Bundesrat Jans ist seit 200 Tagen im Amt. Er hat versprochen, die Probleme im Asylbereich ernst zu nehmen. Er hat angekündigt, die Zügel im Asylbereich anzuziehen.
Denn die Bevölkerung habe ein Recht, in Sicherheit zu leben. Dass ausgerechnet er als SP-Bundesrat so etwa sage, erstaune vielleicht, so Jans. Aber: «Es ist keine linke Politik, bei Problemen wegzuschauen.»[1]
Die Probleme im Asylbereich sind tatsächlich riesig: Wer sie nicht sieht, ist blind. Dabei müssen wir als Volksvertreter auch die Frage stellen: Ist die Asylpolitik (noch) im Interesse unserer Bevölkerung? Was nützt sie ihr? Wie schadet sie ihr?
Unser Asylminister hat viel angekündigt, viel behauptet und viel versprochen. Wir machen heute den Härtetest: Was hat er in den letzten 200 Tagen gemacht – und was nicht?
Es zeigt sich: Den grossen Worten folgen nur wenig Taten. Nach 200 Tagen im Amt gibt es für die Linken keinen Grund mehr, sich über ihn zu empören. Denn das, was Bundesrat Jans angekündigt hat, wird nicht in die Tat umgesetzt. Dazu nachfolgend ein paar Beispiele.
Bundesrat Jans kündigte an, einen Fokus auf Asylsuchende aus jenen Herkunftsländern zu legen, bei denen Asylgesuche praktisch aussichtslos sind – insbesondere aus Algerien, Tunesien und Marokko.
«Die Massnahmen zur Entlastung des Asylsystems, die wir angepackt haben, greifen, namentlich die 24-Stunden-Verfahren, die das SEM für aussichtslose Asylgesuche von Personen aus nordafrikanischen Staaten eingeführt hat.»[2]
Aus Algerien, Tunesien und Marokko stammte 2023 rund ein Viertel der über 24’000 Asylgesuche. Die Anerkennungsquote lag dabei unter 1%. Um die Asylmigranten aus Nordafrika abzuschrecken, weitete Bundesrat Jans die «24-Stunden-Verfahren» auf alle Bundesasylzentren aus.
Beurteilung:
Wie sich herausgestellt hat, dauern die «24-Stunden-Verfahren» weit länger, als der Bevölkerung versprochen wurde, jedenfalls mindestens einen Monat. Die angekündigten «24-Stunden-Verfahren» erweisen sich als politisches Ablenkungsmanöver, ja als reiner Marketing-Gag.
Seit Mai werden die 24-Stunden-Verfahren in allen Asylregionen durchgeführt. Dadurch seien die Asylgesuche aus Algerien, Tunesien und Marokko um 62% zurückgegangen. Das ist irreführend und falsch, denn der Zahlenvergleich betrifft die vorausgegangenen Wintermonate. Ein seriöser Vergleich müsste mit den Zahlen desselben Monats des Vorjahrs gemacht werden. Er zeigt auf, dass von einem Rückgang keine Rede mehr ist. Im Mai 2024 gab es mehr Gesuche aus den drei Maghreb-Staaten als im Mai 2023. Ihr Totalbestand im Asylprozess ist nur unwesentlich gesunken, bei den Tunesiern sogar angestiegen.
Da die Schweizer Grenzen weit offen sind, bleibt im Dunkeln, wie viele Nordafrikaner sich trotzdem hier aufhalten, aber einfach kein Asylgesuch stellen. Die hohen Deliktzahlen in der Kriminalstatistik – aufgeschlüsselt nach Ausländerkategorien – deuten darauf hin, dass sie trotzdem hier sind – einfach nicht mehr als Asylsuchende, sondern als Kriminaltouristen. Im Dunkeln bleibt auch, was mit den abgewiesenen Asylbewerbern passiert. Sie bleiben entweder illegal im Land, tauchen unter oder reisen unentdeckt weiter. Auch hier ist das Handeln der Behörden von völligem Kontrollverlust geprägt.
