Mit der Revision des Krankenversicherungsgesetzes vom Dezember 2007 wollte der Bundesgesetzgeber neue Rahmenbedingungen für die Spitalfinanzierung schaffen. Ziel der Revision war es, Transparenz…
Mit der Revision des Krankenversicherungsgesetzes vom Dezember 2007 wollte der Bundesgesetzgeber neue Rahmenbedingungen für die Spitalfinanzierung schaffen. Ziel der Revision war es, Transparenz über den Preis und die Qualität einer medizinischen Leistung im stationären Bereich der Gesundheitsversorgung zu bekommen. Denn im Unterschied zu einem Kunden, welcher bei mir einen Tisch zu einem bestimmten Preis kauft und die Qualität ohne grossen Aufwand prüfen kann, weiss der Patient in einem Spital nicht, was eine Operation mit Spitalaufenthalt wirklich kostet und ob er von einer Koryphäe oder einem Kurpfuscher behandelt wurde.
Der Versicherte steht im Mittelpunkt
Im Mittelpunkt unserer Revision steht also der Versicherte, der als Prämien- und Steuerzahler, aber auch als Patient, der im Falle eines Spitalaufenthaltes wissen soll, wie die Leistungen in qualitativer Hinsicht zu beurteilen sind. Auch deshalb wollen wir mit der KVG-Revision 2007 einen schweizweiten Spitalbinnenmarkt schaffen, damit die Patienten die Wahlfreiheit haben.
Transparenz über Qualität und Wirtschaftlichkeit
Ein weiteres Ziel der Revision war es, die immer wieder beklagten inner- und interkantonalen Überkapazitäten in der Spitalversorgung sichtbar zu machen und schrittweise zu kompensieren. Allerdings veranlasst uns die Befürchtung, dass die Kantone unseren Willen nicht richtig umsetzen zur heutigen Pressekonferenz. Was mich vorweg enttäuscht ist, dass die Kantone zu Beginn der neuen Spitalfinanzierung ihre Spitalplanung vornehmen und damit dem Sinn und Zweck des Bundesgesetzgebers diametral widersprechen. Denn wir sahen im Bundesgesetz eine Übergangsfrist von drei Jahren vor (Übest Abs. 3 KVG), um die Spitalplanung auf Basis von Qualität und Wirtschaftlichkeit nach einheitlichen Kriterien vorzunehmen (Art. 39 Abs. 2 ter KVG) – die Spitalplanung sollte nach volkswirtschaftlichen und nicht nach politischen Gesichtspunkten vorgenommen werden.
Kantone missachten Willen des Bundesgesetzgebers
Wenn nun die Kantone ihre Spitalliste per 1.1.2012 erstellen, ist es nicht möglich, dem Willen des Bundesgesetzgebers Rechnung zu tragen. Der Eindruck, dass die Kantone unseren Umsetzungsauftrag nicht ausführen möchten, kann kaum ausgeräumt werden. So schreibt etwa der Kanton Waadt in seinem kantonalen Gesetz allen Listenspitälern (auch privaten Unternehmen) vor, sich an die öffentlichen Beschaffungskriterien zu halten und die öffentlichen Personalvorschriften anzuwenden. Oder Spitäler werden im Kanton des GDK-Präsidenten dazu verpflichtet, „sozial und ohne Gewinn“ zu wirtschaften, sofern sie auf die Liste wollen. Welches Unternehmen hat einen Anreiz eine Leistung zu erbringen, wenn es alle Gewinne an den Staat abliefern muss? Kein Wunder trat der Grosse Rat des Kantons Waadt nicht auf eine solche Gesetzesvorlage ein am vergangenen Dienstag. Zahlreiche Kantone (VD, LU, ZG, TI, FR, TG) schreiben den einzelnen Listenspitälern Höchstmengen vor – oder schaffen die Möglichkeit zu Höchstmengen im Gesetz. In einigen Kantonen werden die Investitionen von der Genehmigung der Gesundheitsdirektion abhängig gemacht (TI, VD, LU, FR). Der Kanton Zürich wiederum möchte – trotz vernichtender Kritik in der Vernehmlassung – gar einen Stützungsfonds schaffen, der die Erträge aus der Zusatzversicherung abschöpft, um Strukturpolitik zu betreiben. Ein Spital, das viele Zusatzversicherte hat, wird gestraft. Die bundesgesetzliche Grundlage hierfür fehlt! All diese Vorschriften stehen im fundamentalen Widerspruch zum Willen des Bundesgesetzgebers und einem funktionierenden Spitalbinnenmarkt.
Wieder zurück zur Kostenabgeltung?
Damit wird das Ziel der Einführung Fallpauschalen (DRG) schon vor deren Einführung in Frage gestellt und es bleibt zu befürchten, dass implizit wieder eine Form der Kostenabgeltung angewandt wird. Man wird als Bundesgesetzgeber den Eindruck nicht los, die kantonalen Gesundheitsdirektoren hätten unseren Umsetzungsauftrag nicht als Chance gesehen, um Überkapazitäten zu bereinigen, sondern als „unangebrachte Einmischung“. Nicht der Spitalbinnenmarkt steht im Zentrum, sondern das eigene Gärtchen. Die Interessen der Versicherten, welche endlich griffige Massnahmen gegen die ungebremste Kostenentwicklung wollen, werden mit Füssen getreten.
Schädliche Mehrfachrolle der Kantone beseitigen
Weiter gilt es anzufügen, dass die Spitalfinanzierung eine ökonomische Massnahme ist, welche in keinster Weise in die medizinische Freiheit der Ärzte eingreift. Spitäler aber müssen endlich als selbständige Betriebe mit ganz normalen betriebswirtschaftlichen Grundlagen arbeiten. Preis und Qualität der Leistungen werden vergleichbar. Spitäler sind angehalten, Überkapazitäten abzubauen und die Arbeitsprozesse im Sinne der Patienten zu optimieren. Dazu sind aber die Betriebe ökonomisch zu verselbständigen und die Mehrfachrolle der Kantone, welche zu ökonomischen Fehlanreizen führt, ist zu beseitigen. Die Gesundheitsdirektionen haben sich auf die Aufsicht zu beschränken.