Im Rahmen der Armeereform XXI wurde u.a. auch das damalige, erfolgreiche Ausbildungskonzept völlig auf den Kopf gestellt. Man sprach von einer notwendigen „Professionalisierung" der Ausbildung.
Ausgangslage
Im Rahmen der Armeereform XXI wurde u.a. auch das damalige, erfolgreiche Ausbildungskonzept völlig auf den Kopf gestellt. Man sprach von einer notwendigen „Professionalisierung“ der Ausbildung. Im Blick auf dieses Ziel wurde die bewährte Milzausbildung in der Schweizer Armee diffamiert und als System „Lehrlinge bilden Lehrlinge aus“ der Lächerlichkeit preisgegeben. Man verzichtete auf ein erfolgreiches Ausbildungskonzept, welches bis dahin jedem ausländischen Besucher als einzigartiges Erfolgsmodell präsentiert wurde.
Das abverdienende Kader – Unteroffiziere, Zugführer und Kompaniekommandanten – wurden früher in den Rekrutenschulen als Ausbildner eingesetzt und konnten gleichzeitig wertvolle Führungserfahrungen sammeln. Dies entsprach zudem Artikel 48 des Militärgesetzes welcher besagt:
„Die Truppenkommandanten sind für die Ausbildung und den Einsatz der ihnen unterstellten Truppen verantwortlich.“
Das Ausbildungskonzept der Armee XXI widerspricht aber dieser gesetzlichen Vorgabe, da heute in den Rekrutenschulen Berufsoffiziere, Berufsunteroffiziere und Zeitmilitärs die Ausbildung übernehmen. Die Trennung von Einsatzverantwortung und Ausbildungsverantwortung ist jedoch gesetzeswidrig! Dazu kommt, dass dieses neue Konzept auch nie funktionieren kann, weil das dazu notwendige Lehrpersonal gar nicht in genügender Zahl vorhanden ist.
Das heutige Ausbildungskonzept wirkt sich auch negativ in den Wiederholungskursen aus. Die Milizkader bilden in den Rekrutenschulen nicht mehr aus und müssen danach völlig unvorbereitet in den Wiederholungskursen die Mannschaften ausbilden. Dies alles trägt nicht eben zur Motivation der Truppen bei.
Ausbildungskonzept der Armee XXI gescheitert
Seit dieser grundlegenden, milizfeindlichen Weichenstellung hat sich der Ausbildungsstand der Truppe stark verändert, beziehungsweise verschlechtert. Durch die Verlängerung der Rekrutenschulen sind die Rekruten zwar partiell besser ausgebildet. Andererseits wird aber auf gewisse Ausbildungsbereiche ganz verzichtet und auf später oder den Aufwuchs verwiesen. Dazu kommt, dass sich der Ausbildungsstand der Truppe nach der Rekrutenschule nochmals verschlechtert.
Das hat mehrere Gründe. Beispielsweise subsidiäre Einsätze wie Botschaftsbewachungen, Einsätze bei Sportveranstaltungen aber auch der hilflose Umgang mit Dispensationsgesuchen. Damit wird der Dienstbetrieb in den Wiederholungskursen für das Kader zum Frust. Die Folge: Das Milizkader wendet sich von der Armee ab.
Kriegsgenügen im Zentrum
Die militärische Ausbildung hat grundsätzlich nur einem Ziel zu diesen: Sie hat das Kriegsgenügen sicherzustellen. Eine Armee ist entweder kriegsgenügend – oder sie ist keine ernst zunehmende Armee. Mit dem Ausbildungskonzept XXI ist diese Vorgabe nicht erfüllt. Selbst der Chef der Armee musste die Armee Ende 2007 als nicht ernstfalltauglich beurteilen. Vom Begriff der „einsatzorientierten Ausbildungsarmee“ ist deshalb Abschied zu nehmen. Wenn Truppenteilen auch das Pistenstampfen an Skirennen, die Betreuung von Betrunkenen oder die Bewachung von Strommasten an der EURO 08 als „Einsätze“ zugemutet werden, sinken sowohl Moral wie Ausbildungsstand rasch. Mit Kriegsgenügen hat dieser Missbrauch der Soldaten als billige Hilfskräfte nichts zu tun. Kriegsgenügen heisst: Die Kampftruppe hat ihren Kampfauftrag zu erfüllen. Territorial-Einheiten müssen in Katastrophen bestehen können. Die Aufträge müssen im Zentrum jeder Ausbildung stehen.
Ausbildungsverantwortung – Einsatzverantwortung
Verheerend für die Ausbildung hat sich die gesetzwidrige Trennung von Führung und Ausbildung erwiesen. Nur der Kommandant, der mit seinem Kader persönlich für die Ausbildung der ihm anvertrauten Truppen verantwortlich ist, weiss, was er seiner Truppe im Ernstfall zumuten kann. Die Trennung der Ausbildungs- von der Einsatzverantwortung mag für Berufsarmeen eine gangbare Lösung zu sein. Für unsere Milizarmee, und dazu stehen wir, ist dieses Modell untauglich. Wir fordern deshalb, dass dieses Ausbildungskonzept rückgängig gemacht wird und die Verantwortung für die regional zu verankernden WK-Verbände den Kommandanten der einzelnen Territorial-Regionen zu unterstellen.
Zurück zum Abverdienen
Der Verzicht auf das Abverdienen hat schwerwiegende negative Konsequenzen auf den Ausbildungsstand der gesamten Armee. Führungserfahrung kann durch nichts ersetzt werden. Nach heutiger Ordnung stossen Zugführer und Kompaniekommandant erst in einer späten Phase, ohne jede praktische Führungserfahrung, zu ihrer Einheit. Dadurch erweisen sich insbesondere die Zugführer vielfach ihrer Aufgabe nicht gewachsen. Die alte Forderung, wonach der Ausbildner selbst am besten ausgebildet sein muss, muss wieder ernstgenommen werden. Das Prinzip „Führung durch Fachkompetenz“ muss wieder vollumfängliche Gültigkeit erhalten. Im Klartext: Zurück zum Abverdienen.
Miliztaugliche Ausbildung
Offiziersausbildung heisst Führungsausbildung. Führungserfahrung wird in der Praxis erworben, im Kommando über die Mannschaft. Heute setzt die Armee aber weitgehend auf Theorie und Ausbildungszertifikate anstatt auf Führungserfahrung. „ Schnellbleiche“ von Offizieren auf Kosten der Führungsausbildung schadet aber jeder Armee. Die Zertifikats-Gläubigkeit ist in der Privatwirtschaft übrigens längst gesunder Ernüchterung gewichen. Praxistauglichkeit ist wichtiger als wohlklingende Zertifikate. Mit dem Einsatz von Berufsmilitärs in der Ausbildung verkommt das Milizkader zunehmend zur Staffage.
Das hat negative Auswirkungen auf die Miliz, die der Armee als Folge dieses fatalen Konzepts in dramatischem Ausmass den Rücken kehrt. Das „Zurück zu miliztauglicher Ausbildung“, in welcher der für die Ausbildung seiner Mannschaft verantwortlicher Milizkommandant auch ihr Einsatzkommandant ist, ist deshalb unverzüglich einzuleiten. Das Milizkader ist wieder zur Führungsfähigkeit auszubilden.
Die Abtrennung der Ausbildungsverantwortung von der Einsatzverantwortung bildet den schwerwiegendsten Mangel im gegenwärtigen Ausbildungskonzept der Schweizer Armee.