Bundesrat Jans kündigte an, dass Asylgesuche nur noch unter der Woche eingereicht werden können. Damit soll verhindert werden, dass Asylsuchende übers Wochenende in Bundesasylzentren untergebracht werden müssen und wieder abreisen, bevor am Montag ihre Fingerabdrücke erfasst und das Asylverfahren formal eröffnet werden kann. Bundesrat Jans stellte klar:
«Asylzentren sind keine Notunterkünfte. Die Tatsache, dass Migranten am Freitagabend an die Tür der Bundesasylzentren klopfen und am Montagmorgen früh verschwinden, bevor die Behörden beginnen, ihre Fingerabdrücke zu nehmen, wird nicht länger hingenommen werden.»
«Dem müssen wir einen Riegel schieben.»[3]
Angekündigt wurde zudem, dass Maghrebiner ihr Gesuch vorab schriftlich begründen müssen.
Beurteilung:
Im Zangengriff seiner eigenen Partei, seiner Beamten und von Hilfswerken ist Bundesrat Jans auch in dieser Frage zurückgekrebst. Der Zugang zu den Bundesasylzentren wurde trotz anderslautender Ankündigung an den Wochenenden nicht eingeschränkt. Offenbar war Bundesrat Jans bereits diese harmlose Verschärfung zu hart. Damit können Bundesasylzentren weiterhin als «Bed & Breakfast» übers Wochenende missbraucht werden. Entsprechende Fälle gibt es zuhauf, selbst eines mit einem Deliktsgut-Lager quasi bei mir um die Ecke in der Grenzstadt Kreuzlingen. Die Bevölkerung rund um die Bundesasylzentren spürt die Folgen direkt: ihr Schutz hat keine Priorität, ihre Sicherheit wird weiter leiden, die Asylkriminalität wird nicht eingedämmt.
Auch die angekündigten schriftlichen Begründungen für Asylmigranten aus dem sicheren Maghreb wurden vor der Einführung wieder fallengelassen. Dabei wäre gerade dies eine wichtige Abschreckungsmassnahme gegenüber Asylbewerbern aus Ländern mit extrem tiefer Anerkennungsquote. Das Asylrecht bliebe uneingeschränkt gewahrt: Wer wirklich verfolgt ist, erfüllt diese keineswegs unmenschliche Bedingung problemlos. Auch dieses Beispiel zeigt, dass der Wille, die Missbräuche endlich zu stoppen, fehlt.
Dass kriminelle Asylsuchende den Behörden auf der Nase herumtanzen, ist längst bekannt. Bundesrat Jans will das nicht länger hinnehmen:
«Es ist unsere Pflicht, die Bevölkerung zu schützen; wir nehmen diese Pflicht sehr ernst.»[4]
Deshalb will er ein Case Management aufbauen. Die Migrations- und Strafverfolgungsbehörden sollen enger zusammenarbeiten, um gezielt gegen Asylkriminelle vorzugehen.
Beurteilung:
Die Missstände sind offenkundig, die Asylkriminalität nimmt massiv zu. Letztes Jahr wurden in der Schweiz 522’558 Straftaten registriert (nur Kernstrafrecht). Das sind 14% mehr als im Vorjahr (458’549). 44% der Täter sind Schweizer, 56% Ausländer – und davon sind 31% Aufenthalter und 25% Asylmigranten, abgewiesene Asylbewerber, Illegale und Kriminaltouristen. Das hält Bundesrat Jans nicht davon ab, bei jeder Gelegenheit zu betonen, Kriminalität sei keine Frage der Nationalität. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache.
Durchgegriffen wird nicht: Spürbare Sanktionen erfolgen keine. Die Asylverfahren gehen weiter. Die Täter kommen rasch wieder frei. Oft begehen sie gleich die nächsten Delikte. Die Strafverfolgungsbehörden kommen nicht mehr nach. Die Verfahren dauern viel zu lange. Bedingte Strafen werden nicht als Strafen wahrgenommen. Auch kurze Freiheitsstrafen verfehlen ihre Wirkung. Selbst bei mehrfachen Wiederholungstätern werden die Strafrahmen nicht ausgeschöpft. Landesverweisungen und Wegweisungen werden nicht vollzogen. Wer hierbleiben will, bleibt hier.
