Nationalrat Christian Speck, Oberkulm (AG)
Das Schweizer Volk muss am 18. Mai 2003 an der Urne einmal mehr über die Zukunft der Kernenergie entscheiden. Beide Initiativen haben den Ausstieg aus der Kernenergie zum Ziel. Bei der radikalen Ausstiegsinitiative ist die Absicht klar zu erkennen. Beim Moratorium Plus, das nicht mit dem früheren Moratorium gegen den Bau neuer Kraftwerke zu vergleichen ist, geschieht der Ausstieg etwas später.
Die Initiative „Strom ohne Atom“ fordert die schrittweise Stilllegung der Schweizer Kernkraftwerke. Das Abschalten der KKW nach 30 Betriebsjahren würde bedeuten, dass Beznau 1 und 2 und Mühleberg 2005, also übernächstes Jahr, abgestellt werden müssten, Gösgen und Leibstadt in den Jahren 2009 bzw. 2014.
Als Ersatz darf kein Strom verwendet werden, der aus fossil betriebenen Anlagen stammt. Einzig thermische Kraftwerke, die gleichzeitig die Abwärme nutzen, werden akzeptiert. Die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente wird verboten, radioaktive Abfälle müssen in unserem Land gelagert werden, mit Mitspracherecht der betroffenen Gemeinden.
Die Initiative Moratorium Plus will den Betrieb der Kernkraftwerke willkürlich auf 40 Jahre beschränken. Gegen jede, lediglich 10 Jahre gültige Betriebsverlängerung über diese eingeschränkte Betriebsdauer von 40 Jahren hinaus kann das Referendum ergriffen werden.
Bundesrat Leuenberger, der bekanntlich trotz des Neins des Bundesrates gewisse Sympathien für diesen etwas verzögerten Ausstieg bekundet, hat es am SP-Parteitag klar ausgedrückt: „Moratorium Plus ist nicht umsetzbar ohne neue Energiesteuern.“ Er denkt dabei an eine Lenkungsabgabe in einer Höhe, die dann zwangsweise zu Verhaltensänderungen führen würde. Diese Ankündigung neuer Steuern in Milliardenhöhe ist wenigstens ehrlich.
Grundpfeiler unserer Stromversorgung
Die Kernenergie ist in den letzten 30 Jahren zum Grundpfeiler der Schweizer Stromversorgung geworden. Mit einem Produktionsanteil von annähernd 40 % versorgen heute die Kernenergie gemeinsam mit 60 % Wasserkraft die Schweiz sicher, kostengünstig, CO2-frei und umweltgerecht mit einheimischem Strom.
Die Vorteile unserer heutigen Stromversorgung sowie ihre Bedeutung für unsere Gesellschaft und Wirtschaft und damit für den Wohlstand der Schweiz sind unbestritten. Diese Stromversorgung ohne Not aufzugeben, wäre ein Schildbürgerstreich erster Güte.
Ich behaupte nicht, dass bei einer Annahme der Initiativen die Lichter in der Schweiz ausgehen würden und unsere Wirtschaft zum Stillstand käme. Sicher aber ist, dass alle Lösungen für den Ersatz von 40 % Kernenergie, welcher Art diese auch immer sein mögen, für die Umwelt schlechter und vor allem mit massiv höheren Stromkosten verbunden sein würden. Gleichzeitig würde die vorzeitige Stilllegung einen von uns allen zu tragenden immensen volkswirtschaftlichen Schaden hinterlassen. Der Bundesrat beziffert diesen in seiner Botschaft auf 13 Milliarden Franken bei „Moratorium Plus“ und auf 27 Milliarden Franken bei „Strom ohne Atom“. Würde der Ersatz ausschliesslich mit erneuerbaren Energien umgesetzt, wären es nach Schätzung des Bremer Energie-Institutes bis zu 60 Milliarden Franken.
Verstärkte Auslandabhängigkeit
Um die Versorgungslücken zu decken, müsste in erster Linie auf den Import von Strom aus dem Ausland zurückgegriffen werden, d.h. auf Strom aus Kraftwerken, auf deren Sicherheit und Umweltverträglichkeit wir keinen Einfluss haben.
Der Engpass, das schreibt auch der Bundesrat, müsste sodann mit gas- oder erdöl betriebenen Kraftwerken behoben werden. Damit würde nicht nur die Auslandabhängigkeit in der Energieversorgung erhöht, sondern gleichzeitig der CO2-Ausstoss massiv vergrössert. Die Schweiz könnte die im Klimabereich eingegangen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen.
Dass der Stromverbrauch trotz aller Sparbemühungen auch in Zukunft steigen wird, ersehen sie aus den Steigerungsraten der letzten Jahre. Neben dem Stromsparen verweisen die Initianten auf die Alternativenergien. Die Gestehungskosten für diese Ersatzenergien ersehen Sie auf der Folie. Nachdem sich bei der Fotovoltaik keine wirtschaftlich vertretbaren Lösungen abzeichnen, wird vor allem auf die Windkraft gesetzt. In der Schweiz produzieren sieben grosse und einige kleine Windturbinen 0,01 % des gesamten Stromverbrauchs. Die Ausbaumöglichkeiten sind beschränkt.
Die Verlagerung der Produktion ins Ausland, z.B. Windparks in der Nordsee, ist aus verschiedenen Gründen in den nächsten Jahren mehr Wunschdenken als tatsächliche Alternative. Stichwörter dazu sind: Unregelmässige Verfügbarkeit erfordert Grundlastkapazität; Auslandabhängigkeit; fehlende Durchleitungskapazitäten würden neue Leitungen mit Kostenfolgen bedeuten.
Parlament und Bundesrat
Bundesrat und Parlament lehnen beide Initiativen klar ab.
Strom ohne Atom: SR 36 zu 5, NR 108 zu 63 Stimmen
Moratorium Plus: SR 35 zu 6, NR 109 zu 67 Stimmen
2 x Nein zum Ausstiegs- Kurzschluss
Beide Initiativen bedeuten weniger Versorgungssicherheit und mehr Auslandabhängigkeit.
Sie haben höhere Strompreise und Steuern zur Folge und belasten die Volkswirtschaft mit Milliardenkosten.
Ein kurzfristiger Ersatz hätte also eine steigende Umweltbelastung zur Folge.