Als der Bundesrat am 25. November 2005 seine Absicht bekannt gab, die Bundesmehrheit an der Swisscom zu veräussern, waren wir keineswegs erstaunt. Auch die SVP beschäftigte sich damals mit den Spekula
Als der Bundesrat am 25. November 2005 seine Absicht bekannt gab, die Bundesmehrheit an der Swisscom zu veräussern, waren wir keineswegs erstaunt. Auch die SVP beschäftigte sich damals mit den Spekulationen über Grossakquisitionen der Swisscom im Ausland, waren doch die 4 Milliarden Franken eingefahrenen Verluste aus diversen Übernahmeabenteuern in den vorhergehenden Jahren und das 100 Millionen Franken Engagement der Swisscom an der Swiss noch in frischer Erinnerung. Auch wir kamen zum Schluss, dass die Eignerinteressen des Bundes und die Expansionspläne des Managements zu stark auseinanderklaffen. Der Bund ist als Mehrheitsaktionär nicht nur finanziellen und technologischen, sondern auch politischen Risiken und Interessenskonflikten als Eigner, Regulator und Kunde ausgesetzt.
Die ersten sieben Jahre der Liberalisierung des Schweizer Telekommunikationsmarktes haben zu einer deutlichen Belebung des Wettbewerbes geführt und zumindest Orange und Sunrise, und bald auch Cabelcom, haben beachtliche Marktanteile erobert. In der Folge sanken die Preise für viele Telekommunikationsdienste beträchtlich, aber sie liegen teilweise immer noch signifikant über den Tarifen im Ausland. Sie werden deshalb weiter fallen und damit werden die derzeit noch hohen Gewinnmargen der Swisscom längerfristig kaum aufrechtzuerhalten sein. Damit sind aber auch den bis anhin hohen Ausschüttungen und Kapitalrückzahlungen an die Aktionäre enge Grenzen gesetzt, denn auch in Zukunft wird der Technologiewandel die Swisscom zu hohen Sachinvestitionen zwingen. Nachdem die überschüssigen freien Reserven weitgehend abgeführt wurden, ist die finanzielle Lage der Swisscom zwar immer noch komfortabel, aber sie ist nicht mehr derart brilliant, dass die Swisscom schon alleine wegen der liquiden Mittel und des Verschuldungspotentials als Übernahmeziel attraktiv wäre.
Unsere Delegierten gaben der SVP-Parteileitung am 4. Februar 2006 den Auftrag, bis Ende Februar ein Strategiepapier über die Eignerstrategie des Bundes in Bezug auf die Swisscom zu erstellen und Vorschläge für die Verwendung des Verkaufserlöses zu erarbeiten. Trotz der kurzen Zeit im Vorfeld der Frühjahrssession haben wir (Ständerat Hannes German und die Nationalräte Hermann Weyeneth, Jean-François Rime, Otto Laubacher sowie Hans Kaufmann) eine Arbeitsgruppe gebildet und wunschgemäss einen ersten Entwurf erarbeitet.
Wir haben mit unserer Stellungnahme dennoch bis heute zugewartet, weil in den letzten Wochen weitere politische Entscheide, Vorschläge und Geschäftsberichte präsentiert wurden:
Die Telekommunikationsindustrie befindet sich ein einem rasanten technologischen und wirtschaftlichen Wandel, wobei sich die Trends im Ausland meistens in immer kürzeren Abständen auch in der Schweiz wiederholen. Bei unserer Analyse haben wir deshalb auch zahlreiche ausländische Quellen verwendet, vor allem die Geschäftsberichte der weltgrössten Telekommunikationskonzerne, Gutachten von Consulting-Unternehmen (z.B. Deloitte, Technology Futures Inc.) und amtliche Dokumente (z.B. 10. Implementierungsbericht der EU, US Federal Communications Commission). Zusammengefasst haben wir unsere Schlussfolgerungen im vorliegenden rund 50-seitigen Strategie-Papier „Abgabe der Bundesmehrheit an der Swisscom“.
Eines wurde uns sehr bald klar: Es besteht Handlungsbedarf. Die Swisscom im heutigen Spannungsfeld der Interessenskonflikte zu belassen, wird ihre unternehmerische Freiheit stark einschränken. Der damit einhergehende Krebsgang würde auch die Publikumsaktionäre, darunter viele Vorsorgeeinrichtungen, schädigen. Wir haben deshalb nicht nur die Privatisierung, sondern sogar eine erneute Verstaatlichung der Swisscom geprüft. Für uns kommt ein solcher Schritt nicht in Frage, denn er wäre nicht nur für den Bund eine teuere Angelegenheit (Aktienrückkäufe für acht bis zehn Milliarden Franken), sondern er würde sich auch nachteilig auf die Konsumenten auswirken.
Was die Platzierungsvarianten anbetrifft, so haben wir zahlreiche Alternativen zur Idee einer Volksaktie mit Rabatt geprüft, die wir als Schutz vor Übernahmen als untauglich erachten. Da es sich bei der Swisscom-Bundesbeteiligung mit einem Börsenwert von rund 16,5 Milliarden Franken um die grösste je gesehene Platzierung auf dem Schweizer Markt handelt – wir sprechen von einem Dreijahresvolumen – wird man wohl um einen Mix mehrerer Platzierungsvarianten und ein internationales Bankenkonsortium nicht herumkommen. Preisabschläge kommen höchstens für Grossabnehmer in Frage, die bereit sind, Verkaufssperrfristen einzugehen.
Flankierende Massnahmen erachten wir als unnötig, zumal solche in Form von Stimmrechtsbeschränkung und ungünstigen Verträgen (z.B. Rückverkaufsrecht Vodafone) bereits bestehen. Eine Aufteilung der Swisscom in mehrere Teilgesellschaften haben wir verworfen, denn die Trennung der einzelnen Geschäftssparten wird angesichts der sich zusehend verschmelzenden Technologien immer schwieriger und mit der Schaffung einer nationalen Netzgesellschaft ständen wir erneut vor dem Problem staatlicher Eingriffe in Bezug auf die Festlegung des fairen Übertragungspreises.
Selbstverständlich haben wir auch die Auswirkungen einer Privatisierung auf die unterschiedlichsten Interessensgruppen geprüft. Gemeint sind einerseits der Bund selbst und die Publikumsaktionäre, andererseits die Swisscom als Unternehmen, die Konkurrenten und Konsumenten, aber auch die Arbeitnehmer, der Verwaltungsrat und das Management.