Im Umgang mit kriminellen und renitenten Asylbewerbern verliert der Rechtsstaat zusehends die Kontrolle – und die Glaubwürdigkeit. Das unterminiert das Sicherheits- und Gerechtigkeitsgefühl der Bevölkerung.
Bundesrat Jans betonte im März im Nationalrat, die ganz grosse Mehrheit der Asylbewerber begehe keine Straftaten: «Die ganz grosse Mehrheit. Und für diese sind wir da.» Besser wäre es, wenn er für die eigene Bevölkerung da wäre. Ihr Schutz vor Asylkriminellen, ihr Anspruch auf Recht und Ordnung hätte oberste Priorität. Doch die Fürsorgepflicht gegenüber der eigenen Bevölkerung wird sträflich vernachlässigt.
Eine Verbesserung der Zusammenarbeit der Behörden ist durchaus sinnvoll. Das hätte aber schon längst getan werden müssen. Doch «Runde Tische» alleine lösen die gravierenden Probleme nicht, weil sie weder Beschlusskraft noch klare Ziele haben. Um wieder mehr Sicherheit zu schaffen, braucht es nicht noch mehr Analysen, Gewaltpräventionskonzepte und Konfliktpräventionsbetreuende. Das Problem liegt ganz woanders: Unsere Strafjustiz urteilt zu milde, schont die Täter und kompromittiert dadurch die Opfer, und der Vollzug ist inkonsequent. Hier muss sich der Rechtsstaat unmissverständlich durchsetzen.
Wenn die geltenden Gesetze konsequent angewandt würden, wäre schon viel gewonnen. Wo die bestehenden Gesetze nicht genügen, sind sie zu verschärfen. Asylkriminelle sind aus dem Asylverfahren auszuschliessen, zu inhaftieren und auszuschaffen. Ein straffer Gesetzesvollzug ist nicht unmenschlich. Unmenschlich ist es, importierte Kriminalität zu dulden und die Sicherheit der eigenen Bevölkerung zu gefährden.
Bundesrat Jans wehrte sich noch im Frühling vehement gegen die Einführung von Grenzkontrollen. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür seien nicht gegeben. Und Grenzkontrollen seien kein effektives Mittel zur Eindämmung der illegalen Migration. Auf die Frage, ob Grenzkontrollen nicht auch die Sicherheit der Bevölkerung erhöhen und Kriminaltourismus eindämmen würde, ging er nicht ein. Stattdessen hielt er an seiner Behauptung fest:
«Der entscheidende Punkt ist, dass wir, selbst wenn wir es [die Grenzen schützen] täten, keinen Nutzen daraus zögen.»[5]
Zwei Monate später wurde angekündigt, aufgrund der erhöhten Terrorbedrohung während der Fussball-EM und der Olympischen Sommerspiele würden verstärkte Grenzkontrollen eingeführt.
Beurteilung:
Letztes Jahr hat das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) 52’000 illegale Grenzübertritte erfasst. Wenn 52’000 Personen angehalten werden, gibt es faktisch Hunderttausende, die illegal in unser Land kommen. Vielleicht stellen sie ein Asylgesuch, vielleicht nicht. Vielleicht bleiben sie illegal hier, vielleicht arbeiten sie schwarz, vielleicht ziehen sie weiter. Wir wissen es nicht – wir haben die Kontrolle verloren.
Im Juni 2024 kontrollierten acht EU-Staaten ihre Grenzen. Zeitweilig waren es sogar zwölf Staaten. Offensichtlich wirken die Grenzkontrollen, wie der Rückgang der illegalen Migration in Deutschland und Österreich belegt. Und offensichtlich sind sie auch zulässig – Frankreich und Deutschland wurde jedenfalls noch nicht der Ausschluss aus Schengen-Dublin angedroht.
