Gemäss einem Bericht der „Berner Zeitung“ von heute üben verschiedene Staatsrechtsprofessoren massive Kritik an den Abstimmungserläuterungen des Bundesrates im sogenannten Abstimmungsbüchlein. Die…
Gemäss einem Bericht der „Berner Zeitung“ von heute üben verschiedene Staatsrechtsprofessoren massive Kritik an den Abstimmungserläuterungen des Bundesrates im sogenannten Abstimmungsbüchlein. Die Aussagen des Bundesrates werden von den Professoren als „unseriöse Information“ oder gar als „Blödsinn“ taxiert. Die Behauptung, dass bereits Bagatellen zur Ausschaffung führen, sei falsch. Auch die Aussagen von Bundesrätin Sommaruga in der „Arena“ des Schweizer Fernsehens seien unhaltbar. Das Vorgehen des Bundesrates in Sachen Ausschaffungsinitiative rückt damit in ein immer schieferes Licht, zumal es im Abstimmungsbüchlein noch weitere Falschaussagen gibt.
Die Ausschaffungsinitiative will, dass ausländische Straftäter bei schweren Delikten nach Verbüssung ihrer Freiheitsstrafe zwingend die Schweiz verlassen müssen. Die Initiative gibt die verfassungsrechtlichen Leitplanken vor. Entscheidend ist, dass die Wegweisung neu zwingende Folge des rechtskräftigen Urteils und der Freiheitsstrafe ist. Die Tatbestände, welche zu einer Wegweisung führen, sind vom Gesetzgeber näher zu umschreiben. Sie können bei Bedarf jederzeit ergänzt werden.
Wenn der Bundesrat sagt, der Deliktskatalog sei unvollständig oder umfasse auch geringfügige Fälle, so ist dies eine gezielte Desinformation und entspricht nicht der Wahrheit. Die Reaktion diverser Rechtsprofessoren, welche die Aussagen der Landesregierung ebenfalls als „unseriös“ einstufen, bestätigt dies.
In den Erläuterungen im Abstimmungsbüchlein hat es noch weitere Unzulänglichkeiten: So behauptet der Bundesrat etwa auch (Seite 9), dass „Raub“, „Menschenhandel“ und „Erpressung“ mit einer Gefängnisstrafe von mindestens einem Jahr bedroht sind und somit gemäss Gegenentwurf zu einer Ausschaffung führen. Das ist falsch, denn erst ein qualifizierter Raub, qualifizierter Menschenhandel und eine qualifizierte Erpressung führen zu einer Mindeststrafe von einem Jahr, wie sie der Gegenentwurf erfordert. Es bedarf also besonders schwerer Fälle, damit der Gegenentwurf überhaupt greift.
Der Integrationsartikel gemäss Gegenentwurf verpflichtet den Bund, Integrationsmassnahmen der Kantone, Gemeinden und von Dritten zu fördern (Art. 121a Abs. 5 E-BV gemäss Gegenentwurf). Das Abstimmungsbüchlein ist auch hier unvollständig (Seite 10), wenn es glauben macht, der Bund könne, müsse aber keine Vorschriften zur Integration erlassen. Richtig ist, dass der Bund gemäss Art. 121a Abs. 5 E-BV Vorschriften erlassen muss. Er muss zumindest die Grundsätze der Integration festlegen. Damit wird die Grundlage für ein neues Gesetz, neue Behörden und neue Kosten geschaffen.
Bern, 18. November 2010