Art. 6 BüV wird der geforderte Sprachnachweis definiert. Art. 6 Abs. 1 BüV sieht vor, dass der Bewerber in einer Landessprache mündliche Sprachkompetenzen mindestens auf dem Referenzniveau B1 und schriftliche Sprachkompetenzen mindestens auf dem Referenzniveau A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER) nachweisen muss. Ein Blick auf den Raster zur Selbstbeurteilung dieser Sprachniveaus zeigt, dass diese Sprachkenntnisse es einer Person ermöglichen, als Tourist das Land selbständig zu bereisen. Dieses Niveau ist absolut zu tief angesetzt. Die sprachlichen Kompetenzen sollten derart sein, dass es dem neuen Mitbürger möglich ist, das Abstimmungsbüchlein zu lesen, zu verstehen, sich eine Meinung zu bilden und entsprechend die direktdemokratischen Rechte wahrzunehmen. In diesem Sinne fordert die SVP, dass Sprachkompetenzen mindestens auf dem Referenzniveau B2 und schriftliche Sprachkompetenzen auf dem Niveau B1 verlangt werden müssen.
In der parlamentarischen Beratung des Bürgerrechtsgesetzes kam klar zum Ausdruck, dass das Parlament mit der Formulierung „Teilnahme am Wirtschaftsleben“ eine aktive Teilnahme am Erwerbsleben und einen Beitrag zugunsten der Schweizer Wohlfahrt gemeint hat. Mit der Formulierung von Art. 7 Abs. 1 BüV will nun der Bundesrat Leistungen Dritter, auf die Ansprüche bestehen, ebenfalls als Teilnahme am Wirtschaftsleben definieren (beispielsweise Unterhaltszahlungen). Dies widerspricht klar dem Willen des Parlaments, welches entsprechende Anträge abgelehnt hatte. Entsprechend fordert die SVP nach wie vor die Streichung des Zusatzes „oder Leistungen Dritter, auf die ein Rechtsanspruch besteht“. Art. 7 Abs. 3 BüV hält fest, dass wer drei Jahre vor oder während des Einbürgerungsverfahrens Sozialhilfe bezieht, das Kriterium Teilnahme am Wirtschaftsleben nicht erfüllt. Der erläuternde Bericht relativierte diese klare Aussage jedoch bereits, dass dies nicht gilt beim unverschuldeten Sozialhilfebezug. Dies wird in der Praxis zur Folge haben, dass Abs. 3 gar nicht angewendet wird und würde somit dem Willen des Gesetzgebers klar widersprechen.