Doch unser Bundesrat ist der Meinung, Grenzkontrollen nützten nichts – und sie seien unzulässig. Zur Erhöhung der Sicherheit während der EM und der Olympiade wirken sie aber plötzlich. Grösser könnte der Widerspruch nicht sein. Besonders irritierend daran: Zahlen zu den Ergebnissen der Grenzkontrollen werden – anders als in Deutschland – nicht herausgegeben. Wohl kaum deshalb, weil Grenzkontrollen nichts nützen.
Die Wahrheit ist: Grenzkontrollen wirken. Die Grenzschliessung während der Corona-Pandemie hat das deutlich gezeigt. Grenzkontrollen erhöhen die Sicherheit und unterbinden die à-la-carte-Auswahl des Wunschasyllandes. Bei allen Nachbarländern der Schweiz handelt es sich um sichere Drittstaaten. Kein einziger Asylmigrant ist bedroht oder verfolgt, wenn er unsere Grenzen auf dem Landweg übertritt.
Wieso der Bundesrat die Sicherheit der Bevölkerung und die Eindämmung der illegalen Migrationsströme nicht höher gewichtet, ist unerklärlich. Wohl steckt vorauseilender Gehorsam gegenüber Brüssel dahinter.
Für das Jahr 2024 rechnete das SEM anfangs Jahr mit rund 30‘000 Asylgesuchen und 25‘000 Schutzstatus-Gesuchen. Bundesrat Jans hielt fest:
«Unsere Massnahmen werden zu einer Verringerung der Asylanträge führen, wodurch Betten für diejenigen frei werden, die wirklich unseren Schutz benötigen, und das Personal entlastet wird.»[6]
Im Auftrag von Bundesrat Jans soll nun eine neue Asylstrategie ausgearbeitet werden.
Beurteilung:
Die Asylzahlen steigen ungebremst an. Die monatlichen Statistiken zeigen, dass es bis Ende Jahr eher gegen 40‘000 Asylgesuche und 25‘000 Schutzstatus-Gesuche geben könnte. Das sind rund 65‘000 Personen, die zusätzlich in unser Land kommen.
Doch Bundesrat Jans unternimmt nichts. Die Reduktion der Gesuche wird in der Asylstrategie nicht einmal als Handlungsfeld erkannt: Kein Wort davon, dass zu viele kommen! Die Förderung der gesellschaftlichen Akzeptanz durch bessere Kommunikation ist wichtiger. Man begnügt sich weiterhin damit, die Probleme zu verwalten – oder genauer: Der Bundesrat gefällt sich in der Rolle, wortreich Gründe für sein Nicht-Handeln, statt konkrete Lösungen für die Probleme zu liefern.
Statt wie angekündigt die Asylregeln zu verschärfen, kämpft Bundesrat Jans für noch mehr Steuermillionen und noch mehr Betten. Dank gütiger Unterstützung von Mitte-Links konnte er seine Forderungen weitgehend durchsetzen. Der Druck, die Asylzahlen zu senken, ist für ihn damit geringer geworden.
Statt wie angekündigt die Asylregeln zu verschärfen, strebt Bundesrat Jans sogar Lockerungen an. Neu soll für vorläufig Aufgenommene die Wartefrist beim Familiennachzug von drei auf zwei Jahre verkürzt werden. Im Klartext: abgelehnte Asylmigranten, die die Schweiz verlassen sollten, dürfen ihre Familie noch schneller in die Schweiz nachziehen. Mit massiven Kostenfolgen für die Schweizer Steuerzahler.
Statt, wie angekündigt die Asylregeln zu verschärfen, verschenkt das SEM von Bundesrat Jans seit Juli 2023 allen Afghaninnen den Flüchtlingsstatus – gestützt auf eine neue, höchst fragwürdige und gesetzeswidrige Praxis. Als ob nicht schon genug Afghanen in der Schweiz wären: In den letzten drei Jahren zogen über 20’000 in die Schweiz. Vor der Praxisänderung betrug die Asylgewährungsquote von Afghaninnen 36%, seither 98%. Die Folgen: besserer Status, höhere Sozialleistungen und Familiennachzug afghanischer Ehemänner. Das hat sich rasch herumgesprochen: Seit der Praxisänderung wurden zusätzlich rund 4‘500 Asylgesuche von Afghaninnen eingereicht. Die Kostenfolgen und Sicherheitsprobleme trägt die Schweizer Bevölkerung.
Im Mai hat Bundesrat Jans ein Massnahmepaket zur Kostensenkung im Asylbereich angekündigt. Er versprach:
«Wer glaubt, dass linke Politik darin besteht, die Augen vor den Problemen zu verschliessen, irrt sich.»[7]
Von 100 Ukrainern, die erwerbsfähig sind, haben heute lediglich 24 eine Arbeitsstelle. Bereits ab Ende Jahr sollen es 40 von 100 sein, die einen Job haben. Infolgedessen rechnet der Bund mit Einsparungen von 650 Mio. Franken. Die übrigen Sparmassnahmen betragen (nur) 50 Millionen Franken. Dieser Betrag soll durch die schnellere Abarbeitung liegengebliebener Asylgesuche erzielt werden.
Beurteilung:
Die Einsparungen von 650 Millionen Franken bei den Ukrainern sind ein erster, aber später und mutloser Schritt in die richtige Richtung. Die versprochenen übrigen Einsparungen von 50 Millionen sind hingegen nahezu peinlich, wenn nicht gar lächerlich. Vor allem auch deshalb, weil das SEM mit verantwortungslosen Fehlentscheiden dafür gesorgt hat, dass die Ausgaben um Hunderte Millionen Steuerfranken steigen werden.
Die tiefe Beschäftigungsquote von Ukrainern von nur 24% liegt an den hohen Sozialleistungen. Es fehlen Anreize, um zu arbeiten. In Polen betrug die Quote bereits letztes Jahr über 70%. Auch in Tschechien ist sie viel höher als in der Schweiz. Das Ziel von 40% bis Ende 2024 und von 45% bis 2025 ist viel zu tief. Statt teuren Massnahmen braucht es auch mehr Druck: Wer nicht arbeitet, obwohl er könnte, muss Folgen spüren: Zuerst mit einer Reduktion der Sozialleistungen, dann mit dem Entzug des Schutzstatus.
Die «Sparbemühungen» des SEM nehmen teils absurde Züge an: So die «Praxisänderung Afghanistan», die massive Kostenfolgen hat, da anerkannte Flüchtlinge – anders als Personen im Asylverfahren und vorläufig Aufgenommene – gleich hohe Sozialleistungen erhalten wie Schweizer. Um diese Kosten auf die Kantone abzuwälzen, hat der Bundesrat die Asylverordnung geändert. Damit halst er die horrenden Folgekosten den Kantonen und Gemeinden auf.
Die Kosten für das Asylwesen sind in den vergangenen Jahren enorm angestiegen. Betrugen sie beim Bund vor zwei Jahren noch 1,5 Milliarden Franken, sind sie heute auf 3,5 Milliarden Franken angestiegen. Davon entfallen 1,3 Milliarden Franken auf Ukrainer. 2007 waren es noch rund 750 Millionen Franken. Zum Vergleich: Die Armee kostet 5.2 Milliarden und die Landwirtschaft 3.7 Milliarden. Die Prioritäten bei den Bundesfinanzen werden völlig falsch gesetzt.
Hinzu kommt: Niemand kennt die genauen gesamten Asylkosten in unserem Land! Während die Kosten des Bundes bekannt sind, fehlt eine transparente Übersicht über die direkten und indirekten Gesamtkosten auf allen Staatsebenen. Unbekannt sind die Kosten im Gesundheitswesen. Unbekannt sind die Kosten der Asylkriminalität (Polizei, Strafverfolgung, Strafvollzug, Schäden). Unbekannt sind auch weitere verwaltungsexterne Kosten, beispielsweise von sozialen Einrichtungen und in den Schulen. Da muss mehr Licht ins Dunkel kommen. Doch beim EJPD will das natürlich niemand – und departementsübergreifend sowieso nicht.
Welche Summen zusammenkommen, wenn Asylbewerber kriminell werden, lässt sich nur grob abschätzen. Kommt es nach einer Messerattacke mit Körperverletzung und Drohung zu einer Anklage, kostet dies die Allgemeinheit gut und gerne 87’000 Franken. Das geht aus einer für mich als ehemaligen Gerichtspräsidenten durchaus plausiblen Berechnung im Nebelspalter hervor.
Man kann die Rechnung für den gesamten Asylbereich machen: Im letzten Jahr wurden in der Kriminalstatistik 5’945 kriminelle «Personen aus dem Asylbereich» verzeichnet. Dazu kommen 16’161 kriminelle «übrige Ausländer» (abgewiesene Asylbewerber, Illegale und Kriminaltouristen). Wird (sehr vorsichtig) mit durchschnittlich 20’000 Franken pro Fall gerechnet, macht das bereits 118.9 Millionen Franken für die kriminellen «Personen aus dem Asylbereich» und 323.2 Millionen für die kriminellen «übrigen Ausländer». Total folglich 442 Millionen Franken pro Jahr – Tendenz zunehmend: 2019 waren es noch 318 Millionen Franken.
Angesichts dieser Aufwände ist es kein Wunder, dass überall händeringend mehr Polizisten, Staatsanwälte und Gerichtsschreiber gesucht werden: Um die importierte Kriminalität zu administrieren.
Der Bundesrat aktivierte den Schutzstatus S am 12. März 2022, um Personen aus der Ukraine rasch Schutz zu bieten. So hat es der Bundesrat noch Ende 2023 festgehalten:
«Der Schutzstatus S ist rückkehrorientiert, er zielt nicht auf einen dauerhaften Aufenthalt in der Schweiz ab. Er gewährt nur vorübergehenden Schutz für die Dauer einer schweren allgemeinen Gefährdung.»[8]
Im Februar forderten erste Hilfswerke, das «Rückkehrparadigma» beim Schutzstatus S zu überdenken. Keine zwei Monate später denkt Bundesrat Jans bereits über eine Lockerung des Schutzstatus S nach.
Beurteilung:
Das Asylgesetz ermächtigt den Bundesrat, Schutzbedürftigen während eines Krieges vorübergehenden Schutz zu gewähren. Das hat er im Fall der Ukraine gemacht. Der Schutzstatus S ist rückkehrorientiert. So steht es im Gesetz und so propagierte es auch der Bundesrat.
Nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs reagierte die Bevölkerung wohlwollend auf den Schutzstatus S, obwohl die Schweiz bereits von einer übermässigen Zuwanderung betroffen ist. Das Wohlwollen leitete sich vor allem daraus ab, dass der Schutzstatus als rückkehrorientiert deklariert wurde.
Die mutmasslich von Hilfswerken inspirierte Kehrtwende von Bundesrat Jans ist inakzeptabel. Zumal wenn man sich die unzähligen Missbräuche des Schutzstatus S vor Augen führt, vor denen das SEM die Augen verschliesst.
Fakt ist: Mit der umfassenden Einführung des Schutzstatus S für alle Personen aus der gesamten Ukraine (ohne Einschränkung auf betroffene Gebiete und ohne Einschränkung auf ukrainische Staatsbürger) hat der Bundesrat Tür und Tor geöffnet. Nachdem der Krieg nun länger als angenommen dauert, zeigen sich die Folgen dieses nicht zu Ende gedachten Entscheids.
Per Ende Juni 2024 hielten sich über 66’000 Personen mit Schutzstatus S in der Schweiz auf. Darunter waren in August 2022 4% Nicht-Ukrainer – heute dürften es ca. 2’650 Personen sein. Statt in ihre Heimat zurückzukehren, profitieren sie von Schweizer Sozialleistungen. Darunter befinden sich auch 12’000 wehrpflichtige Ukrainer, obwohl man unter «Schutzbedürftige» landauf landab etwas anderes versteht. Die Aufnahme von 12’000 Wehrpflichtigen, die der Ukraine fehlen, ist kein Akt von Solidarität.
Immer wieder wird über Ukrainer berichtet, die als Schutzbedürftige in der Schweiz leben, aber dennoch Reisen in die Ukraine unternehmen. Die Fernbusse in die Ukraine sind dem Vernehmen nach ständig ausgebucht. Oft ist auch von Fällen zu hören, in denen der Schutzstatus mit gefälschten Pässen erschlichen wird. In solchen Fällen könnte der Schutzstatus entzogen werden. Tatsächlich hat das SEM den Schutzstatus seit dessen Einführung in nur gerade 103 Fällen entzogen. Die niedrige Zahl ist geradezu lächerlich und zeigt, mit welcher Inkonsequenz, ja Beliebigkeit das Asylwesen verwaltet wird.
Bundesrat Beat Jans verspricht sich viel von der verschärften EU-Asylpolitik, wenn diese wie geplant umgesetzt werde:
«Gelingt es, den EU-Asylpakt umzusetzen, profitiert die Schweiz»[9]
Der neue Migrationspakt hat zwei zentrale Elemente: Lager an der EU-Aussengrenze und die solidarische Verteilung von «Flüchtlingen» bzw. Asylsuchenden.
Beurteilung:
Die Schweiz muss auch künftig selber entscheiden können, wer in der Schweiz ein Asylverfahren durchläuft und wer nicht. Wenn wir diese Kompetenz auch noch an Brüssel auslagern, wird unsere Selbstbestimmung weiter abnehmen. Das vermeintlich schärfere EU-Asylrecht bringt nicht die Lösung.
Mit der europäischen Solidarität ist es auch nicht weit her: Ein Verteilmechanismus klingt in der Theorie zwar gut, aber die Vorstellungen darüber driften rasch auseinander, wenn Eigeninteressen der einzelnen Länder oder politische Schwierigkeiten auftreten. Dann setzen sich die grossen EU-Länder gegenüber den kleineren Ländern, darunter auch die Schweiz, durch.
Mit offenen Grenzen wird sich das Problem in Europa nicht lösen lassen. Wieso soll Schengen/Dublin plötzlich funktionieren, wenn es bereits in der Vergangenheit nicht funktionierte? Schengen ist kein Sicherheitsraum mehr, Schengen ist ein Unsicherheitsraum. Und Dublin funktioniert in vielen Fällen nicht mehr, weil Länder wie Italien oder Griechenland ihren Pflichten nicht nachkommen. Deshalb braucht es Grenzkontrollen.
Statt auf Brüssel zu warten und zu hoffen, muss die Schweiz das Heft wieder selber in die Hand nehmen: Wir müssen unser eigenes Asylrecht verschärfen und die Grenzen kontrollieren. Andere europäische Länder machen es vor. Darauf zu hoffen, dass es die neuen EU-Vorschriften schon richten und die Schweiz davon «profitiert», ist naiv.
Ich fasse zusammen:
Ich danke Ihnen.
[1] Tages Anzeiger, 2025, Jans präsentiert Asyl-Pläne: «Es ist keine linke Politik, bei Problemen wegzuschauen», 20.02.2024, online.
[2] Nationalrat, Sommersession 2024, Debatte zur Motion Egger Mike, «Asylnotstand. Einführung einer Obergrenze für Asylgesuche», 6.6.24.
[3] Blick, 2024, Les mesures annoncées par Beat Jans passées à la loupe, 21.2.2024, online.
[4] Zitat in: Nationalrat, Frühjahrsession 2024, Ausserordentliche Session «Schutz der Schweizer Landesgrenzen», 14.3.24.
[5] Nationalrat, Frühjahrsession 2024, Ausserordentliche Session «Schutz der Schweizer Landesgrenzen», 14.3.24.
[6] Le Temps, 2024, Asile: depuis Chiasso, Beat Jans veut rassurer la Suisse, 20.02.2024, online.
[7] Blick, 2024, Les mesures annoncées par Beat Jans passées à la loupe, 21.02.2024, online.
[8] Bundesrat, Medienmitteilung vom 29.09.2023, Bundesrat nimmt Konzept für eine zukünftige Aufhebung des Schutzstatus S zur Kenntnis, online.
[9] SRF, 2024, Bundesrat Jans zum EU-Asylpakt: Die Schweiz würde profitieren, 30.4.24, online.